Neulich in einer Großstadt. Ich bummelte durch die Straßen, als ich hochschreckte. „Andreas“, so hörte ich jemanden rufen; „Andreas“, erschallte es erneut. Suchend schaute ich mich um, konnte jedoch keinen mir bekannten Rufer erblicken. Außer mir folgten noch einige andere dem Ruf und hielten Ausschau nach dem Rufenden. Und plötzlich konnte ich sehen, wie eine Person freudestrahlend auf den Rufenden zulief. Augenscheinlich war es ein junges Paar, dass sich aus den Augen verloren hatte und sie nach ihm rief. Und bei der nicht gerade kleinen Anzahl an Menschen, die auf den Ruf reagierten, hatte sie eine gute Auswahl. Aber sie wollte nur den einen. Den, der ihr abhandenkam und sonst keinen. Mit ihrem lauten Rufen konnte sie sich bemerkbar machen. Aber was wäre, wenn der Ruf nicht gehört, der Ruf zu leise, der Lärm zu laut oder das Gehör nicht aufnahmebereit ist. Wenn der Ruf sozusagen „untergeht“. Und wenn auf der Seite des Hörenden kein Sinn für den Ruf mehr da ist? Wenn der Ruf an ihm vorbeigeht? Um heute „zeitgemäß“ jemanden zu erreichen, muss der Ruf schon sehr ausgefallen sein. Klingeltöne, zum Beispiel, sind individuell einstellbar: „Mama ruft an“ erschallt es aus dem Handy, und das flippige junge Gör‘ mutiert zu Mamas Liebling. Ich frage mich, was Gott für einen Klingelton benutzt. Das Halleluja aus Händels Messias? Oder „Danke, für diesen guten Morgen“? Und welchen Klingelton braucht es, damit unsereins auf seinen Ruf reagiert? In der biblischen Geschichte von Samuel erklingt Gottes Anruf nicht im brausenden Sturm und mit großer Gewalt. Gott ruft in der Stille und er lässt sich im Stillen anrufen. Ein Anruf bei Gott im Stillen, das nennen wir Christen Gebet. Und das geht am besten im Stillen, wenn ich ganz bei mir bin, wenn Gott ganz bei mir ist und wir dann, auf Augenhöhe, im vertrauten Du miteinander schweigen und hören. – Und dann kann es passieren, dass ich plötzlich meinen Namen höre.