Die Wilde Karde braucht keine Pflege und schmeckt den beiden Blutströpfchen.
Jeder Garten soll für seine Besitzer etwas Besonderes sein. Als früher in der freien Natur noch viele Blumen und Sträucher blühten, holte man sich ungewöhnliche und besonders pflegebedürftige Pflanzen aus fernen Ländern in den Garten. Das waren Gewächse, die es außerhalb des Gartenzauns nicht zu sehen gab und die man kaufen musste. Deshalb sind die in Baumärkten und Gartencentern angebotenen Pflanzen in der Regel von exotischer Herkunft.
Heute findet man außerhalb des Gartenzauns kaum noch einheimische Wildpflanzen. Daher holen Naturgärtner sie in ihren Garten, weil sie pflegeleicht und nützlich für Mensch und Tier sind. Sie erschaffen vielfältige und lebendige Gärten, die sich abheben von monotonen Anlagen mit Thuja, Kirschlorbeer, Rasen oder Schotterwüste. Es gibt rund 9500 in Deutschland heimische Pflanzenarten, da ist wirklich für jeden Gartenbereich etwa dabei.
Auch Tier und Mensch profitieren von heimischen Pflanzen. Tiere und Pflanzen sind miteinander vernetzt. Viele Insekten sind auf bestimmte Arten zur Ernährung und Fortpflanzung angewiesen und Pflanzensamen sichern Vögeln das Überleben im Winter. Hochgezüchtete Blumen mit gefüllten Blüten sind für Insekten wertlos, denn sie liefern wenig Nektar oder Pollen. Die teuren Pflanzen, die aus anderen Regionen der Erde zu uns geholt wurden, muss der Mensch mit viel Dünger, Wasser und Pflege versorgen, weil sie nicht an unser Klima angepasst sind, und manchmal blühen sie nur eine Saison lang und gehen dann ein.
Auch fördert ein gedüngter Boden vor allem das Wachstum von Gräsern und schnellwachsenden, Stickstoff liebenden Gewächsen. Heimische Pflanzen, wie Wilde Karde, Natternkopf, Gelbe Resede oder Wegwarte, bevorzugen dagegen mageren Boden, was Dünger und Arbeit spart. Sie vertragen Trockenheit und müssen sich mit ihrer zarten Schönheit nicht hinter spektakulären exotischen Blüten verstecken. Wildtulpen sind viel pflegeleichter als Gartentulpen und bieten zusammen mit Krokus oder Blausternchen schon im zeitigen Frühjahr schöne Farbtupfer im Garten.
Heimische Pflanzen sind also robust und manche sogar gut für die Gesundheit. Spitzwegerich lässt sich zu einem wirksamen Hustensaft verarbeiten. Die als Unkraut geschmähten Brennnessel, Giersch oder Löwenzahn werden von Kräuterkundigen wegen ihrer Heilkraft sehr geschätzt und in der Küche verwendet. Hier gilt die Devise: Nicht ärgern, sondern aufessen! Eine Frühjahrskur mit Brennnesseltee gibt dem Körper neuen Schwung. Es lohnt sich also, im Garten eine Wildkräuterecke anzulegen.
Auch heimische Bäume und Sträucher gibt es für jede Gartengröße. Eine Hecke aus vielfältigen Blütensträuchern, wie Kornelkirsche, Felsenbirne oder Wildrose, ist lebendiger als z.B. eine Thujahecke und ganz nebenbei auch viel schnittverträglicher. Kornelkirsche oder Weiden liefern im Frühjahr das erste „Bienenfutter“, die Blüten und Früchte des Holunders können von Tieren und Menschen genutzt werden. Ein Garten kann auch in die Höhe gehen – mit Kletterpflanzen: Efeu begrünt eintönige Garagenwände und Geißblatt berankt nicht nur Sichtschutzwände an der Terrasse, sondern bereichert Sommerabende mit seinem Duft.
Probieren Sie doch mal eine Art „Blackbox-Gardening“ aus: einen kleinen Erdhügel im Garten aufschütten und sich überraschen lassen, was alles im Lauf der Zeit in den Garten kommt und dort wächst. Bei der Pflanzenbestimmung helfen dann die Apps Flora incognita oder PlantNet. Pflegearbeiten sind kaum notwendig, man kann höchstens das ausreißen, was einem nicht gefällt.
Weitere Informationen finden Sie online etwa unter:
www.vielfaltsmacher.de/infomaterial
www.bund-naturschutz.de Öko-Tipps für den Naturgarten
www.lbv.de Lebensraum Garten: Ihr eigenes Naturschutzgebiet
www.bluehende-landschaft.de Zuhause & im Privatgarten
aber auch in gedruckter Literatur wie etwa Ulrike Aufderheide: „Tiere pflanzen“ oder Brigitte Kleinod und Friedhelm Strickler: „Schön wild! Attraktive Beete mit heimischen Wildstauden im Garten – beide vom pala-Verlag.