Tagesordnung
| 1. | Bürgerbegehren „Stoppt die Bebauung an der Waldstraße“; Prüfung Zulässigkeit |
| 2. | Bürgerbegehren „Bebauung an der Sudetenstraße“; Prüfung Zulässigkeit |
Bürgerbegehren „Stoppt die Bebauung an der Waldstraße“; Prüfung Zulässigkeit
Sachverhalt:
Im gemeindlichen Ratsinformationssystem (RIS) sind hierzu eingestellt:
Am 24.07.2023 hat Herr Norbert Peter im Namen der Mitinitiatoren Manfred Geifes, Sudetenstraße 22 und Cornelia Förster, Sudetenstraße 29, dem geschäftsleitenden Beamten der Gemeinde Möhrendorf, Herrn Buchner das Bürgerbegehren „Stoppt die Bebauung an der Waldstraße“ übergeben. Mit diesem Bürgerbegehren beantragen die Unterschriftsleistenden gemäß Art. 18 a der Bayerischen Gemeindeordnung (GO) die Durchführung eines Bürgerentscheids über die Frage:
„Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Möhrendorf das laufende Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet an der Waldstraße einstellt und dafür insbesondere den Aufstellungsbeschluss über das Baugebiet 19/23 (Flurnummern 904/1/Tfl., 905/1/Tfl., 904/6, 423/3, 421/5/Tfl., 421/4, 421 und 421/2/Tfl.) an der Waldstraße zurücknimmt, um dort kein neues Baurecht zu schaffen?“
Bezüglich des Wortlauts des überreichten Bürgerbegehrens, der Fragestellung sowie der beigefügten Begründung wird auf die Anlagen verwiesen, welche im RIS eingestellt wurden.
Der Gemeinderat hat gem. Art. 18a Abs. 8 der Gemeindeordnung (GO) über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Einreichung des Bürgerbegehrens zu entscheiden. Da die nächste turnusgemäße Sitzung des Gemeinderates erst am 26.09.2023 geplant ist, ist für die Behandlung eine zusätzliche Sitzung binnen eines Monats erforderlich.
2. Darstellung der aktuellen Rechtslage
Im Bereich der Waldstraße existiert der Baulinienplan (einfacher Bebauungsplan) aus dem Jahr 1961. Dieser sieht eine einzeilige Bebauung entlang der Waldstraße vor. Der vors. Richter am VG Ansbach hat bei der Verhandlung 2015 die Auffassung vertreten, dass im Gegensatz zum Bereich entlang der Sudetenstraße (§ 34 BauGB) an der Waldstraße von § 35 BauGB (Außenbereich) auszugehen ist und deshalb eine Bebauung nur mit einem qualifizierten Bebauungsplan zulässig ist. Das LRA hat dies im Vorbescheid zur Bebauung an der Sudetenstraße vom 11.01.2016 auch nochmals schriftlich zum Ausdruck gebracht.
Die Gemeinde hat am 26.07.2022 einen Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplanes gefasst.
3. Prüfung der Zulässigkeit
Ein Bürgerbegehren ist zulässig, wenn die mit ihm verlangte Maßnahme
| 3.1 | zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehört (Art. 18 a Abs. 1 GO), |
| 3.2 | die Angelegenheit nicht zum Katalog der ausgeschlossenen Gegenstände zählt (Art. 18 a Abs. 3 GO), |
| 3.3 | die Unterschriftenlisten den formellen Anforderungen entsprechen (Art. 18 a Abs. 4 GO), |
| 3.4 | die erforderliche Unterschriftenzahl erreicht worden ist (Art. 18 a Abs. 6 GO) und |
| 3.5 | die Fragestellung in materiell-rechtlich zulässiger Weise den Bürgerinnen und Bürgern zur Abstimmung unterbreitet werden kann. |
3.1 Eigener Wirkungskreis der Gemeinde (Art. 18 a Abs. 1 GO)
Das Bürgerbegehren darf ausschließlich Angelegenheiten des „eigenen Wirkungskreises“ einer Gemeinde betreffen. Darunter sind solche Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln und die eine Gemeinde im Rahmen ihres durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung (BV) garantierten Selbstverwaltungsrechts nach eigenem Ermessen (Art. 7 Abs. 2 GO) frei von Zweckmäßigkeitserwägungen anderer Verwaltungsträger und damit selbständig und eigenverantwortlich regeln kann. Das Bürgerbegehren zielt hier mit seiner Fragestellung darauf ab, den Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans Nr. 19/23 (Flurnummern 904/1/Tfl., 905/1/Tfl., 904/6, 423/3, 421/5/Tfl., 421/4, 421 und 421/2/Tfl.) an der Waldstraße zurückzunehmen damit dort kein neues Baurecht entsteht. Damit ist die Bauleitplanung Gegenstand des Bürgerbegehrens.
Allgemein anerkannt ist, dass die Bauleitplanung als Teil der kommunalen Planungshoheit zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehört. Im Unterschied zu Regelungen in anderen Bundesländern nimmt nach Art. 18 a Abs. 3 GO der bayerische Gesetzgeber die Bauleitplanung vom Anwendungsbereich kommunaler Plebiszite nicht aus.
à Die Voraussetzung eigener Wirkungskreis ist somit erfüllt.
3.2 Die Angelegenheit darf nicht zum Katalog der ausgeschlossenen Gegenstände zählen (Art. 18 a Abs. 3 GO)
Ein Bürgerentscheid findet gem. Art. 18 a Abs. 3 GO nicht statt über Angelegenheiten, die kraft Gesetz dem ersten Bürgermeister obliegen, über Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung, über die Rechtsverhältnisse der Gemeinderatsmitglieder, der Bürgermeister und der Gemeindebediensteten und über die Haushaltssatzung.
à Hier betrifft das Bürgerbegehren keines dieser Bereiche, so dass der sog. Negativkatalog nicht berührt ist.
3.3 Die Bürgerbegehren muss den formellen Anforderungen entsprechen (Art. 18 a Abs. 4 GO)
Das Bürgerbegehren muss gem. Art. 18a Abs. 4 GO bei der Gemeinde eingereicht werden, eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung und eine Begründung enthalten sowie bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Zudem muss nach Art. 18a Abs. 5 und 6 GO das Bürgerbegehren in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohner von mindesten 10 % der Wahlberechtigen für Gemeindewahlen unterschrieben worden sind.
| aa) | Die Unterschriftslisten entsprechen hinsichtlich der Formvorschriften den gesetzlichen Anforderungen: | |
| • | es ist als solches benannt, |
| • | die notwendigen Bestandteile (Fragestellung, Begründung, Vertreter) sind auf einheitlich gestalteten und inhaltlich identischen Unterschriftslisten enthalten |
| • | alle Listen beinhalten diese notwendigen Bestandteile. |
| bb) | Vertreterbestellung | |
| Diese ist hier nicht zu beanstanden. Auf allen Unterschriftslisten sind die zulässigen bis zu drei Vertreter einschließlich deren Stellvertreter benannt | ||
| cc) | Erreichung der erforderlichen Unterschriftenzahl (Art. 18 a Abs. 5,6 GO) | |
Das Quorum gem. Art. 18 a Abs. 6 GO (8 % der Gemeindebürger) wurde erreicht. Es wurden statt der erforderlichen 382 (10%) 455 (11,94 %) gültige Unterschriften vorgelegt.
Wahlberechtigte am Tag der Einreichung XXXXXX: 3.811
Unterstützungsunterschriften: 474
Gültige Unterschriften 455
à Die formell-rechtlichen Anforderungen sind somit eingehalten.
3.4 Materiell-rechtlich zulässige Fragestellung
3.4.1 Stellungnahme Hauptverwaltung
Nach ständiger Rechtsprechung des BayVGH hat sich die Zulässigkeitsprüfung auch auf die Frage zu erstrecken, ob die Maßnahme, die mit dem Bürgerbegehren erreicht werden soll, mit der Rechtsordnung in Einklang stehen. Es ist also zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme rechtlichen Vorschriften oder vertraglich eingegangenen Verpflichtungen widerspricht.
| (1) | Die Fragestellung beinhaltet nur eine einzige Frage, nämlich die Frage der Einstellung des Bebauungsplanverfahrens 19/23 mittels Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses. |
| Ein Verstoß gegen das Koppelungsverbot liegt nicht vor. | |
| (2) | Bestimmtheit der Fragestellung |
| Die Fragestellung ist hinreichend bestimmt. Sie stellt darauf ab, das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 19/23 einzustellen und dafür insbesondere den Aufstellungsbeschluss zurückzunehmen, um dort kein neues Baurecht zu schaffen. | |
| (3) | Das Bürgerbegehren muss eine Begründung i.S.d. Art 18 a Abs. 4 GO enthalten. |
Eine Begründung liegt vor.
„Der Bebauungsdruck in unserem Ort rechtfertigt aus unserer Sicht nicht die Ausweisung eines großen Baugebietes in einem Bereich von Möhrendorf, das durch seine Lage und Verkehrsführung besonders zu betrachten ist. Es ist zu befürchten, dass die Verkehrsbelastungen für die Anwohner*innen durch die geplante Bebauungsdichte stark ansteigen werden und die Wohn- und Lebensqualität deutlich zurückgehen kann. Es besteht die Sorge, dass die abwassertechnischen Einrichtungen nicht ausreichen werden.“
An die Begründung sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass die Motive und Ziele des Bürgerbegehrens schlagwortartig in den Grundzügen dargestellt werden.
Der befürchtete Anstieg der Verkehrsbelastung, der Rückgang der Wohn- und Lebensqualität, sowie die Sorge um eine nicht ausreichende abwassertechnische Einrichtung sind für eine Begründung ausreichend.
Zusammenfassend wird festgestellt, dass die mit dem Bürgerbegehren geforderten Maßnahmen auch materiell nicht zu beanstanden sind.
3.4.2 Stellungnahme Landratsamt
Das Landratsamt Erlangen-Höchstadt / Kommunalaufsicht, H. Stötzel hat am 25.07.2023 telefonisch mitgeteilt, dass auch seitens des LRA hinsichtlich des Bürgerbegehrens „Stoppt die Bebauung an der Waldstraße“ keine rechtlichen Bedenken bestehen.
Fazit aus Sicht der Verwaltung:
Das Bürgerbegehren ist sowohl formell als auch materiell nicht zu beanstanden. Es wird deshalb dem Gemeinderat empfohlen, das Bürgerbegehren „Stoppt die Bebauung an der Waldstraße“ für zulässig zu erklären.
wichtige Hinweise
| 1. | Der Gemeinderat hat eine reine Rechtsentscheidung zu treffen, die uneingeschränkt auch der rechtsaufsichtlichen Kontrolle nach Art. 109 Abs. 1, Art. 112 f. GO unterliegt; ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum steht ihm nicht zu, weil über die Zweckmäßigkeit des Bürgerbegehrens und die Qualität seiner Gründe letztlich der mündige Bürger zu entscheiden hat. |
| 2. | Wird das Bürgerbegehren vom Gemeinderat zugelassen, haben sich die Vertreter des Bürgerbegehrens und der Verwaltung im Vorfeld darauf geeinigt, dass der Bürgerentscheid zusammen mit der Landtagswahl am 8.10.2023 durchgeführt werden soll. Die Verwaltung wird hierzu versuchen, eine entsprechende Ausnahmegenehmigung nach Art. 10 Abs. 2 GLkrWG beantragen. |
| 3. | Weist der Gemeinderat dagegen das Bürgerbegehren als unzulässig zurück, so ist ein förmlicher Bescheid mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung gegenüber den vertretungsberechtigten Personen zu erlassen und zuzustellen. Gegen diesen Bescheid können die vertretungsberechtigten Personen des Bürgerbegehrens ohne Vorverfahren Klage erheben. |
Beschlussvorschlag (Alternative 1: Abhilfe)
| 1. | Der Gemeinderat Möhrendorf stellt gem. Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO fest, dass das Bürgerbegehren „Stoppt die Bebauung an der Waldstraße“ zulässig ist. |
| 2. | Es besteht Einverständnis, die mit dem Bürgerbegehren „Stoppt die Bebauung an der Waldstraße“ verlangte Maßnahme durchzuführen, d.h. das derzeit laufende Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes „19/23 Waldstraße“ einzustellen und und hierfür insbesondere den Aufstellungsbeschluss des Gemeinderates vom 26.07.2022 aufzuheben. |
Beschlussvorschlag (Alternative 2: Durchführung eines Bürgerentscheid)
| 1. | Der Gemeinderat Möhrendorf stellt gem. Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO fest, dass das Bürgerbegehren „Stoppt die Bebauung an der Waldstraße“ zulässig ist. |
| 2. | Gemäß Art. 18 a Abs. 10 GO wird der Bürgerentscheid am Sonntag, den 08.10.2023 durchgeführt. Sollte der Abstimmungstermin aus zeitlichen oder organisatorischen Gründen nicht möglich sein, wird der Bürgerentscheid am Sonntag, 05.11.2023 durchgeführt. |
| 3. | Es besteht Einverständnis, den geschäftsleitenden Beamten, Herrn Stephan Buchner zum Abstimmungsleiter und Frau Anne Schmidt zur stellvertretenden Abstimmungsleiterin zu bestellen. |
Beschluss:
| 1. | Der Gemeinderat Möhrendorf stellt gem. Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO fest, dass das Bürgerbegehren „Stoppt die Bebauung an der Waldstraße“ zulässig ist. |
| 2. | Gemäß Art. 18 a Abs. 10 GO wird der Bürgerentscheid am Sonntag, den 08.10.2023 durchgeführt. Sollte der Abstimmungstermin aus zeitlichen oder organisatorischen Gründen nicht möglich sein, wird der Bürgerentscheid am Sonntag, 05.11.2023 durchgeführt. |
| 3. | Es besteht Einverständnis, den geschäftsleitenden Beamten, Herrn Stephan Buchner zum Abstimmungsleiter und Frau Anne Schmidt zur stellvertretenden Abstimmungsleiterin zu bestellen. |
Antrag zur Geschäftsordnung:
Gemeinderatsmitglied Dieter Emmerich beantragt eine namentliche Abstimmung.
| Gemeinderat*rätin | JA | NEIN |
| 1. Bgm. Thomas Fischer | X |
|
| 2. Bgm. Steffen Schmidt | X |
|
| Sebastian Bauer | X |
|
| Dieter Emmerich | X |
|
| Stefan Hartmann | X |
|
| Hermann Knapp | X |
|
| Fabian Reck | X |
|
| Jürgen Reck | X |
|
| Silke Wadl | X |
|
| Elke Weis | X |
|
| Daniel Zitzmann | X |
|
| Ergebnis: | 11 | 0 |
Abstimmungsergebnis: 11 : 0 angenommen
Bürgerbegehren „Bebauung an der Sudetenstraße“; Prüfung Zulässigkeit
Sachverhalt:
Im gemeindlichen Ratsinformationssystem (RIS) sind hierzu eingestellt:
Am 24.07.2023 hat Herr Norbert Peter im Namen der Mitinitiatoren Manfred Geifes, Sudetenstraße 22 und Cornelia Förster, Sudetenstraße 29, dem geschäftsleitenden Beamten der Gemeinde Möhrendorf, Herrn Buchner das Bürgerbegehren „Bebauung an der Sudetenstraße“ übergeben. Mit diesem Bürgerbegehren beantragen die Unterschriftsleistenden gemäß Art. 18 a der Bayerischen Gemeindeordnung (GO) die Durchführung eines Bürgerentscheids über die Frage:
„Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Möhrendorf alle rechtlich zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergreift, um die Bebauung an der Sudetenstraße auf Flurnummer 904 als einreihige Bebauung fortzuführen und dafür insbesondere einen entsprechenden Bebauungsplan aufstellt?“
Bezüglich des Wortlauts des überreichten Bürgerbegehrens, der Fragestellung sowie der beigefügten Begründung wird auf die Anlagen verwiesen, welche im RIS eingestellt wurden.
Der Gemeinderat hat gem. Art. 18a Abs. 8 der Gemeindeordnung (GO) über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Einreichung des Bürgerbegehrens zu entscheiden. Da die nächste turnusgemäße Sitzung des Gemeinderates erst am 26.09.2023 geplant ist, ist für die Behandlung eine zusätzliche Sitzung binnen eines Monats erforderlich.
2. Darstellung der aktuellen Rechtslage
Die aktuelle Rechtslage sieht unabhängig vom Ausgang eines Bürgerentscheids bereits eine Bebaubarkeit nach dem geltenden Baulinienplan im Zusammenhang mit § 34 BauGB (Innenbereich) vor.
§ 34 Abs. 1, Satz 1 BauGB: Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Einem, die Fl.Nr. 904 betreffenden, Antrag auf Vorbescheid wurde in der Sitzung vom 25.07.2023 vom Gemeinderat zugestimmt. Sollte das LRA dem gemeindlichen Einvernehmen folgen und den Vorbescheid genehmigen, hat der Bauantragsteller – unabhängig vom Ausgang eines Bürgerentscheids – bei unveränderter Eingabe eines förmlichen Bauantrages einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung.
3. Prüfung der Zulässigkeit
Ein Bürgerbegehren ist zulässig, wenn die mit ihm verlangte Maßnahme
| 3.1 | zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehört (Art. 18 a Abs. 1 GO), |
| 3.2 | die Angelegenheit nicht zum Katalog der ausgeschlossenen Gegenstände zählt (Art. 18 a Abs. 3 GO), |
| 3.3 | die Unterschriftenlisten den formellen Anforderungen entsprechen (Art. 18 a Abs. 4 GO), |
| 3.4 | die erforderliche Unterschriftenzahl erreicht worden ist (Art. 18 a Abs. 6 GO) und |
| 3.5 | die Fragestellung in materiell-rechtlich zulässiger Weise den Bürgerinnen und Bürgern zur Abstimmung unterbreitet werden kann. |
3.1 Eigener Wirkungskreis der Gemeinde (Art. 18 a Abs. 1 GO)
Das Bürgerbegehren darf ausschließlich Angelegenheiten des „eigenen Wirkungskreises“ einer Gemeinde betreffen. Darunter sind solche Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln und die eine Gemeinde im Rahmen ihres durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung (BV) garantierten Selbstverwaltungsrechts nach eigenem Ermessen (Art. 7 Abs. 2 GO) frei von Zweckmäßigkeitserwägungen anderer Verwaltungsträger und damit selbständig und eigenverantwortlich regeln kann. Das Bürgerbegehren zielt hier mit seiner Fragestellung darauf ab, die Bebauung entlang der Sudetenstraße auf die im Begehren genannten Rahmenbedingungen zu begrenzen. Dies kann sowohl im Zuge eines Bebauungsplanverfahrens als auch im Wege des gemeindlichen Einvernehmens erfolgen. Allgemein anerkannt ist, dass die Bauleitplanung als Teil der kommunalen Planungshoheit zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehört. Im Unterschied zu Regelungen in anderen Bundesländern nimmt nach Art. 18 a Abs. 3 GO der bayerische Gesetzgeber die Bauleitplanung vom Anwendungsbereich kommunaler Plebiszite nicht aus.
Hinsichtlich des gemeindlichen Einvernehmens ist das Baugenehmigungsverfahren zwar übertragener Wirkungskreis, das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 BauGB selbst aber gehört zu den ureigenen Aufgaben des eigenen Wirkungskreises.
à Die Voraussetzung eigener Wirkungskreis ist somit erfüllt.
3.2 Die Angelegenheit darf nicht zum Katalog der ausgeschlossenen Gegenstände zählen (Art. 18 a Abs. 3 GO)
Ein Bürgerentscheid findet gem. Art. 18 a Abs. 3 GO nicht statt über Angelegenheiten, die kraft Gesetz dem ersten Bürgermeister obliegen, über Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung, über die Rechtsverhältnisse der Gemeinderatsmitglieder, der Bürgermeister und der Gemeindebediensteten und über die Haushaltssatzung.
à Hier betrifft das Bürgerbegehren keines dieser Bereiche, so dass der sog. Negativkatalog nicht berührt ist.
3.3 Das Bürgerbegehren muss den formellen Anforderungen entsprechen (Art. 18 a Abs. 4 GO)
Das Bürgerbegehren muss gem. Art. 18a Abs. 4 GO bei der Gemeinde eingereicht werden, eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung und eine Begründung enthalten sowie bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Zudem muss nach Art. 18a Abs. 5 und 6 GO das Bürgerbegehren in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohner von mindesten 10 % der Wahlberechtigen für Gemeindewahlen unterschrieben worden sind.
| aa) | Die Unterschriftslisten entsprechen hinsichtlich der Formvorschriften den gesetzlichen Anforderungen: | |
| • | es ist als solches benannt, |
| • | die notwendigen Bestandteile (Fragestellung, Begründung, Vertreter) sind auf einheitlich gestalteten und inhaltlich identischen Unterschriftslisten enthalten |
| • | alle Listen beinhalten diese notwendigen Bestandteile. |
| bb) | Vertreterbestellung | |
| Diese ist hier nicht zu beanstanden. Auf allen Unterschriftslisten sind die zulässigen bis zu drei Vertreter einschließlich deren Stellvertreter benannt | ||
| cc) | Erreichung der erforderlichen Unterschriftenzahl (Art. 18 a Abs. 5,6 GO) | |
Das Quorum gem. Art. 18 a Abs. 6 GO (8 % der Gemeindebürger) wurde erreicht. Es wurden statt der erforderlichen 382 (10%) 415 (10,89 %) gültige Unterschriften vorgelegt.
Wahlberechtigte am Tag der Einreichung XXXXXX: 3.811
Unterstützungsunterschriften: 430
Gültige Unterschriften 415
à Die formell-rechtlichen Anforderungen sind aus unserer Sicht eingehalten.
3.4 Materiell-rechtlich zulässige Fragestellung
3.4.1 Stellungnahme Hauptverwaltung
Nach ständiger Rechtsprechung des BayVGH hat sich die Zulässigkeitsprüfung auch auf die Frage zu erstrecken, ob die Maßnahme, die mit dem Bürgerbegehren erreicht werden soll, mit der Rechtsordnung in Einklang stehen. Es ist also zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme rechtlichen Vorschriften oder vertraglich eingegangenen Verpflichtungen widerspricht.
(1) Bestimmtheit der Fragestellung
Die Fragestellung wirft hinsichtlich der Bestimmtheit einige Fragezeichen auf.
Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Möhrendorf alle rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel ergreift, um die Bebauung an der Sudetenstraße auf Fl.Nr. 904 als „einreihige Bebauung fortzuführen“ und dafür insbesondere einen entsprechenden Bebauungsplan aufstellt?
In der Begründung wird weiter ausgeführt: „…eine angemessene einzeilige Bebauung“
Die Maßnahme „Aufstellung eines Bebauungsplanes“ ist zwar hinreichend bestimmt. Die Festsetzung „einreihig bzw. angemessene einzeilige Bebauung“ ist jedoch sehr unbestimmt. Was bedeutet einzeilig oder einreihig? Eine Bauzeile oder Baureihe kann auch aus Mehrfachhäusern (Dreispänner, Vierspänner usw.) bestehen. Was die weiteren Festsetzungen betrifft, kann in einem B-Plan-Verfahren auch von der umliegenden Wohnbebauung mehr oder minder stark abgewichen werden. So sind dann auch mehrstöckige Gebäude, überbreite oder überhohe Baukörper möglich.
Zwar möchten die Initiatoren über den Begriff „angemessen“ in der Begründung hier eine Grenze ziehen, welche jedoch von jedem Unterschriftsleistenden und schließlich auch von jedem einzelnen Gemeinderatsmitglied durchaus unterschiedlich ausgelegt werden kann.
Insofern erscheint die Fragestellung zunächst zu unbestimmt. Man könnte aber im Sinne des Bürgerbegehrens nun argumentieren, dass die Frage durch den Zusatz „fortzuführen“ ausreichend genug sei, um eine Bestimmtheit zu erreichen. Wenn man dafür ist, die Bebauung entlang der Sudetenstraße als einzeilige Bebauung „fortzuführen“, dann würden auch rechtlich nicht fachkundige Bürger davon ausgehen können, dass man durch Leistung seiner Unterschrift max. eine Verlängerung der bereits bestehenden Bebauung möchte.
Bei großzügiger Auslegung erscheint also die Fragestellung hinreichend bestimmt.
(3) Das Bürgerbegehren muss eine Begründung i.S.d. Art 18 a Abs. 4 GO enthalten.
Eine Begründung liegt vor.
„Aufgrund der engen Zufahrtsstraßen sollte aus unserer Sicht auf dem Gelände (Fl.-Nr. 904) eine angemessene einzeilige Bebauung erfolgen.
Es ist zu befürchten, dass die Verkehrsbelastungen für die Anwohner*innen durch die geplante Bebauungsdichte stark ansteigen werden und die Wohn- und Lebensqualität deutlich zurückgehen kann.
Es besteht die Sorge, dass die abwassertechnischen Einrichtungen nicht ausreichen werden..“
An die Begründung sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass die Motive und Ziele des Bürgerbegehrens schlagwortartig in den Grundzügen dargestellt werden.
Der befürchtete Anstieg der Verkehrsbelastung, der Rückgang der Wohn- und Lebensqualität, sowie die Sorge um eine nicht ausreichende abwassertechnische Einrichtung sind für eine Begründung ausreichend.
3.4.2 Stellungnahme Landratsamt
| Von: | Kommunalaufsicht |
| Gesendet: | Montag, 7. August 2023 08:29 |
| An: | Buchner Stephan |
| Betreff: | AW: Prüfung Zulässigkeit Bürgerbegehren "Bebauung an der Sudetenstraße" |
Guten Morgen Herr Buchner,
nach Rücksprache mit unserem Bauamt erachten wir das Bürgerbegehren „Bebauung an der Sudetenstraße“ für zulässig, da der Erlass eines neuen qualifizierten B-Plans ohne rechtliche Probleme für möglich erachtet wird. Der qualifizierte Bebauungsplan ersetzt dann nach Erlass den vorhandenen einfachen Bebauungs- bzw. Baulinienplan.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Stötzel
Fazit aus Sicht der Verwaltung:
Trotz einiger Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit erscheint das Bürgerbegehren in seiner Gesamtheit gesehen zulässig. Ob ein Bürgerentscheid bei der Faktenlage am 8.10. (evtl. bereits genehmigter Vorbescheid) noch sinnvoll ist, steht aber auf einem anderen Blatt.
wichtige Hinweise
| 1. | Der Gemeinderat hat eine reine Rechtsentscheidung zu treffen, die uneingeschränkt auch der rechtsaufsichtlichen Kontrolle nach Art. 109 Abs. 1, Art. 112 f. GO unterliegt; ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum steht ihm nicht zu, weil über die Zweckmäßigkeit des Bürgerbegehrens und die Qualität seiner Gründe letztlich der mündige Bürger zu entscheiden hat. |
| 2. | Wird das Bürgerbegehren vom Gemeinderat zugelassen, haben sich die Vertreter des Bürgerbegehrens und der Verwaltung im Vorfeld darauf geeinigt, dass der Bürgerentscheid zusammen mit der Landtagswahl am 8.10.2023 durchgeführt werden soll. Die Verwaltung wird hierzu versuchen, eine entsprechende Ausnahmegenehmigung nach Art. 10 Abs. 2 GLkrWG beantragen. |
| 3. | Weist der Gemeinderat dagegen das Bürgerbegehren als unzulässig zurück, so ist ein förmlicher Bescheid mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung gegenüber den vertretungsberechtigten Personen zu erlassen und zuzustellen. Gegen diesen Bescheid können die vertretungsberechtigten Personen des Bürgerbegehrens ohne Vorverfahren Klage erheben. |
Beschlussvorschlag (Alternative 1: Abhilfe)
| 1. | Der Gemeinderat Möhrendorf stellt gem. Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO fest, dass das Bürgerbegehren „Bebauung an der Sudetenstraße“ zulässig ist. |
| 2. | Es besteht Einverständnis damit, dass die Gemeinde Möhrendorf gemäß dem Bürgerbegehren alle rechtlich zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergreift, um die Bebauung an der Sudetenstraße auf Flurnummer 904 als einreihige Bebauung fortzuführen und dafür insbesondere einen entsprechenden Bebauungsplan aufstellt. |
Beschlussvorschlag (Alternative 2: Durchführung eines Bürgerentscheid)
| 1. | Der Gemeinderat Möhrendorf stellt gem. Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO fest, dass das Bürgerbegehren „Bebauung an der Sudetenstraße“ zulässig ist. |
| 2. | Gemäß Art. 18 a Abs. 10 GO wird der Bürgerentscheid am Sonntag, den 08.10.2023 durchgeführt. Sollte der Abstimmungstermin aus zeitlichen oder organisatorischen Gründen nicht möglich sein, wird der Bürgerentscheid am Sonntag, 05.11.2023 durchgeführt. |
| 3. | Es besteht Einverständnis, den geschäftsleitenden Beamten, Herrn Stephan Buchner zum Abstimmungsleiter und Frau Anne Schmidt zur stellvertretenden Abstimmungsleiterin zu bestellen. |
Beschluss:
| 1. | Der Gemeinderat Möhrendorf stellt gem. Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO fest, dass das Bürgerbegehren „Bebauung an der Sudetenstraße“ zulässig ist. |
| 2. | Gemäß Art. 18 a Abs. 10 GO wird der Bürgerentscheid am Sonntag, den 08.10.2023 durchgeführt. Sollte der Abstimmungstermin aus zeitlichen oder organisatorischen Gründen nicht möglich sein, wird der Bürgerentscheid am Sonntag, 05.11.2023 durchgeführt. |
| 3. | Es besteht Einverständnis, den geschäftsleitenden Beamten, Herrn Stephan Buchner zum Abstimmungsleiter und Frau Anne Schmidt zur stellvertretenden Abstimmungsleiterin zu bestellen. |
Antrag zur Geschäftsordnung:
Gemeinderatsmitglied Dieter Emmerich beantragt eine namentliche Abstimmung.
| Gemeinderat*rätin | JA | NEIN |
| 1. Bgm. Thomas Fischer | X |
|
| 2. Bgm. Steffen Schmidt | X |
|
| Sebastian Bauer | X |
|
| Dieter Emmerich | X |
|
| Stefan Hartmann | X |
|
| Hermann Knapp | X |
|
| Fabian Reck | X |
|
| Jürgen Reck | X |
|
| Silke Wadl | X |
|
| Elke Weis | X |
|
| Daniel Zitzmann | X |
|
| Ergebnis: | 11 | 0 |
Abstimmungsergebnis: 11 : 0 angenommen
Nächste Gemeinderatssitzung: Dienstag 21.11.2023