Türen zur Seele
In diesen Novembertagen spüren wir besonders deutlich welche symbolische Bedeutung manche Alltagserfahrungen haben. Schon morgens früh, wenn die ersten Sonnenstrahlen durch den Nebel des noch grauen Morgens stoßen, bekommt das Leben wieder Farbe. Wir Menschen reagieren auf Farben; farbige Bilder begleiten uns durch’s Leben. Das gilt für jedes Individuum, es gilt aber auch für die Menschheitsgeschichte insgesamt.
Die Malereien an den Wänden der steinzeitlichen Höhlen faszinieren uns auch heute noch. Obwohl die Menschen damals wohl täglich um ihr nacktes Überleben kämpfen mussten, gab es doch einige Künstlerinnen oder Künstler, die von ihrer Gemeinschaft einen gewissen Freiraum bekamen, um Elemente des Alltags, v.a. das damals überlebenswichtige Jagen, symbolisch abzubilden. Damit haben sie etwas geschaffen, das wir heute als unser kulturelles Welterbe betrachten. Bei der Besichtigung solcher Höhlen, z.B. in Lascaux in Frankreich, spüren die besondere Aussagekraft dieser Bilder heute vielleicht deswegen ganz besonders, weil wir in unserem normalen Leben von Bildern und Medien überflutet werden. Vielleicht ahnen wir, dass in den Höhlenmalereien Stimmungen der Seele verborgen sind, die auch über die vergangenen Jahrtausende wirken.
Von diesen uralten Bildern bis zur sogenannten „Moderne“ ist scheinbar nur ein kurzer Weg. Da geht es weniger um eine möglichst naturgetreue oder fotorealistische Abbildung der Realität, sondern um die Sprache der Formen, Farben und Zeichen und deren Deutung. Auch dabei geht es um das Spüren und Erspüren, es wird etwas tief in der Seele angesprochen und gerät in Schwingung. Kunst verbindet über alle Grenzen, heißt es. Mit Kunst, egal ob mit Bildern oder durch Musik werden Wege eröffnet, die zu Freude und Gelassenheit führen, die auch zur Versöhnung und zum Frieden beitragen. Das Betrachten eines Bildes und das Lauschen von Musik kann heilsam sein. Natürlich können Bilder und Klänge auch krank machen, oft kommt es auf die Dosierung an. Auch dafür sollten wir sensibel sein.
Mir kommt der 123. Psalm in den Sinn: „Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Er behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.“ Wie aufmerksam und sensibel müssen wir mit allem sein, was wir durch Augen und Ohren aufnehmen, damit wir unseren Seelen keinen Schaden zufügen und um das Staunen nicht zu verlernen. Nutzen wir die kommenden Wochen auf Weihnachten hin, um auf die Türen zur Seele zu achten.