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Kembachkurier - Amtsblatt der Gemeinde Schwanfeld
Ausgabe 1/2024
Nichtamtlicher Teil
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„Aufgemerkt“ und „Nix für ungut“ – der etwas andere Neujahrsgruß

Der Vorstand des Trägervereins St. Elisabeth und das Team der Kindertagesstätte Schwanfeld wünscht ein gutes, erfolgreiches und vor allen Dingen gesundes neues Jahr 2024.

Gleichzeitig „Aufgemerkt“ und „Nix für ungut“

„Die Kindertageseinrichtungen haben Probleme aufgrund des Fachkräftemangels“ So weit, so richtig und trotzdem: Weit gefehlt und ein gewaltiger Irrtum!

Nicht die Kindertageseinrichtungen haben Probleme, sondern die Familien. Und auch wenn dies einmal mehr in der Coronazeit ignoriert wurde, die Gesellschaft insgesamt hat ein Problem:

Wenn die Kindertageseinrichtungen nicht mehr „funktionieren“, wenn sie - wie es immer in der Vergangenheit geschehen ist - „nicht (mehr) alles richten können“ …………….. wer kann dann eigentlich noch arbeiten?

Nicht nur die Millionen berufstätiger Eltern sind abhängig davon, dass es in diesem Land gute Orte für Kinder gibt - wir alle sind abhängig davon.

Und wir steuern auf eine echte Krise vergleichbar mit der Energiekrise zu. Auch wenn Zuschreibungen nicht weiterführen - man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass alle Appelle an die Politik verhallen werden. Geschehen in der Vergangenheit, z. B. im Jahr 2007, als darauf hingewiesen wurde, dass es für all die gut gedachten Rechtsansprüche einfach auf Dauer zu wenig Personal geben wird (Schlagwort: Demographische Entwicklung). Und die Prognosen geben Anlass zur Sorge: Mindestens 100.000 Fachkräfte sollen angeblich bereits jetzt fehlen, bis 2030 sollen es dann doppelt so viele sein.

Meine Wahrnehmung, die zugegebenermaßen empirisch nicht mit Fakten belegt ist: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kindertageseinrichtungen sind in der hoffnungslosen Überlastung. Es besteht die deutliche Gefahr des „Hinschmeißens“. Ein guter Nährboden für zweifelhafte Protagonisten, die suggerieren, dass sie sich des Problems annehmen, aber denen es streng genommen nur um die Eigendarstellung geht.

Es ist im Prinzip schon alles kommuniziert und die Reaktion ist einmal mehr „lautes Schweigen“. Gut, die strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber Kindern und deren Familien war bereits in der Vergangenheit ein Merkmal dieser Gesellschaft und „der Politik“. Wie bezeichnete der Bundeskanzler Schröder das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Jahre 1998: „Familie und das ganze Gedöns“. Als Mutter und Verfechterin einer guten Kinderbetreuung für mich eine schreckliche und ingorante Aussage.

Es liegt aber sicherlich nicht nur an der mangelnden Empathie für die jüngste und schwächste Nichtwählergruppe - dies sind die Kinder - sondern die Krise macht ein Dilemma sichtbar:

Immer mehr Eltern müssen ihre Kinder immer früher in eine Kindertageseinrichtung geben. Damit drückt sich ohne Zweifel das Verständnis der aktuellen Familienpolitik aus. Wenn dem so ist, dann müsste dies auch möglich sein bzw. ermöglicht werden.

Dumm nur, dass es bereits jetzt nur mit größter Anstrengung gelingt, all diese Kinder angemessen zu erziehen, zu bilden und zu betreuen. Es gibt schlicht und ergreifend einfach nicht genügend Personal. Wir müssen Gruppen frührer schließen oder können sie gar nicht erst öffnen. Alle Bemühungen, mehr Plätze zu schaffen, ignorieren dieses Grundproblem, mehr noch - sie verschärfen es.

Und nun?

Tatsache ist, dass die großen Versprechen der Familienpolitik (siehe auch der Rechtsanspruch auf die Betreuung in der Grundschulzeit ab 2026) qualitativ nicht einzuhalten sind und dass Träger, pädagogisches Personal, Kinder und Familien im Moment damit alleine gelassen werden.

Und das kommt einem Verschließen der Augen vor den Tatsachen gleich.

Deshalb müssen wir endlich eine ernsthaften und schonungslose Analyse und ein lautes Nachdenkens ohne Tabus und Interessensvertretungen ewrmöglichen.

1.

Kindertageseinrichtungen sind die ersten Bildungsorte, auch wenn diese Tatsache kein mediales Echo findet.

2.

Sie sind aber auch quasi die Motoren für die Wirtschaft, da sie inzwischen Erwerbstätigkeit überhaupt erst ermöglichen. Eine Investition in diesen Bereich ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland.

3.

Die Konsequenz daraus: Es muss dringend kontinuierlich, nachhaltig und massiv in den Bereich der Kindertageseinrichtungen investiert werden und zwar ohne „wenn und aber“. Es klingt wie ein Treppenwitz, wenn man sich z. B. bewusst macht, dass trotz kleiner Veränderungen eigentlich noch immer das Raumprogramm aus den achtziger Jahren des letzten Jahrtausends gültig ist.

4.

Das wird in den vor uns liegenden Jahren nichts an der angespannten Lage ändern, aber es wäre ein deutliches Zeichen im Sinne von „wir packen es (endlich) an“.

5.

Also seien wir ehrlich: Wenn die Kindertageseinrichtungen der Garant für die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit sind, dann muss die Last, die die Kindertageseinrichtungen im Moment alleine tragen, gesellschaftlich anders verteilt werden. U. a. müssen Arbeitgeber flexibler werden oder Männer endlich auf breiter Front ran.

6.

Denn: Vielleicht ist in Zukunft einfach nicht mehr als ein zeitlich festgelegter Sechs-Stunden-Zeitkorridor möglich? Die Schulen praktizieren dies gesellschaftlich akzeptiert ja auch. Und 14 Wochen Ferien sind wahrhaftig nicht mit den Urlaubsansprüchen von „normalen“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Einklang zu bringen.

7.

Ganz nebenbei bemerkt: Die Kindertageseinrichtungen sind Orte, an denen sich heute oft ein großer Teil der Kindheit abspielt und nach wie vor „lernt die Zukunft“ in den Kindertageseinrichtungen.

8.

Es bedarf vieler „runder Tische“ sowohl auf Bundesebene, auf Landesebene, auf kommunaler Ebene, um die Herausforderungen endlich gezielt in Angriff zu nehmen. Und die Themen sollten diesmal nicht das finanzielle Defizit der Kindertageseinrichtung oder die finanzielle Förderfähigkeit sein, sondern: Wie ermöglichen wir unter diesen Bedingungen und Voraussetzungen ein gute Kindheit?

9.

Als Arbeitgeber haben wir eine Fürsorgepflicht gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, die auch im Jahr 2023 wieder an die Belastungsgrenze gegangen sind und auf unsere Kinder geachtet haben – es ist unsere Plficht, auf sie zu achten.

Wie bereits geschrieben - „Aufgemerkt“ und „Nix für ungut“.

Lisa Krein
1. Vorsitzende des Elisabethenvereins Schwanfeld e. V.