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Königsbrunner Mitteilungsblatt
Ausgabe 10/2023
Kultur (Rub)
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Die Kartoffel / Kleine Kulturgeschichte eines Grundnahrungsmittels

Kartoffelernte um 1920 mit der Familie Frisch (v. l.): Johann Frisch, Wilhelm Frisch, eine Dienstmagd, Maria Frisch

Mit der Kartoffelgabel wurden die Kartoffeln aufgesammelt. Die Spitzen der gekrümmten Zinken sind verdickt und abgestumpft. So blieben die Kartoffeln ohne größere Beschädigung hängen. Das Foto zeigt die Rückseite einer eisernen Gabel aus dem Lechfeldmuseum, geschenkt von Familie Schabert.

Die Verarbeitung der Kartoffeln erfolgte mit verschiedenen Geräten. Die Kartoffelreibe (links) aus Eisenzähnen ist auf einer Holzbank befestigt. Gesinde und Bauern saßen beim Reiben der Kartoffeln darauf. Mit Muskelkraft betätigte der Helfer den Hebel des Kartoffelstampfers (Mitte). Die Kartoffeln wurden durch die siebförmige Presse gedrückt. Die Walzen der Quetsche (rechts) zerteilten die Kartoffeln. Die Streifen und Stücke fielen in den darunter gestellten Behälter. Alle Geräte sind im Königsbrunner Lechfeldmuseum aufbewahrt. Die Besitzer stellten sie erfinderisch in Handarbeit her.

Vor hundert Jahren lebten die Menschen in Königsbrunn von selbst erzeugten Produkten aus eigenem Anbau. Für den Winter legten unsere Vorfahren Vorräte aus Getreide, eingemachtem Obst und Gemüse oder getrocknetem Fleisch an. Die Lager im Keller wurden vor allem mit Kartoffeln gefüllt.

Ursprung und Name

Die Kartoffel stammt ursprünglich aus Südamerika. Sie wurde im 16. Jahrhundert in Europa als Zierpflanze eingeführt. Den Nährwert ihrer Knollen erkannte man erst später. Der Name „Kartoffel“ leitet sich vom italienischen „tartufolo“ für Trüffel ab.

Ausbreitung

Als erster deutscher Bauer soll Hans Rogler aus Oberfranken um 1647 Kartoffeln angepflanzt haben. In seinem Heimatort Pilgramsreuth (Stadt Rehau) steht ihm zu Ehren ein Kartoffel-Denkmal.

Friedrich der Große ordnete im 18. Jahrhundert die Anpflanzung der Kartoffel in Preußen an. Mit den „Kartoffelbefehlen“ wollte er Hungersnöten vorbeugen.

Heute ist Deutschland der führende Kartoffelproduzent Europas. In Bayern liegt das größte Anbaugebiet zwischen Neuburg und Schrobenhausen.

Speise-Frühkartoffel und Speisekartoffel

Kartoffeln werden von März bis Mai gepflanzt. Frühreife Kartoffelsorten (Speise-Frühkartoffeln) können nach drei bis vier Monaten, also ab Anfang Juni, geerntet werden. Sie sollten schnell verzehrt werden.

Mittelfrühe und späte Kartoffelsorten (Speisekartoffeln) wachsen etwa fünf bis sechs Monate. Die Erntezeit fällt in den August, September und Oktober. Speisekartoffeln zeichnen sich durch größere Haltbarkeit aus.

Kartoffelernte

Die Einwohner von Königsbrunn pflanzten Kartoffeln für den Eigenbedarf an. Die Ernte war früher zeitaufwendige, mühsame Handarbeit. Die Erntehelferinnen und -helfer hoben mit Grabgabel und Hacken die Kartoffelnester aus und sammelten die Knollen im Korb. Schwielen an Fuß und Hand, kleinere Verletzungen und Rückenschmerzen blieben dabei nicht aus.

Alle verfügbaren Arbeitskräfte, auch die Kinder, halfen mit. Da war an den Schulbesuch nicht zu denken. Schülerinnen und Schüler bekamen während der Kartoffelernte frei. Aus den „Kartoffelferien“ gingen die Herbstferien hervor, die wir heute kennen.