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Bad Königer Stadtnachrichten und Badeblatt
Ausgabe 34/2022
Kirchliche Nachrichten
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Kurseelsorge

„Es sind die Brunnen, die die Wüste so schön machen….“

Liebe Leserinnen und Leser,

… diesen Satz lässt Antoine de Saint Exupéry den kleinen Prinzen dem nach ihm benannten Buch sagen. Die Erkenntnis kommt aus der Erfahrung, die der kleine Prinz macht, indem er mit beeindruckender Offenheit und Freundlichkeit mit der ganzen Schöpfung umgeht. Menschen, Tiere und Pflanzen sind für den kleinen Prinzen Partner, denen er mit kindlichem Interesse und großer Höflichkeit begegnet. Aus dieser Haltung heraus ist dieser Satz zu verstehen.

Wir verbinden mit dem Wort „Wüste“ normalerweise einen eher unangenehmen Ort. Dort ist es unwirtlich, trocken, unwegsam, gefährlich. Manchmal verwenden wir dieses Wort auch um eine chaotische Situation zu beschreiben. Die wenigsten von uns haben wohl tatsächlich schon in der Wüste gelebt, selbst wenn uns die Hitze der letzten Tage schon ein gewisses Gefühl dafür vermittelt hat.

Lassen Sie mich über die Wüste zu sprechen kommen, wie sie uns in der Bibel vorgestellt wird. Sie hat dort immer Symbolcharakter, sie steht für das nicht-Land, für Tod, Verzweiflung, Einsamkeit, aber auch für Entscheidung, Schicksal und Berufung, für den Ort der Versuchungen und für die Bewährung. In den biblischen Geschichten von der Wüste geht es um Leben und Tod, um das Gefühl der Abwesenheit Gottes wie von seiner grenzenlosen unbedingten Anwesenheit. Die Wüste ist immer wesentlich. Wer in ihr leben will konzentriert sich auf das Wesentliche und muss sich des Risikos bewusst sein, dass sie übermächtig ist. In der Wüste erlebt man das Zusammentreffen der Extreme, Hitze am Tag und Kälte in der Nacht, Hunger und Durst, Orientierungslosigkeit und Ohnmacht, Zerstörung und Tod. Immer wieder wird auch in der Bibel der lebensbedrohliche Charakter der Wüste herausgestellt.

In der Beschreibung des Auszugs aus Ägypten kommt der Wüste noch eine andere Bedeutung zu. Durch die Wüste führt nämlich der Weg aus der Knechtschaft in das Land der Verheißung – ein langer Weg von 40 Jahren. Dieser Weg ist eine Zeitreise der Entscheidung und der Hoffnung. Geschildert werden verschiedene Begegnungen mit Gott (JHWH), in denen er sich als zuverlässiger Begleiter zeigt. Er gibt die Zehn Gebote, schenkt Wasser und Nahrung. Er bietet sich an und für die, die sich für ihn entscheiden, wird er zum Partner und geht mit „durch Dick und Dünn“. „Wüste“ wird zu einer personalen Entscheidungssituation für oder gegen Gott. In den Büchern der Propheten wird die Wüste selbst zum Ort der Heilsperspektive; sie verwandelt sich in fruchtbares und blühendes Land.

Natürlich gibt es in der Wüste Oasen und dort gibt es Brunnen. Sie sind Orte der Kommunikation und voller Leben. So ist das Zitat am Anfang mit Blick auf die Wirklichkeit von Wüste zu verstehen.

Jan. Mäurer, kath. Kirche, Bad König