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Wildpoldsrieder Duranand
Ausgabe 626/2025
Heimatdorf
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Leuchter von Wagegg

Der edle Geweihlüster mit dem aus Lindenholz geschnitzten Doppelbildnis in der Wildpoldsrieder Pfarrkirche St. Georg. Links das Gesicht von Kaiser Maximilian I. mit dem Adler im Schild und rechts das jugendliche Antlitz von Maximilians Enkel, dem späteren Kaiser Karl V. Darunter ein viergeteiltes Schild mit Wappen von Österreich und Burgund (links) sowie Kastilien und Sizilien.

Pfarrkirche St. Georg und Mauritius in Wildpoldsried. Im Hauptschiff über dem Eingang Nord ist der 500 Jahre alte edle Geweihlüster zu finden. Schöpfer ist vermutlich der berühmte Künstler Jörg Lederer.

Ein Kunstwerk ohne Gegenbeispiel

Der edle Geweihlüster in der Pfarrkirche Wildpoldsried

Wir schreiben das Jahr 1500. Ritter Hans Kaspar von Laubenberg zu Wagegg bringt es zu großem Ansehen im Dienste von Kaiser Maximilian I. Zum kaiserlichen Rat bestellt, hat Ritter Hans Kaspar das Amt des obersten Feldzeugmeisters und des obersten Feldhauptmannes von Tirol inne. Zum Ende seiner Dienstzeit schenkt der Kaiser seinem treuen Diener, dem Ritter von Laubenberg zu Wagegg, ein Kunstwerk seltener Art, einen edlen Geweihlüster.

Dieser Geweihlüster, der sich heute in der Pfarrkirche St. Georg in Wildpoldsried befindet, besteht aus zwei mächtigen Geweihstangen eines 12 Ender-Hirsches, verbunden mit einer Doppelbüste. Dieses aus Lindenholz geschnitzte Doppelbildnis zeigt das Gesicht von Kaiser Maximilian, darunter einen Adler mit Herzschild und zwischen den beiden Geweihgabeln das jugendliche Antlitz von Maximilians Enkel, den späteren Kaiser Karl V. Darunter ist ein viergeteiltes Wappenschild zu sehen, links oben das Wappen von Österreich, darunter Burgund, rechts oben von Kastilien und Leon, unten von Sizilien und Jerusalem. Die beiden Köpfe verbindet ein gemeinsames Barett (Kopfbedeckung).

Ein Kunstwerk ohne Gegenbeispiel

Der edle Geweihlüster dürfte zwischen 1516 und 1519 entstanden sein. Durch Vergleiche mit bekannten Werken wird als Schöpfer Jörg Lederer genannt. Fachleute sprechen hier von einem Kunstwerk ohne Gegenbeispiel.

Wie der Leuchter in die Pfarrkirche Wildpoldsried gelangte, bleibt ungeklärt. Früher nahm man an, dass er aus der Burg Wolkenberg bei Wildpoldsried stammt. Mit größter Wahrscheinlichkeit kommt er jedoch aus der Burg Wagegg bei Börwang, zumal ja dessen damaliger Burgherr Hans Kaspar von Laubenberg zu Wagegg von Kaiser Maximilian mit diesem edlen Geweihlüster beschenkt wurde.

Die Sage mit der frommen Königin Hildegard

Natürlich umrankt ein solches schon in früheren Zeiten von der Bevölkerung als wertvoll empfundenes Werk auch eine Sage. In dem Buch „Allgäu - Sagen, Gebräuche und Sprichwörter“ von Karl August Reiser steht folgendes zum Geweihlüster geschrieben:

„In dem großen Kemptener Wald, der ehedem bis nahe Wildpoldsried reichte, soll die fromme Königin Hildegard einmal spazieren gegangen sein. Von einem Hirschen angefallen und ihres Lebens bedroht, habe sie ein Gelöbnis getan und sei dann durch glückliche Himmelsfügung von einem in der Nähe weilenden Jäger, der den Hirschen niederstieß, gerettet worden. Das mächtige Geweih habe sie dann zu einem Lüster fassen und mit ihrem und des Kaisers Bildnis versehen lassen“.

Dass es sich hier tatsächlich nur um eine oft gern erzählte Sage handeln kann, ist auch dadurch zu belegen, dass die besagte Königin Hildegard, Gattin des späteren Kaisers Karl des Großen, im 8. Jahrhundert lebte und im Jahr 783 starb.

Anton Klotz
Altbürgermeister Haldenwang