Titel Logo
Informations- und Amtsblatt des LK Anhalt-Bitterfeld
Ausgabe 14/2023
Die Landkreisverwaltung informiert
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Kaffeerösterei Hannemann erhält ihren dritten „Kulinarischen Stern“

Den dritten „Kulinarischen Stern Sachsen-Anhalt“ erhält die Kaffeerösterei Hannemann von Robert Faßhauer (li.) überreicht. Darüber freuen sich Antje Fuchs, Torsten Vogel und Andy Grabner.

Der besondere, prämierte Kaffee

Antje Fuchs demonstriert das Kaffeerösten.

Landrat Andy Grabner (r.) ist stolz auf die innovativen Ideen des Unternehmens und brachte neben einer Urkunde Erdbeeren von Bauer Feuerborn für alle Mitarbeiter mit.

Antje Fuchs und Robert Faßhauer genießen den ausgezeichneten Kaffee.

Interessant: Kaffeebohnen werden beim Rösten größer aber auch leichter.

Einen weiteren „Kulinarischen Stern Sachsen-Anhalt“ erhielt in diesem jahr die Kaffeerösterei Hannemann in Köthen. Nach 2017 und 2019 ist es für Antje Fuchs und Torsten Vogel sowie ihr Team bereits der dritte Stern. In diesem Jahr prämierte die Jury um Sternekoch Robin Pietsch in der Kategorie „Kaffee“ den von der Köthener Rösterei kreierten „Kaffee Kolumbien Finca Villa Betulia – Geisha natural“. Die Jury bewertete den Geisha-Kaffee als zart, fruchtig und alles andere als typisch. Der Kaffeestrauch wächst in großen Höhen und bringt wenige, außergewöhnlich aromatische Kaffeekirschen hervor.

Vor einigen Tagen überreichte Robert Faßhauer von der Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt im Beisein von Landrat Andy Grabner den Preisträgern ihren „Kulinarischen Stern“. Andy Grabner beglückwünschte das Team um Antje Fuchs und Torsten Vogel zu dieser Auszeichnung. In der Kaffeerösterei entstehen immer wieder neue innovative Ideen. Hier wird die Wissenschaft vom Kaffee gelebt, lobt Grabner die Arbeit des Unternehmens.

Was ist das Besondere an dem ausgezeichneten Kaffee? Zunächst einmal ist es eine sehr alte Sorte, die im Hochland wächst und nunmehr wieder die Kaffeeliebhaber begeistert. Durch eine 48 Stunden dauernde Fermentierung kommt die sehr fruchtige Note von Kirsche und Erdbeere zum Tragen.

Antje Fuchs, im Unternehmen die Geschmacksexpertin, und Torsten Vogel entdeckten diese Sorte, die zunächst nach vergorenem Apfel riecht, auf der Liste eines Kaffeehändlers und wollten sie unbedingt testen. Somit bestellten sie zunächst einen Sack a 25 Kilogramm. Die erste Röstung in Köthen gelang nicht, berichten die beiden. Die Temperatur beim Röstprozess war viel zu hoch. Der Kaffee musste entsorgt werden. Der nächste Versuch jedoch gelang. Die optimale Rösttemperatur, fanden Vogel und Fuchs heraus, liegt genau bei 181 Grad.

Normalerweise werden von besagter Sorte jährlich 30 bis 36 Säcke a 30 Kilogramm geerntet. Was an sich schon eine geringe Menge ist und für Exklusivität spricht. 2022 jedoch waren es aufgrund des Klimawandels lediglich elf Säcke a 25 Kilogramm. Davon sicherte sich die Köthener Kaffeerösterei sechs Säcke. Nach der Röstung bot das Unternehmen den außergewöhnlichen Kaffee zunächst als Testversuch den Gästen des Köthener Bänkefestes an. Und: Nicht alle Tassen wurden leer, beschreibt Antje Fuchs das Ergebnis. Der Kaffee sei eben sehr außergewöhnlich und speziell, zudem eine Arabica-Bohne, die viel Koffein enthält.

Eine weitere Besonderheit dieses Kaffees: Er wurde fermentiert. Das liegt jetzt voll im Trend, sagt Torsten Vogel. Und mit besonderem fermentiertem Kaffee wollten wir es ebenfalls versuchen, ergänzt Antje Fuchs. Was jedoch versteht man darunter? In diesem Zusammenhang ist wichtig zu wissen, dass es drei verschiedene Möglichkeiten gibt, die Kaffeebohne in der Kaffeekirsche nach der Ernte für den Verzehr vorzubereiten: die trockene, die halbtrockene und die nasse Aufbereitung. Eine Fermentation findet nur bei der nassen Aufbereitung statt. Dabei werden die bitteren Gerbstoffe der Kaffeebohne abgebaut. Eine sorgfältige Ausführung fördert das Aroma, den Geschmack und die Qualität des Kaffees. Konkret läuft dies wie folgt ab: Die Kaffeebohnen werden vorab grob vom Fruchtfleisch der Kaffeekirsche getrennt. Die rohe Kaffeebohne soll nur noch von der Pergamenthaut und der Silberhaut umgeben sein. Danach kommt die Kaffeebohne in ein Wasserbad. Der Fermentierungsprozess startet dabei automatisch durch die im Kaffee enthaltenen Enzyme. Stunden später ist die Fermentation abgeschlossen. Die Kaffeebohnen werden abermals gewaschen und anschließend getrocknet. Danach sind die Bohnen bereit für die Röstung. Der gesamte Prozess ist mit einigem Aufwand verbunden. Zunächst wird genügend Wasser benötigt, was deutlich teurer und in einigen Anbauregionen nicht im Übermaß verfügbar ist. Außerdem bedarf es einer Überwachung, damit es nicht zu einer Überfermentierung kommt, was fauliges Wasser und eine stinkende Bohne zur Folge hat. Dennoch lohnt sich der Aufwand. Denn die Fermentation findet sowohl außerhalb als auch innerhalb der Kaffeebohne statt, was sich im Geschmack des Kaffees bemerkbar macht.

Soweit das kleine Kaffee-Einmaleins. Torsten Vogel wusste aber noch weitaus mehr Interessantes zu berichten. Zum Beispiel, dass zwischen Arabica – und Robusta-Kaffee unterschieden wird. Der Arabica-Kaffee wächst im Hochland von Südamerika in einer Höhe von 800 Meter aufwärts. Er enthält mehr Aromen, weniger Koffein und muss auf Grund der Höhe von Hand geerntet werden. Robusta hingegen wächst nicht in der Höhe, wird maschinell geerntet, enthält mehr Koffein und weniger Aromen. Eine Kaffeepflanze benötigt zehn Jahre, bis ihre Früchte geerntet werden können. Etwa 30 Jahre lang können danach die Kirschen vom Kaffeestrauch geerntet werden. Diese Tatsache wird interessant, wenn man den Blick in die Vergangenheit richtete, wie Torsten Vogel deutlich macht. Die DDR bezog ihren Kaffee aus Kuba. Nur leider war es viel zu wenig. Größter Kaffeeexporteur ist nach wie vor Brasilien (Arabica). Auf dem zweiten Platz steht Vietnam (Robusta). Vietnam? Ja genau. Schuld daran ist, wenn man so will, Erich Honecker. Da von Kuba zu wenig Kaffee kam, so Torsten Vogel, musste eine Lösung her. Vietnam wurde dafür auserkoren. Ende der 70er Jahre ging es in dem asiatischen Land damit los, weiß der Experte zu berichten. Es wurden Kaffeeplantagen angelegt. Da der Kaffee jedoch, wie schon erwähnt, zehn Jahre bis zur Erntereife braucht, kam die Wende dazwischen. Nunmehr hatte Vietnam das Problem, seinen Robusta-Kaffee abzusetzen. Das gelingt nur über den Preis.

Viel mehr gäbe es noch über die Kaffeerösterei Hannemann und die Wissenschaft „Kaffee“ zu berichten. Zum Beispiel dass das Ehepaar Fuchs / Vogel eigentlich ganz andere Berufe erlernt hat. Antje Fuchs ist gelernte Brau- und Mälzerin, arbeitete in der Köthener Brauerei und danach im Einzelhandel, zuletzt in Moskau. Torsten Vogel hingegen ist gelernter Funk- und Fernmeldemechaniker. Anfang der 90er Jahre eröffnete er ein CD- und Schallplattengeschäft und war als DJ unterwegs. Zum Kaffee kamen beiden 2009 im Sommer in Kühlungsborn, als alle Urlauber am Strand lagen, sie jedoch nachmittags an einem Schaurösten teilnahmen, weil ihnen der herkömmliche Kaffee nicht schmeckte. Nach dieser Veranstaltung stand für beide fest: Das machen wir! Wir wollen in Köthen probieren, mit dem Kaffeerösten uns zu etablieren. Lehrgänge wurden besucht und anschließend mit einem kleinen aber feinen Landen in der Köthener Ölmühlenstraße gestartet. Jetzt befindet sich ihr Geschäft in der Fußgängerzone Schalaunische Straße und sieben weitere Mitarbeiterinnen sorgen dafür, dass die Kunden zufrieden aus dem überaus geschmackvoll eingerichteten Geschäft mit vielen tollen außergewöhnlichen Produkten auch außerhalb des vielfältigen Kaffeesortiments nach Hause gehen.

Ein tolles Unternehmenskonzept!