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Auerbacher Stadtanzeiger
Ausgabe 5/2025
Aktuelles aus dem Rathaus
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Helmut Martin - ein Auerbacher Urgestein



Am 8. Mai 2025 wäre er 100 Jahre alt geworden

Keiner kannte Auerbach so gut wie Helmut Martin. Als Kreisbodendenkmalpfleger, Denkmalpfleger, ehemaliger Museumsleiter und späterer Vorsitzender des Museumsvereins war er nicht nur ein engagierter Heimatforscher, sondern auch der erste Träger des Auerbacher Bürgerpreises.

Am 8. Mai 2025, würde Helmut Martin 100 Jahre alt werden - ein Anlass, an den unzählige Erinnerungen an einen Mann zu wecken, der sich mit unermüdlicher Hingabe seiner Heimatstadt widmete.

Helmut Martin war ein echter Auerbacher, der die Geschichte der „Drei-Türme-Stadt“ im Vogtland wie kaum ein anderer kannte und lebte. Am 8. Mai 1925 erblickte er in der damaligen Hockels Papiermühle, wo sich heute der Festplatz befindet, das Licht der Welt. Schon als Kind, mit nur neun Jahren, begann er, sich mit der Geschichte seiner Heimatstadt auseinanderzusetzen. Was damals als kindliche Neugier begann, entwickelte sich schnell zu einer Leidenschaft. Allein, ohne fremde Hilfe, sammelte er Zeitungsartikel, Fotografien und historische Überlieferungen und archivierte sie sorgfältig.

Ursprünglich als Elektrotechniker ausgebildet, entwickelte er eine große Leidenschaft für die Archäologie. Er wirkte an verschiedenen Ausgrabungen des Landesamtes für Ur- und Frühgeschichte Thüringens in Weimar mit und arbeitete seit 1957 als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesamtes für Archäologie Dresden. Seine Fachkompetenz kräftigte Helmut später mit einem Fernstudium an der Universität für Archäologie in Leipzig.

Auf Grund seiner umfangreichen Geschichtskenntnis bot man ihm die Leitung der 1954 gegründeten ehrenamtlichen Gruppe „Junge Historiker“ an. Gemeinsam mit dieser Gruppe, die bereits zwölf Mitglieder zählte, führte er in den Jahren 1955 bis 1957 Ausgrabungen auf dem Auerbacher Schlossgelände durch. Bei dem von ihm geleiteten archäologischen Grabungen stieß Helmut auf interessante und für Auerbach wichtige historische Funde, die auch heute noch im Auerbacher Museum zu besichtigen sind.

Seine Liebe zur Geschichte und sein Engagement für das Auerbacher Erbe führte dazu, dass er 1957 den Museumsfreunden der Auerbacher Heimatstuben beitrat. 1958 rettete er die wertvolle Vorbildersammlung im Auerbacher Rathaus vor dem Verfall und der Vernichtung. Diese Sammlung ist auch heute noch im Auerbacher Archiv. 1960 übernahm er die Leitung der Auerbacher Heimatstuben und prägte das Museum über drei Jahrzehnten hinweg. Ich selbst habe meine Kindheit in diesen Heimatstuben verbracht und erinnere mich noch heute an die beeindruckenden Ausstellungen, die er zusammen mit den Museumsfreunden organisierte. Besonders zu Weihnachten, in der DDR-Zeit, zog das Museum so viele Besucher an, dass die Schlangen bis weit den Schlossberg hinunter reichten.

Mit seinen Funden, seinem Wissen und seinem Spürsinn für die Geschichte von Auerbach baute er das Auerbacher Museum auf und machte aus ihm etwas Besonderes. Nach dem Umbau der Heimatstuben zum Auerbacher Stadtmuseum im Jahre 1997 leitete Helmut als Vorsitzender den Museumsverein bis zum Jahre 2003. Auch als Kreisboden- und Denkmalpfleger hatte er die Aufgabe, die historischen Stätten des Landkreises zu überwachen und Expertisen zu verschiedenen Bauprojekten oder Funden zu erstellen.

Ein Meilenstein in seiner Arbeit war die Entdeckung eines Teils der ehemaligen Stadtmauer von Auerbach im Jahr 1995, während der Rekonstruktion des Hauses der Notarin Münzner am Auerbacher Graben 2. Diese Entdeckung ermöglichte es ihm, die genaue Größe und Ausdehnung der alten Stadtmauer zu rekonstruieren. Helmut war stets der erste Ansprechpartner, wenn es um historische Entdeckungen und deren Beurteilung ging.

Eine der beliebtesten Veranstaltungen, die Helmut organisierte, waren seine Lichtbildvorträge. Diese Vorträge zogen so viele Besucher an, dass sie oft mehrfach hintereinander stattfinden mussten. Bereits in den 1960er Jahren begann er auch mit Stadtrundgängen und Gewölbeführungen in Auerbach. Besonders am Herzen lag ihm dabei, sein Wissen an die junge Generation weiterzugeben und die Schüler für die Geschichte ihrer Heimatstadt zu begeistern.

Für seinen unermüdlichen Einsatz wurde er 1995 mit dem Auerbacher „Löwenpreis“ geehrt und erhielt zahlreiche Auszeichnungen des Kulturbundes für seine Verdienste um die Heimatgeschichte. 2006 wurde er als erster mit dem „Auerbacher Bürgerpreis“ ausgezeichnet (auf dem Foto mit Auerbachs Alt-OB Johannes Graupner im Jahr 2006).

All diese Leistungen brachte Helmut Martin im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit zustande. Fast nie erhielt er dafür eine finanzielle Entschädigung. Seine Arbeit war seine Leidenschaft, und er setzte sich mit Hingabe für das kulturelle Erbe Auerbachs ein.

Ich erinnere mich noch gut an das Klappern seiner Schreibmaschine, wenn er wieder an einem seinen zahlreichen geschichtlichen Artikeln arbeitete. 1991 veröffentlichte er den ersten Bildband „Auerbach in alten Ansichten“, dem 1994 ein zweiter folgte. 2001 erfüllte er sich schließlich einen lang gehegten Traum und veröffentlichte das erste von drei geplanten Büchern über die Geschichte Auerbachs. Es trug den Titel „Auerbach Teil 1 - Ein historischer Stadtrundgang“. Die weiteren Bände - „Alt Auerbach - Vom Weberstädtchen zur Schulstadt“ (2003) und „Alt Auerbach - Aus der Geschichte der Vereine und Gesellschaften“ (2006) - folgten. Doch der größte Wunsch von Helmut Martin war es, gemeinsam mit mir eine Chronik der Stadtgeschichte zu verfassen. Leider reichte seine Zeit nicht mehr aus, um diesen Traum zu verwirklichen.

Helmut Martin war Vater von vier Kindern und 65 Jahre lang mit seiner Ehefrau Ursula verheiratet. Sein Lebensmotto lautete: „Wer ruht, der rostet.“ Bis zu seinem Tod am 25. Mai 2011 arbeitete er noch an einem kleinen Büchlein, das jedoch nicht mehr veröffentlicht werden konnte.

Helmut Martin war Auerbach mit Herz und Seele verbunden. Er lebte für die Geschichte seiner Stadt. Als seine Enkeltochter werde ich ihn nie vergessen - und ich hoffe, auch Auerbach wird ihn und sein Lebenswerk niemals vergessen. (@Foto: Hagen Hartwig)

Romy Lippold