Am 30. November, dem Andreastag, wird in Lautertal nicht unbedingt an den Apostel Andreas erinnert, sondern vielmehr an das Vermächtnis von Andreas Ehrhardt, der von 1719 bis 1790 in Oberlauter lebte. Nachdem er seine Kinder durch Seuchen verloren hatte, hinterließ er der Gemeinde 50 fränkische Gulden – beziehungsweise 62 Schilling, 30 Kronen süddeutscher Währung – mit der Maßgabe, zum Andenken an ihn, an seinem Namenstag jedes Kind mit einem Weck zu bedenken. Für die Vorsteher des Ortes hinterließ er 100 fränkische Gulden. „Die Ortsvorsteher gedenken diesem Tag in einer Mahlzeit“, heißt es in dem Vermächtnis weiter.
Das Guthaben ist zwar längst aufgebraucht, aber im November 1970 beschloss der damalige Gemeinderat einstimmig, diesen Brauch wieder aufleben zu lassen. Aus dem damaligen Beschluss hat sich eine Tradition entwickelt, die sich bis heute hält. Lautertaler Kinder, die nach dem 1. Oktober 2009 geboren wurden, konnten sich auch in diesem Jahr über ihren Kümmelstollen freuen – ein speziell für diesen Anlass gebackenes Weißbrot mit Kümmel. 722 Mädchen und Jungen standen in diesem Jahr auf der Liste. Alexander Escher, der für die Umsetzung des Projektes verantwortlich ist, geht davon aus, dass wieder eine Quote von über 75 Prozent erreicht werde, dass sich also gut drei Viertel der Berechtigten ihren Kümmelstollen abholen. Auffallend war, dass viele Mädchen und Jungen mit eigenen Taschen kamen und somit auf das Einpackpapier verzichteten. So leisteten sie einen kleinen Beitrag für die Schonung der Umwelt.
Etwas Wehmut herrschte bei denen, die aus Altersgründen ihren letzten Kümmelstollen in Empfang nehmen durften. Wer nicht selbst kommen konnte, beauftragte Oma, Opa, Geschwister oder Freunde damit, die Gabe abzuholen. Auch für Bürgermeister Karl Kolb ist es erfreulich, dass die Tradition bei den Kindern auf eine solche hohe Resonanz stößt. Am Abend des Andreastages trafen sich nach altem Brauch die Gemeinderäte – zum Gedenken an den menschenfreundlichen Bürger.