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Amts- und Mitteilungsblatt der Stadt Harburg
Ausgabe 48/2024
Bildungswerk Harburg
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Bildungswerk Harburg

Der langjährige Vorsitzende des Turngau Oberdonau Dieter Thiel war sehr erfreut so viele Bekannte beim Vortrag begrüßen zu dürfen. Allen voran den BLSV Vorsitzenden Peter Picart, den Ehrenvorsitzenden Hannes Hingst sowie den 1. Vorsitzenden Jürgen Deg des TSV Harburg, Vertreter des TSV Nördlingen und Oettingen, Kreisheimatpfleger Herbert Dettweiler sowie viele Sportler und Interessierte aus nah und fern.

Nach der Eröffnung sprach Wilhelm Imrich, zweiter Vorsitzender des Vereins Rieser Kulturtage ein Grußwort und freute sich auf den Vortrag von Dieter Thiel, der eine Kooperation von Bildungswerk und Rieser Kulturtage war.

Geschichtlich kommt man am „Turnvater“ F. J. Jahn nicht vorbei. Erfunden hat er das Turnen nicht, aber die Theorien des Philosophen Fichte übernommen, jungen Erwachsenen zu allseits gebildeten und dem Vaterland verbundenen Bürgern zu erziehen. Frauen waren in Jahns Konzept nicht vorgesehen. Nachdem 1811 in Berlin ein Turnplatz errichtet wurde erhielt dieser immer mehr Zulauf. 1814 entstanden bereits die ersten Turnvereine. Später als staatsgefährdete Gruppen eingestuft, kam es zu einem Turnverbot und den sogenannten „Turner-Aufständen“. Turbulent ging es weiter. Interessanterweise sind Teile des Jahn´schen Turnmodells und sein Gedankengut noch in vielen Satzungen und Statuten der heutigen Vereine erhalten. Seine Übungen an Barren, Reck und Pferd entwickelten sich zum heutigen Geräteturnen. Als Anerkennung erhielt Jahn eine Büste neben großen Persönlichkeiten in der Ruhmeshalle der „Walhalla“.

Ein großer Förderer des Turnens in Bayern war König Ludwig I. 1826 erließ er eine Verordnung für „gymnastische Übungen in Gymnasien“ und förderte somit, wie auch sein Nachfolger Maximilian II die Turnbewegung in Bayern. Durch seinen Kron-Oberhofmeister und Staatsrat Fürst Ludwig II von Oettingen-Wallerstein lies er den ehemaligen Schüler Jahns, Ferdinand Maßmann nach München holen. In der königlichen Residenz wurde ein Turnsaal eingerichtet und im Hofgarten in Nymphenburg ein Turnplatz für den privaten Unterricht der Prinzen. Auf dem Oberwiesenfeld entstand für die Allgemeinheit ein Turnplatz und 1837 ein Turnhaus. Turnhistoriker sind überzeugt, dass sich Fürst Ludwig II von Oettingen-Wallerstein bayernweit unbestreitbare Verdienste für das Turnen erworben hat.

Das Turnen kommt ins Ries - Nördlingen

Schon 1855 zeigte eine „Steigerrotte“ der Feuerwehr im Garten des „Deutschen Hauses“ ein „Schauturnen“. Nach der Teilnahme der Nördlinger auf dem 1. Deutschen Turn- und Jugendfest 1860 in Coburg kam es zum Aufruf zur Gründung eines Turnvereins. Das offizielle Gründungsdatum für den TV Nördlingen war dann der 8. August 1861.

Im selben Jahr wurde der Bayerische Turnerbund in Nürnberg gegründet. Die Teilnahme am 3. Deutschen Turnfest 1863 in Leipzig war ein herausragendes Ereignis für die Nördlinger, die sich inzwischen Turnerfeuerwehr nannte. Ein mutiger Schritt des Vereins war 1908 die Gründung einer Damenriege, die schon 1927 in Neuburg und 1931 in Memmingen an den Frauenturnfesten teilgenommen haben.

Ab 1860 wurde über England kommend ein neues Punktesystem eingeführt und erstmals ein „Zwölfkampf“ angeboten. Vor allem verbreitete sich Fußball von England aus rasend schnell und viele junge Männer wandten sich der neuen Sportart zu. 1909 wurde der 1. FC Nördlingen gegründet. 1913 die noch heute bestehende Turnhalle errichtet. 1932 wurde das Schwäbisch-Bayerische Bezirksturnfest durchgeführt. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Turnvereine in die Staatsordnung eingegliedert, um 1948 endgültig mit allen Sporttreibenden im TSV Nördlingen zusammenzufinden. Mit Geschick und Weitblick in der Vereinsführung wurde großartiges geleistet mit erfolgreichen Sportlern und nationalen und internationalen Veranstaltungen. Zu erwähnen ist Gerd Müller, bekannt als der „Bomber der Nation“ sowie die Basketballerinnen.

In Oettingen verlief der Start ähnlich wie in Nördlingen, allerdings pflegte Oettingen früher enge Beziehungen nach Ansbach.

Nach einem Aufruf des Magistrats 1860 an junge Männer, sich einem Rettungsvereins anzuschließen, wurde im selben Jahr noch ein Turnplatz zur Verfügung gestellt und 31 Gulden zum Kauf weiterer Turnrequisiten bereitgestellt. Im selben Jahr bekam das „Turner-Corps der Feuerwehr“ vom Bürgermeister ein Turnlokal zur Verfügung gestellt. Zwischen Feuerwehrleuten und Turninteressierten krieselte es bald und so wurde am 14.08.1861 der Turnverein Oettingen gegründet. Teilnahme an Turnfesten, Turn- und Tanzveranstaltungen und Vorführungen einer Damenriege stärkte das Zusammengehörigkeitsgefühl. Auch in Oettingen kam es zwischen Turn- und Fußballbegeisterten zu Auseinandersetzungen. Nach den Änderungen in der Nationalsozialisten Zeit kam es 1955 zur Gründung des Turn- und Sportverein Oettingen 1883. Nach sorgfältiger Prüfung legte man sich auf den Vereinsnamen „TSV Oettingen 1861 e. V.“ fest.

Die Gründung des TSV Harburg geht auf das Jahr 1863 zurück. 1864 stifteten Frauen und Mädchen aus Harburg eine Fahne. Noch im Mai 1864 wurde aus dem TV zunächst eine Turnerfeuerwehr, wie im Protokoll zu lesen: „Dass das wenige Herumklappern auf dem Barren einen Sinn nicht haben kann.“ 1907 dann gründeten 12 junge Männer den TV Harburg. Schon 1914 gab es ein besonderes Ereignis mit der Ausrichtung des Gauturnfestes und der Weihe der neuen Vereinsfahne. Wegen des 1. Weltkrieges ruhte der Turnbetrieb bis 1919. Der Turnbetrieb fand bis in den Herbst im Freien statt, unterhalb des damaligen Schießhauses und im Winter in verschieden Wirtshaussälen. bis 1926 ein Stadel erworben und in eine Turnhalle umgewandelt wurde. Das Turnen erlebte einen Aufschwung. Regelmäßig wurde an Turnfesten teilgenommen.

Aus dem TV Harburg hervorgegangen ist auch Karl Christ, der 1936 an den olympischen Spielen in München teilgenommen hat und bei internationalen Wettkämpfen in der Deutschlandriege turnte. Er brachte es fertig, dass die komplette deutsche Mannschaft ein Schauturnen in Harburg veranstaltete. Als „Gage“ erhielt seinerzeit jeder Turner einen Feldhasen.

1932 wurde auch hier eine Abteilung der Turnerinnen gegründet. 1933 erging es auch dem Harburger Verein wie allen, er wurde zusammengefasst zum: „Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen“. Zu erwähnen noch das Kreissportfest 1937 und eine kleine Leistungsschau 1941. Die Frauen setzten den Turnbetrieb währen des ganzen Krieges fort. Am 30. August führte der NS-Reichsbund auf dem Bock das erste Bergsportfest in Schwaben durch. Das wegen seiner Zusammenstellung einmalige und urige Sportfest wird noch heute im September durchgeführt.

1946 wurde der Turnbetrieb wieder aufgenommen und 1947 erfolgte die Gründung der Abteilung Fußball. Aus dem TV Harburg wurde der Turn- und Sportverein. Auf dem Turnplatz wurde 1947 mit Hilfe von Gefangenen der JVA Kaisheim ein Fußballplatz erstellt, der jedoch bald dem Schulhaus weichen musste. Der TSV Harburg mit seinen etwa 1500 Mitgliedern erwarb über seine Verantwortlichen einen guten Ruf als Ausrichter bayerischer Meisterschaften. Hervorragende Sportler über die Grenzen hinaus sind zu erwähnen, wie z. B. die Stabhochspringerin Carolin Hingst, den Turnern der Bundesliga des KTV-Ries, dem zur Spitze gehörenden Speerwerfer und Bobfahrer Markus Kosok. Besonders erfolgreich sind derzeit die Harburger Triathleten und die Mädchen und Damen der TSV Turnabteilung, die sich die vordersten Ränge „erturnt“ haben.

Ein großartiger Verein, danke seiner Vorstandschaft, den vielen engagierten Trainern und Übungsleitern, mit dem großen Wunsch, dass dies so bleiben möge.

Ein herzliches Dankeschön an den Referenten Dieter Thiel für seinen gelungenen, gute recherchierten Vortrag und den überaus spannenden Fotografien und Bildern der hiesige Sportgeschichte.

Zu erwähnen sei auch noch die von ihm zusammengetragene und sehenswerte Ausstellung während des Harburger Stadtfestes im Juni dieses Jahres mit vielen interessierten Besuchern.

Doris Thürheimer