Es ging ganz schnell: ein Stolpern, noch ein Schritt, umknicken und schon war der Fuß gebrochen. Dank ärztlicher Kunst und vielen weiteren Hilfen in den sechs Monaten des Heilungsprozesses war trotz aller Verzweiflung diese Zeit hilfreich, hat sie mir doch einen neuen Blick auf’s Leben beschert. Angesichts meiner Lage habe ich gelernt für jede Hilfe dankbar zu sein und Schritt für Schritt, oft auch wortwörtlich an der Hand von anderen, den Weg der Genesung zu gehen. – So schreibt Vera und ich möchte ihr nicht widersprechen. Aber mir fällt dazu die Bibelstelle bei Lukas (Kapitel 9, Vers 6) ein: „Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, ist nicht für das Reich Gottes.“ – Das hört sich sehr radikal an, aber es bewegt mich, vielleicht gerade wegen der Radikalität. Beim Pflügen kommt es darauf an eine gerade Linie hinzubekommen, damit das ganze Feld genutzt werden kann. Beim Pflügen muss man mit allen Sinnen bei den geraden Linien sein und seine Kräfte nur darauf konzentrieren. Sinnbildlich lässt sich das auch auf andere Aufgaben des Lebens übertragen. Wenn es im Leben schwierig wird, ist es wichtig, die „gerade Linie“ zu halten. Nicht das Zurückschauen auf das vergangene Leben bringt die Lösung, aber auch nicht allein der Blick in die Ferne. Einen Schritt nach dem anderen in die richtige Richtung gilt es zu tun. Auf das richtige Maß von Nähe und Distanz kommt es an.
Schritt für Schritt den Weg gehen. Manchmal, wenn ich an die Stelle im „Vaterunser“ komme, bei der es heißt „unser tägliches Brot gib uns heute“, dann werde ich wach. Dieses „heute“ hat es in sich. Es ist der eine Moment zwischen Vergangenheit und Zukunft; das, was ich mitbringe und das, was vor mir liegt. Welches „Brot“ brauche ich für meinen Weg in die Zukunft? Habe ich die notwendige Nahrung im Rucksack meines bisherigen Lebens? Kann ich für meine Zukunft von meinen Erfahrungen aus der Vergangenheit zehren? Auf welche Reserven greifen Menschen zurück, die von heute auf morgen alles verloren haben? Was ist Mut, was ist Gott-Vertrauen? Bei Papst XXIII, ich nenne ihn den Gütigen, finde ich helfende Wort in seiner Sammlung der 10 Gedanken „nur für Heute“, seinem Dekalog der Gelassenheit: „Nur für heute werde ich mich bemühen, den Tag zu erleben, ohne das Problem meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.“