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Fränkisch-Crumbacher Nachrichten
Ausgabe 44/2022
Informationen für die Senioren
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Informationen für die Senioren

Zu seiner letzten Veranstaltung in der 1. Amtszeit hatte der Seniorenbeirat Fränkisch-Crumbach am 28.09.2022 erneut zu einem Ortsrundgang eingeladen. Treffpunkt war diesmal die „Villa Heil“. Das Wetter spielte trotz schlechter Prognose mit und so fanden sich über 30 Interessenten ein. Leider waren die Initiatorin dieser Veranstaltungsreihe, Inge Weidmann, durch Krankheit, sowie der Vorsitzende Edmund Bachmann aufgrund eine geplanten Reise verhindert.

Irmgard Steiner, die Eigentümerin des imposanten Gebäudes, hatte sich bereit erklärt, uns einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der „Villa Heil“ zu geben.

Die „Villa Heil“ oder „Villa Wiesenau“, wie wohl zunächst von dem Erbauer genannt, wurde von Albrecht Heil (1869-1940), dem Großvater der heutigen Eigentümerin, in den Jahren 1912-1914 erbaut. Der Bezug des Hauses erfolgte am Vorabend des Beginns des 1. Weltkriegs. Nach den Vorgaben von Albrecht Heil wurde sein Traumhaus von dem Darmstädter Architekten Gewin verwirklicht. In dem Bau wurden Elemente des Jugendstils und des Klassizismus verwendet. An der Bauausführung waren sowohl örtliche Handwerker als auch welche aus Darmstadt und Frankfurt beteiligt. Ältere Bürger aus Crumbach erinnern sich bestimmt noch an Firmennamen wie „Zimmerei Heinrich Wasenmüller“, „Tapezierer Peter Born“, „Schlosser Philipp Born“, „Spengler Philipp Treusch“, „Holzhändler Christian Katzenmeier“. Das imposante Bauwerk mit seiner weitläufigen Gartenanlage stand damals ganz alleine in der oberen Rodensteiner Straße, inmitten der Natur.

Albrecht Heil wurde 1869 als Sohn des Heinrich Heil (1833-1899) und dessen zweiter Ehefrau Sophie geb. Grünewald aus Babenhausen, geboren. Seine beiden Brüder starben schon in jungen Jahren. Er selbst lernte mit 14 Jahren Uhrmacher in Groß-Umstadt. Schon als Jugendlicher interessierte es sich besonders für die Elektrizität und er experimentierte in den folgenden Jahren mit der Fortentwicklung vorhandener Entdeckungen aus diesem Bereich. Die Vielfältigkeit seiner Tätigkeiten und Experimente auf diesem Gebiet würde den Rahmen eines Kurzberichtes sprengen. Erwähnt sei, dass er Ende der 1880 er Jahre in Heidelberg studiert hat und schon im Jahr 1893 als Trocken-Elemente-Fabrikant bezeichnet wurde. Er hatte eine Trocken-Batterie erfunden und darauf die Patentrechte erworben. Weitere Erfindungen eines Gerätes zur Stromerzeugung, des „Dynaphors oder Heils Thermosäule“, führten zu seinem beruflichen Aufstieg und er war Mitbegründer und Angehöriger des Vorstands einer Aktiengesellschaft in Ludwigshafen. Die guten Einnahmen und die jährlichen Erlöse aus seinen Patentrechten investierte er schließlich in sein Traumhaus in Fränkisch-Crumbach, in dem er bis zu seinem Tod am 8. März 1940 lebte. Einen Namen gemacht hat sich Albrecht Heil auch als Heimatforscher und Schmetterlingssammler. Er interessierte sich besonders für die Burg Rodenstein und brachte im Jahre 1927 das Buch „Burg Rodenstein im Odenwald“ (Burgverlag Berlin Grunewald) heraus.

Großvater von Albrecht Heil und Stammvater der Familie Heil in Fränkisch-Crumbach war Carl Justus Heil (1797-1860) Er wurde in Jugenheim an der Bergstraße geboren. In der Zeit von 1829 und 1860 war er Mädchenschullehrer in Fränkisch-Crumbach. 1821 heiratete er Ann Margaretha Groh (1797-1874) aus Fränkisch-Crumbach und erbaute 1831 das stattliche Fachwerkhaus in der Rodensteiner Straße, hinter dem seine Söhne Georg und Wilhelm später die Möbelfabrik Heil gründeten. Die erste öffentliche Stromversorgung in Fränkisch-Crumbach wurde durch die Dampfmaschine dieses Unternehmens betrieben. Sein Sohn Heinrich, der den Kaufmannsberuf erlernte, erbaute 1859 das Haus schräg gegenüber in der Rodensteiner Straße und gründete dort ein Lebensmittelgeschäft und brannte Spirituosen.

Beeindruckt von den Erzählungen von Frau Steiner ging der Rundgang weiter. Vorbei an dem 1925 erbauten Haus der Familie Jost, ging es zum Christiansweg. Der Name dieser Straße stammt von dem Erbauer mehrerer Häuser in dieser Straße, von Christian Katzenmeier, dem Holzhändler aus Fränkisch-Crumbach, der von Gadernheim stammte und 1879 sein Geschäft in Fränkisch-Crumbach gründete. Für seine Arbeiter erbaute er um 1906 dort kleine Fachwerkhäuser. Wohl die ersten schlüsselfertigen Häuser in Fränkisch-Crumbach.

Ermüdet von den vielen Eindrücken ging unser Rundgang beim Obstgroßhandel Hörr, den Crumbachern als „Apfel-Bangert“ geläufig, bei dem Obst- und Erdbeeranbauern bis in die 60er Jahre ihre Ernte ablieferten und dem gegenüberliegenden ehemaligen Bauernhof und Lebensmittelgeschäft Greim zu Ende.

Mit einem großen Beifall bedankten sich die Teilnehmer des Ortsrundgangs bei Frau Irmgard Steiner, die diesen Nachmittag gestaltet hatte.

Wer sich ausführlich über die Geschichte der Familie Heil informieren will, dem wird das Odenwälder Jahrbuch für Kultur und Geschichte „gelurt“ empfohlen. In den Jahrgängen 1999, 2001 und 2002 sind dort informative Beiträge von Hans Ulrich Colmar veröffentlicht.

Wolfgang Kasten, Seniorenbeirat