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Wildpoldsrieder Duranand
Ausgabe 634/2025
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Ende meiner Amtszeit als Bürgermeisterin durch Gemeinderatsbeschluss?

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

turbulente Wochen liegen hinter uns. Viele von Ihnen werden es aus der Zeitung oder in Gesprächen im Dorf erfahren haben: Mit dem Antrag der Freien Wähler Gruppierung Wildpoldsried auf Änderung des Bürgermeisteramtes in ein Ehrenamt haben wir ein bedauerlich undemokratisches und diskriminierendes Politikmanöver erlebt, welches unserem Dorf großen Schaden zufügt.

Die Satzungsänderung dient dem Gemeinderat dazu, ihren bevorzugten Kandidaten, Gemeinderat Günter Mögele, die Wahl voraussichtlich ohne Gegenkandidaten zu ermöglichen. 12 Personen treffen damit eine Wahlvorentscheidung. Aus meiner Sicht ein tiefer Eingriff in das Wahlrecht der Bürgerinnen und Bürger, die bei der Kommunalwahl am 08. März 2026 selbst entscheiden sollten.

Meiner tiefen Überzeugung nach lebt unser Dorf durch das Miteinander. Gemeinsam stehen wir für unsere Gemeinde ein. Besonders bei so großen, richtungsweisenden Entscheidungen ist der Einbezug der Bevölkerung daher für mich ein Selbstverständnis.

Hiermit möchte ich über den Sachverhalt des Satzungsänderungsantrags informieren, die Folgen für unser Dorf aufzeigen und die nächsten Schritte skizzieren.

Wildpoldsried – Eine wahre Modellgemeinde

Ich habe die Ehre, unser außergewöhnliches Dorf seit 2020 als Erste Bürgermeisterin maßgeblich mitzugestalten. Durch mutige Beschlüsse und Weichenstellungen der letzten Jahrzehnte konnten wir uns weltweit einen Namen machen. Herauszuheben ist hierbei besonders die Vorreiterrolle als Energiedorf, unsere Dorfgemeinschaft, das aktive Vereins- und Kulturleben und die vielen Angebote im sozialen Bereich.

Seit ich das Amt ausübe, haben wir tatkräftig Großprojekte umgesetzt. Hierzu zählen erfolgreiche Projekte wie der Ellenberger Durchlass und das Dorfgemeinschaftshaus, die Erweiterung des Nahwärmenetzes und die Sicherung der Trinkwasserversorgung. Darüber hinaus wurden richtungsweisende Zukunftskonzepte für neuen Wohnraum im Ortskern und der Ausbau der Windkraft beschlossen.

Dies alles ist das Ergebnis toller Teamleistung. Dank der zielgerichteten Zusammenarbeit von Gemeindeverwaltung, Bauhof, Gemeinderat, Vereinen und unzähliger engagierter Bürgerinnen und Bürger sowie mir als Bürgermeisterin schaffen wir, was kaum eine andere Gemeinde in unserer Größenordnung erreicht.

Vom Energie- zum Heimatdorf

Die Weiterentwicklung unseres Energiedorfes war und ist mir ein wichtiges Anliegen und fester Bestandteil meiner Arbeit. Die Ergänzung um den Aspekt Heimatdorf unter dem Motto „Wildpoldsried, ein Leben lang lebenswert“ ist meine große Leidenschaft, die ich mit viel Herzblut und Engagement verfolge. Dazu gehören eine gute Betreuung in Kindergarten und Schule, die Bläserklasse, Angebote für Familien und Senioren, ein vielfältiges Kulturangebot, die Förderung der Vereinsarbeit und passender Wohnraum für alle.

Gerade im Hinblick auf die laufenden Projekte ist es mir ein großes Anliegen, zukunftsorientiert zu wirtschaften. Und das gelingt uns. Wir stehen mit unserer Gemeinde finanziell solide da. Messbar ist dies mit der Umlagekraft pro Einwohner. Hier belegt Wildpoldsried Rang 5 von 28 aller Kommunen im Oberallgäu.

Überraschender Antrag im Gemeinderat

Am 06. Oktober wurde von der Freien Wähler Gruppierung Wildpoldsried kurzfristig ein Antrag auf Satzungsänderung hin zum ehrenamtlichen Bürgermeister gestellt.

Rechtlich ist seit 2024 festgelegt, dass bei einer Gemeindegröße von mehr als 2.500 Einwohnern das Bürgermeisteramt hauptberuflich auszuführen ist und nur durch gesonderten Gemeinderatsbeschluss geändert werden kann.

Von zentraler Bedeutung ist, dass diese Entscheidung personenunabhängig getroffen werden muss. Der Gemeinderat wägt bei dieser Entscheidung vor allem den Aufgabenumfang, die Größe und Entwicklung der Gemeinde und den Verwaltungsaufwand ab. Ziel ist es, die Form des Bürgermeisteramts zu wählen, die eine effiziente und zukunftsfähige Führung der Gemeinde am besten gewährleistet.

Eine personenbezogene Wahl – auf einen Kandidaten zugeschnitten

Zu meinem großen Bedauern war die Entscheidung des Gemeinderats jedoch zu keinem Zeitpunkt personenunabhängig, wie auch die Gemeinderäte während und nach der Gemeinderatssitzung offen kommunizierten. Zurückzuführen ist es vor allem darauf, dass Günter Mögele bereits einige Zeit vor der Sitzung mit vielen Gemeinderäten Gespräche zu seinem Plan geführt hat und später alle Gemeinderäte und mich, kurz vor der Gemeinderatssitzung am 15. Oktober, über seine Pläne der Kandidatur im Ehrenamt informierte.

Der Antrag war für mich sehr irritierend, aufgrund zweier entscheidender Faktoren. Zum einen aufgrund des parteipolitischen Kalküls, mit dem der Antrag vorbereitet und eingereicht wurde. Geheime Ansprache der Gemeinderäte, möglichst kurzfristiges Einreichen, um die Vorbereitung zu erschweren und die bewusste Herauszögerung den Kandidaten zu benennen. Ein Vorgehen, das wir von der großen politischen Bühne kennen, in der Vergangenheit aber – zum Wohle unsere Dorfes - kein Mittel in unserer Gemeinde war. Zum anderen, weil die Bürgerinnen und Bürger bewusst nicht informiert und einbezogen wurden.

Zu Beginn der Sitzung stellte ich den Antrag auf Verschiebung der Entscheidung, damit die Bürgerinnen und Bürger informiert und weiter Gespräche hätten geführt werden können. Dem kam der Gemeinderat zu meiner Enttäuschung nicht nach.

Eine Entscheidung mit bitterem Beigeschmack

Es stellt sich natürlich die Frage, weshalb der Gemeinderat den Wechsel zum Ehrenamt möchte. Und die Ausgangslage könnte kaum paradoxer sein. Sowohl Günter Mögele als Kandidat, als auch Guido Eberle als Antragssteller beteuerten, dass das Bürgermeisteramt in Wildpoldsried die volle Energie des Amtsinhabers fordere und diese nur in Vollzeit zu bewältigen sei.

Der ausschlaggebende Grund ist der monetäre Vorteil für Günter Mögele. Er möchte weiterhin seine volle staatliche Pension beziehen und zusätzlich die Ehrenamts-Aufwandsentschädigung (zwischen 3.587€ und 5.381€) beziehen. Der Verdienst als hauptberuflicher Bürgermeister ist ihm offenbar nicht genug.

Die bittere Wahrheit: Entscheidet sich der Gemeinderat im November final für den Wechsel des Bürgermeisters ins Ehrenamt, ist die Entscheidung – und ich muss es so klar formulieren – undemokratisch und diskriminierend.

Undemokratisch aus dem Aspekt, dass die Gemeinderäte eine Vorauswahl treffen, die die Wahl ins extremste beeinflusst. Sie nutzen ein Schlupfloch, um ihren bevorzugten Kandidaten ins Amt zu heben.

Diskriminierend aus dem Grund, weil nur die allerwenigsten die Möglichkeit haben, einen Vollzeitjob ehrenamtlich auszuüben. Die Ehrenamtsbezüge, die im ersten Moment üppig scheinen, werden deutlich unattraktiver, wenn man Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung abzieht. Das verhindert die Kandidatur für sehr viele Menschen. (Junge) Bürgerinnen und Bürger, die noch kein großes Vermögen ansparen konnten, Familienväter- und mütter, die für ihre Familie sorgen müssen und natürlich viele Frauen, die über Jahre die Erziehung der Kinder übernommen haben – so, wie ich. Ich werde damit faktisch aus dem Amt gedrängt, weil ich es mir nicht leisten kann, einen Vollzeitjob im Ehrenamt ohne Sozialversicherung und Altersvorsorge auszuüben.

Sachliche Gründe werden verschwiegen

Statt mir sachliche Kritik im Vorfeld der Entscheidung mitzuteilen, erfahre ich vage Vorwürfe erst aus der Presse. Ebenso sind die 12 Gemeinderäte, die für die Satzungsänderung gestimmt haben, nicht bereit, ihre Gründe öffentlich – und damit für die Bevölkerung nachvollziehbar – offenzulegen.

Es gibt noch eine Chance

Mit großem Bedauern muss ich sagen, dass ich nur eine sehr geringe Chance sehe, dass die Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder ihre Meinung und damit den Grundsatzbeschluss ändert. Mit dieser hier abgedruckten Darstellung möchte ich dem Recht auf Information der Bürgerschaft nachkommen. Ich kann nur jede Bürgerin und jeden Bürger, die/der mit der Wahlvorentscheidung unzufrieden ist, ermutigen, die Gemeinderatsmitglieder anzusprechen. Dabei bitte ich aber ausdrücklich um einen respektvollen Umgang.

Sollten sich die Gemeinderatsmitglieder in der Gemeinderatssitzung am 19. November umentscheiden und am Hauptamt festhalten, dann stelle ich mich am 08. März 2026 zur Wahl und lasse Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, die Wahl, ob ich mich auch weiterhin mit Energie und Herzblut für unser Dorf einsetzen kann.

Bleibt es bei der Entscheidung des Gemeinderats, endet meine Amtszeit am 30. April 2026.

Ihre

Erste Bürgermeisterin