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Bergstadtecho Brand-Erbisdorf
Ausgabe 10/2023
Leitartikel
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Aus Sicht des OB

Bei uns in Sachsen stehen 2024 wichtige Wahlen an: (1) im Juni sind die beiden Ortschaftsräte von St. Michaelis/Linda/Himmelsfürst sowie von Langenau/Oberreichenbach/Gränitz, der Stadtrat BED und der Kreistag Mittelsachsen als Kommunalgremien sowie das Europaparlament im französischen Straßburg neu zu besetzen und (2) Anfang September wird der Sächsische Landtag 2024 bis 2029 gewählt.

Den mächtig-gewaltigen Vorgeschmack zur landespolitischen Meinung in Bayern und Hessen bekamen wir zur Monatsmitte. Dort leben immerhin fast 20 Mio. Menschen, nahezu ein Viertel der Gesamtbevölkerung der BRD! CSU/CDU, AfD und Freie Wähler interpretierten jeweils ihre Wahlsiege auf unterschiedlichem Niveau. Die bundespolitische Ampel flackert rot-gelb-grün nicht immer glücklich aus der Ferne übers Land. Ob das noch tiefer in die Kommunalfläche strahlt, das haben wir selbst mit unserer Wahl 2024 „hier unten“ in der Hand!

Wir Menschen sind verschieden; das ist im Grunde gut. Allzu gern mögen wir seit Kindertagen auch Spiele spielen. Auch das ist gut, weil wir miteinander lernen, Regeln zu akzeptieren! Doch keineswegs ist das Leben ein Kinderspiel. Die einen kümmern sich um sich selbst, die anderen auch um Andere. Beides ist wichtig. Einzelne übernehmen Verantwortung und sind rührig: bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt sind dafür Tätigkeitsfelder von schier unendlicher Weite. Dazu zählen natürlich auch die Volksvertreter in Städten, Gemeinden und auf Ebene der Landkreise.

Wer an den Dingen der Stadt keinen Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger“, formulierte einmal – fernab von uns – der Athener Perikles in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts vor Christus. Wiederum gibt es heutzutage viele Varianten für die unmittelbare Anteilnahme: eben das eigene Engagement von A bis Z. Jedoch allein „Meckern & Nörgeln“ sind für mich persönlich dabei keinerlei Option!

Insofern ist speziell der Stadtrat BED (bestehend aus 23 Ratsmitgliedern) ein elementares Gremium zur Mitbestimmung für unsere Bergstadt für die Legislaturperiode von je 5 Jahren.

Seit der Wiedervereinigung (mit sodann neuen Demokratie-Regeln!) ist mittlerweile das hohe Haus für Brand-Erbisdorf über fast sieben Wahlperioden ein gestandenes Konstrukt, welches von der Aktivität, der Beharrlichkeit, dem Ideenreichtum, aber auch dem Mut, mitunter der Spontaneität, der Vitalität und der Zuversicht seiner Volksvertreter geprägt war und ist. Allein seit 1990 waren im Brand-Erbisdorfer Stadtrat insgesamt mehr als 150 Mandatssitze zu besetzen. Parteien und Wählervereinigungen wie AUW/Freie Wähler, Bürgerinnen für BED, CDU, FDP, Haus & Grund, DIE LINKE, SPD undUWG brachten sich über Jahre aktiv ein. Und immer waren bzw. sind es handelnde Personen, die dieses Schicksal erhöhter Verantwortung auf sich geladen hatten, Hut ab!

Daneben existierten zahlreiche Ausschüsse beschließender Natur (Verwaltungs- und Finanzfragen, Technik und Abwasser) und beratender Art (Kultur, Sport und Soziales). Zusätzlich erfordern die Gremien der Gesellschaftervertretungen für die Wohnungsgesellschaft BED sowie für Energie, Wirtschaft und Infrastruktur (KEB mbH und Elite Gewerbepark GmbH) die Mitarbeit der Stadträtinnen und Stadträte entsprechend der Mitbestimmungsanteile je nach Wahlergebnis von Periode zu Periode. Es ist also stets ein ordentliches Pensum für alle Gewählt*innen (so schlimm kann´s aussehen!).

Was mich seit geraumer Zeit nachdenklich macht ist folgende Tatsache: in der aktuellen Legislatur (Wahlperiode 2019 bis 2024) hatte der Stadtrat Brand-Erbisdorf neben mir als Oberbürgermeister gemäß gültiger Hauptsatzung aus 22 Stadträtinnen und Stadträten zu bestehen. Soviel waren wir denn auch im August 2019, hurra!

Die Zeit trennt Menschen: zwei Ratsmitglieder (Steffen Andreas/Elena Del Negro) schieden aus persönlichen Gründen bereits im Frühjahr/Sommer 2020 aus und konnten zum Glück durch die CDU-Fraktion nachbesetzt werden. Mitte 2021 wiederum wurde vom Rat das Ausscheiden einer Stadträtin (Anke Frahs) bestätigt, ohne Nachbesetzung in Ermangelung von Ersatzkandidaturen seitens der Freien Wähler, schade (minus 1). Als zum Jahresende 2022 ein weiteres Ratsmitglied der CDU-Fraktion (Jürgen Kuczynski) aus Altersgründen ausschied hieß es: minus 2! Zwischenzeitlich waren mit den Herren Dieter Grimmer und Wolfgang Franke zwei langjährig Ehrenamtliche verstorben, die den Stadtrat bis zuletzt als Sachkundiger Bürger bzw. als Ortsvorsteher begleiteten, Abschied tut weh. Auf den tragischen Tod von Stadtrat Mirko Thiele im Januar 2023 folgte die noch einzig mögliche Nachbesetzung aus der LINKEN-Fraktion mit Judith Mende, prima. Dass jüngst im Oktober 2023 auch noch Ratsmitglied Frank Gleißner aus der CDU-Fraktion (ohne Ersatz) ausscheidet, ist seinem wahrlich respektablen Grund geschuldet, weit mehr als zehn Jahre selbst aufopferungsvoll Ehrenämter bekleidet zu haben. Das müssen andere erstmal schaffen, dankesehr. Trotzdem in meiner Rechnung: minus 3.

Insofern hat unser Stadtrat aktuell nur 19 (!) Rätinnen und Räte auf dessen Sitzordnung im Stadtsaal – entgegen der ursprünglichen Zusammensetzung aus 22. Alle verfügbaren Ersatzkandidaten wurden seit dem Wahljahr 2019 eingesetzt. Nie zuvor war der Schwund innerhalb von fünf Jahren so hoch, sehr betrüblich!

Achtung: per Beschluss zur Neufassung der Hauptsatzung im September 2023 wurde vom Gremium trotzdem festgelegt, dass auch künftig der Stadtrat in Summe aus 23 Personen (also 22 Ratsmitgliedern plus OB) zu bestehen habe. Also gilt dies natürlich für die kommende Wahl im Juni 2024. Dieser klare Auftrag treibt mich um und macht mir gehörig (positiven) Druck! Deshalb schreibe ich diese Zeilen bereits jetzt.

Fast nebenbei: besagte Neufassung ändert die Hauptsatzung von Brand-Erbisdorf dennoch in wenigen, aber wesentlichen Punkten, bspw. die Zusammenlegung von Betriebsausschuss (BA) und Technischem Ausschuss (TA) zum Betriebs- und Technikausschuss (BTA), die Ausweitung der Entscheidungskompetenz beschließender Ausschüsse bei einer Mittelverwendung bereits ab 20.000 €, bei über- und außerplanmäßigen Aufwendungen im Einzelfall bereits ab 2.000 € sowie die Stellvertreterfrage. Ab Sommer 2024 bestellt der Stadtrat aus seiner Mitte einen oder mehrere Stellvertreter des OB für die Leitung von Sitzungen und die Repräsentation der Stadt. Für die Stellvertretung bei Verhinderung des Stadtoberhaupts im Übrigen bestellt dieses im Einvernehmen mit dem Stadtrat zudem einen oder mehrere Bedienstete zur Erledigung der laufenden Verwaltungsgeschäfte. Der grundsätzliche Tenor, Repräsentation und Verwaltungsaufgaben voneinander getrennt zu verteilen, entspricht dem vorab gemeinsam erarbeiteten Vorschlag aller Fraktionen! Aus dieser Sicht ist die leider auch medial verbreitete Darstellung, ebenjene Stellvertreter-Regelung sei „kein Paradebeispiel für Demokratie“ nicht nachvollziehbar und den Akteuren gegenüber ungerecht.

Was macht nunmehr 2024 so speziell?! Neben den politischen Groß-Schwingungen im Bund in die Länder hinein (die nicht zu werten hier mein Sinn steht), brauchen wir gerade in Brand-Erbisdorf weiterhin aufrichtige Menschen mit Hand & Herz, Kopf & Gesicht, diefür unseren gemeinsamen Wohn- und Wirtschaftsort gemeinschaftlich streiten. Auch Betriebe und Gewerbetreibende haben Unterstützung nötig, um durchzuhalten und/oder neue Perspektiven zu entwickeln. Das nebulöse „Meer an Fachkräften“ macht uns durchaus unsicher; es braucht ein „Mehr an Kompetenz“ und Verantwortungsträgern. Dabei sind wir Mittelsachsen weltoffen und tolerant.

Machen Sie mit! Überlegen Sie (jetzt schon in der Sache für sich persönlich!)und sowohl mit innerer Ruhe als auch mit strategischem Vorausblick, ob/dass Sie sich eigens für ein Mandat des Stadtrates oder für eines der beiden Ortschaftsräte 2024 interessieren (könnten). Trauen Sie sich. Kontaktieren Sie dazu gelegentlich die ehrenamtlichen Damen und Herren des derzeitigen Brand-Erbisdorfer Stadtrates oder gern auch mich als parteineutrale und verschwiegene Amtsperson.

Mein herzliches Glückauf!

Dr. Martin Antonow
Oberbürgermeister