Freundschaft ist ein starkes Wort. In den sogenannten „Sozialen Medien“ gelten die als besonders beliebt und wichtig, die dort ganz viele „Freundschaften“ vorweisen. Ist das das Maß der Dinge? Braucht es für richtige Freundschaft nicht doch unbedingt den konkreten Menschen gegenüber, den man hören, sehen, riechen und in den Arm nehmen kann? Ich persönlich bin nicht so vertraut mit der medialen Welt, deswegen bin ich vorsichtig, solche virtuellen Kontakte als „Freundschaft“ zu beschreiben. Ich erfahre sie lieber von Angesicht zu Angesicht, auch wenn dann vielleicht nur 10 bis 20 wirkliche Freundschaften zusammenkommen.
Freundschaften wollen gepflegt und erlebt werden. Mindestens ein Lebenszeichen sollte da über’s Jahr schon sein. Allerdings habe ich in diesem Jahr auch die Erfahrung gemacht, dass sich jemand nach 60 Jahren wieder bei mir gemeldet hat. Wir haben uns aber jetzt mal wieder besucht und die eingeschlafene Freundschaft ist sofort wieder aufgewacht. Es gibt wohl ganz tief in der Seele Bereiche, in denen Erinnerungen bewahrt werden. Was für den einen vor Jahrzehnten besonders wertvoll und prägend war, mag dem anderen gar nicht so wichtig gewesen sein.
Noch ein anderer Blick auf das, was Freundschaft sein kann. Im Museum Louvre in Paris wird die „Ikone der Freundschaft“ gezeigt, die durch die geistliche Gemeinschaft von Taizé international große Verbreitung gefunden hat. Die Ikone stammt ursprünglich aus einem koptischen Kloster in Ägypten. Auf diesem Bild sehen wir Christus, der neben Menas, dem Abt des Klosters, steht. Beide schauen den Betrachter an. Christus hat die Bibel auf die Brust gedrückt und hat seine Hand auf Menas‘ Schulter gelegt, der den Segen weitergibt. Zwischen den beiden Männern ist keine Distanz, keine Fremdheit, obwohl sie sich nicht anschauen. Diese Freundschaft macht sie fähig in der Welt zu wirken.
Das erinnert mich an eine Stelle im Johannes Evangelium (Kap. 15, Vers 14). Da heißt es: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.“ – Freundschaft macht dazu fähig, sich füreinander einzusetzen. Sie ist eine Kraft, die Hilfe leistet, wo es nötig ist. Sie ist immer bemüht den Frieden zu suchen oder zu stärken. Ein Freundschaftsdienst kann es auch sein, in ausweglosen Augenblicken einfach nur da zu sein und die Lage miteinander auszuhalten.