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Reichelsheim aktuell - Amtsblatt der Gemeinde Reichelsheim(Odenwald)
Ausgabe 31/2023
Aus unserer Gemeinde
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Theaterabend in Laudenau im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Altes Dorf-ganz schön jung“

Mit dem Stück: „Es git nix Schenneres wie ebbes Schäines“

Es war im Frühjahr des letzten Jahres, als bei einer Veranstaltung des Laudenauer Dorfvereines „Himmelblau“ zur Gestaltung eines Jubiläumsfestes die Idee geboren wurde, aus diesem Anlass wieder eine Theatergruppe ins Leben zu rufen. Man wollte, so der Gedanke, den Besuchern die Ortsgeschichte Laudenaus auf der Bühne näherbringen. Spontan fanden sich viele engagierte Akteure für die Umsetzung dieses Vorhabens. Auch der Aufführungsort war schnell gefunden: Kostyra´s Kuhstall.

Die Geschichte und die Anekdoten eines Dorfes in einem Theaterstück zusammenzuführen, und das in einer offenen und modernen Form darzubieten, ist Dank der Kreativität der Theatergruppe, und der Gesamtleitung des in Laudenau ansässigen Schauspielers am Mannheimer Nationaltheater, Eddi Irle, in trefflicher Weise gelungen. Der Anfang war ein weißes Blatt Papier. Mit jeder Figur, jedem Dialog, jedem Witz, jeder Idee entstand ein Theaterstück, das wohl als einzigartig bezeichnet werden kann. An zwei aufeinander folgenden Abenden wurde das Werk aufgeführt.

Unter der musikalischen Begleitung von Gerhart Pfeifer, besser bekannt als der „Singende Landwirt“, brachten die Darsteller die Charaktere der Laudenauer Figuren aus Mystik, Geschichte und Gegenwart in ihrer persönlichen Art und Weise in unterhaltsam und humorvoll zur Geltung.

Die trefflich durch die Bühnenmalerei von Jeanne Kloepfer aus Winterkasten in Szene gesetzte Bühne, stellte den fiktiven Gastraum der Gaststätte „Zur Laudenauer Freiheit“ dar.

Die launisch-freundlichen Wirtsleute (Leonie und Sebastian Fehr), begrüßten zur Wiedereröffnung der Traditionsgaststätte, Philipp-Gerlach Gröll, Pfarrer zu Groß-Bieberau (Berthold Kostyra), Georg Christoph Pogner, Pfarrer zu Reichelsheim (Harald Weimar) und Johann Daniel Moter, Pfarrer zu Neunkirchen (Wolfgang Bersch). Die drei Pfaffen trafen sich, der Überlieferung nach anno 1763 an einem Grenzstein, an dem alle drei Kirchspiele aneinandergrenzten.

Die Räuber Stefan Heusner (Tanja Katzer), Johann Adam Heusner (Christa Kostyra) und Johann Adam Grassmann (Tina Röder), sowie die Wilden Weibchen (Janine Ortmann als Instagram–Influencerin) und Nadine Kostyra (die Esoterikerin), der (Schürzen)-Jäger (Sebastian Ortmann) und Siegfried von Xanten (Paddy Drzastwa) sowie die vorgenannten Mitwirkenden, glänzten mit pointierten Dialogen, Gesangs- und Tanzeinlagen und eindrucksvoller Mimik in ihren Rollen. Sie alle wurden auf mysteriöse Art und Weise aufgefordert, zu einem bevorstehenden großen Ereignis in die Gaststätte zu kommen.

Wer einen klassischen „Tür auf-Tür zu“ Dreiakter erwartet hatte, wurde auf eine sehr positive Art und Weise überrascht. Das Publikum zeigte sich von Beginn an begeistert. Das Stück thematisierte in einer humorvollen Abhandlung neben dörflichen Anekdoten aus der Vergangenheit, einer tragischen Liebesgeschichte mit positivem Ausgang, ebenso zeitkritische Themen wie Hungersnöte, den Krieg, die Beschreibung der unterschiedlichen Vorzüge zwischen Stadt- und Landleben, die überstandene Pandemie, die Klimakrise, den unvermeidlichen Heimgang aller, die Uneinigkeit untereinander und den Egoismus und das Macht- und Geltungsstreben der Menschen.

Der „Rodensteiner“ bedrohlich gespielt von Sandra Bersch, beschwor das Ende von Laudenau, ja die Welt am Abgrund, sollten die Menschen nicht endlich zur Vernunft kommen. Das Publikum wurde als Schöffen in die Entscheidung einbezogen, eine zweite Chance auf Verbesserung nicht zu verspielen. Laudenau, so das Urteil des Auditoriums, hat es sich verdient, aufgrund der Schönheit des Dorfes, des Zusammenhaltes der Bewohner und der Einsicht alles zum positiven wenden zu wollen, weiter existieren zu dürfen.

Herzzerreißend der Auftritt des kleinen Mattis Katzer. Mit seinem amüsanten Gedicht brachte er das Wichtigste auf den Punkt, auch wenn alles ist verdreht, verkehrt-, am Samstag wird die Gass gekehrt.

Die sehr gelungene Darbietung spiegelte in amüsanter Weise das Leben einer dörflichen Gesellschaft. Trotz allem Missgunst und Neid, bei manch lautem Ton und untertönigen Spitzfindigkeiten, bei manch kleiner und großer Tragödie und weltpolitischem Zwiespalt kann das Resümee des Stückes nur sein: Seid euch einig, überwindet die Widrigkeiten und seid einander friedlich gesonnen.

Das Leben ist lebenswert und es git nix Schenneres, wie ebbes Schäines.

Die hervorragende, kurzweilige Inszenierung, die damit verbundenen, vielen Probestunden, das Engagement auf und hinter der Bühne, sowie die Leistung der Darsteller wurde von einem begeisterten Publikum durch Szenen- und langanhaltenden Schlussapplaus entsprechend honoriert. Im Anschluss an die Aufführung gab es noch reichlich Gelegenheit sich über das Gesehene auszutauschen und den Abend ganz im Sinne des Stückes bei Musik und Tanz ausklingen zu lassen.

Weiter Akteure, die zum Gelingen der Veranstaltung maßgeblich beigetragen haben: Katrin Bersch (Souffleuse) Harald Weimar (Kulisse), Ulrike Kirch (Maske und Kostüme), Bruno Briggmann (Beleuchtung), Romy Böhm (Dekoration) und viele Helfer bei Aufbau und Bewirtung.

Für den Verein „Himmelblau“ Dorfgemeinschaft Laudenau e.V.

Willi Fehr, Öffentlichkeitsarbeit/Schriftführung