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Informations- und Amtsblatt des LK Anhalt-Bitterfeld
Ausgabe 21/2024
Leben und Gesundheit
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Innovative Medizin - Mit Schafsmagen Amputation vermeiden

Am Goitzsche Klinikum in Bitterfeld werden Zellstrukturen aus dem Schafsmagen genutzt, um offene Wunden zu behandeln. Durch dieses innovative Therapieverfahren lassen sich Amputationen vermeiden.

Offene Wunden entstehen häufig als Folge von Verbrennungen oder durch eine längere, einseitige Belastung des Körpers, beispielsweise bei Menschen, die in ihrer Mobilität stark eingeschränkt sind. Auch bei Diabetikern kann eine mangelhafte Durchblutung der Beine und besonders der Füße dazu führen, dass Gewebe abstirbt. Bei chronischen offenen Wunden ist die Hautstruktur großflächig zerstört, Knochen und Sehnen liegen frei.

Heilung aus dem Vormagen

„Das Problem bei diesen Wunden ist immer der Ersatz der Haut“, erklärt Dr. Ulrich Garlipp, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie. Körpereigenes Gewebe ist bei den meisten Patienten nicht in ausreichender Menge vorhanden. Bei einem künstlichen Gewebsersatz aus Kunststoff besteht die Gefahr einer Infektion. „In der Vergangenheit waren die Möglichkeiten begrenzt“, so Dr. Garlipp. „Oftmals musste eine Amputation des Unterschenkels oder sogar des Oberschenkels erfolgen.“

Inzwischen wird tierisches Gewebe genutzt, um die Regeneration der Haut auf offenen Wunden anzuregen. Diese biologischen Implantate stammen von Tieren, deren Gewebestruktur jener der menschlichen Haut besonders ähnlich ist. Dazu zählen neben Schwein und Dorsch

auch das Schaf. Aus dem Gewebe des Vormagens dieses Tiers wird eine Art dünnes Netz präpariert, das über die Wunde gelegt wird. Diese nur 0,3 Millimeter dünne Hülle regt das natürliche Wachstum der Haut an. Dadurch kann sich die Wunde verschließen.

Umfassendes Expertennetzwerk nötig

Was in der Theorie einfach klingt, gestaltet sich in der Praxis sehr aufwendig, immerhin muss vor dem Einsatz des Präparats die Wunde gründlich gereinigt und vollständig von abgestorbenen Hautresten befreit werden. Auch die Durchblutung muss wiederhergestellt werden, in vielen Fällen durch einen Gefäßersatz. Im Anschluss an die Operation ist eine engmaschige Kontrolle des Transplantats erforderlich, um die Heilung abzusichern.

„Dieser Prozess fordert viel Zeit und Geduld, ist aber sehr lohnenswert“, so Dr. Garlipp. „Immerhin kann dem Patienten das Bein erhalten bleiben.“ Dass solche komplexen und hochspezialisierten Eingriffe am Goitzsche Klinikum überhaupt möglich sind, liegt an dem Expertennetzwerk, das hier in den vergangenen Jahren aufgebaut

wurde. „Wir führen das landesweit einzige Zentrum für die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms und gewährleisten eine Behandlung auf hohem Niveau durch eine eingespielte Zusammenarbeit von Angiologen und Gefäßchirurgen“, so Dr. Garlipp. „Gemeinsam mit den Goitzsche Praxen können wir von der Diagnose bis zur Nachsorge eine umfassende Behandlung unserer Patienten absichern.“