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Bergstadtecho Brand-Erbisdorf
Ausgabe 2/2024
Leitartikel
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Aus Sicht des OB

Der Stadtkern von Brand-Erbisdorf, Foto 2013

Bild: photo personelle, M. Rüger

Bebauung an der B 101 und entlang Stadtgutweg

Das Feuerwehrgerätehaus am Turnerplatz, im Hintergrund unser Museum "Huthaus Einigkeit"

Die Haldenmauer des Erasmusschachtes

Im noch jungen Jahr ist manches von früher (teilweise) noch offen, zum Beispiel die Sanierungsbeträge im Stadtkern BED! Mit der baulichen Erneuerung des Zentrums war dieses Thema seit 1993 per Ratsbeschluss fixiert, zwischendurch aber fast vergessen und doch in den Jahren 2010/11 vehement diskutiert. Sodann kehrte neuerliche Ruhe ein. Hier und da wurde weiter saniert, bereinigt oder investiert (bspw. anstelle des maroden Marktkaufhauses oder der Alten Keksfabrik) bis schließlich im Februar 2020 das Sanierungsverfahren im damals festgelegten Gebiet sein formales Ende fand, wiederum per Beschluss unseres Stadtrates.

Wir schreiben 2024 - gut 30 Jahre Stadtumbau und bauliche Aufwertung haben grundsätzlich markante Spuren hinterlassen. Mithin wurden über einhundert Einzelmaßnahmen (Abriss, Sanierung, Neubau) seit Beginn realisiert. Das betonen mir gegenüber zahlreiche Gäste unserer Bergstadt: es ist hier sauber und aufgeräumt, klasse Winterdienst, das Erzengler Bad sucht seinesgleichen - überall gibt es schöne Häuschen, Grünanlagen und Sitzecken zum Verweilen; hier ist Ruhe zum Leben… und alles so nah beieinander!

Leider ist zwar doch wohl nicht alles bestens, weil der Verkehr nervt, zentrale Straßen und Wege teils löchrig sind, es früher viel mehr Gaststätten gab und heute nicht mal mehr ein Kino bei uns öffnet von einem Theater oder einem Krankenhaus ganz zu schweigen. Solche Lebensfaktoren – bspw. die Kultur und der öffentliche Nahverkehr – sind wichtig und deshalb bin ich froh und dankbar, dass unser Großes Nachbar-Freiberg manche dieser Bedürfnisse auch für uns bedient. Auch dafür zahlen wir die sog. Kreisumlage mit aktuell 3,8 Mio. Euro jährlich.

Unabhängig davon wurde bei uns in der Bergstadt Brand-Erbisdorf nach der politischen Wende mit dem Programm „Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen“ (SEP) umfangreich Fördergeld eingesetzt für den städtischen Gemeinbedarf bzw. bei Antragsgenehmigung speziell für private Eigentümer.

Im Ergebnis wurde eine Wertsteigerung für Grundstücke im förmlich festgelegten Stadtkerngebiet gutachterlich ermittelt für fünf Wertzonen mit der „Orientierungswert-Bandbreite“ von null bis fünf Euro je Quadratmeter Grundstücksfläche. Genau wegen dieser Wertsteigerung sieht das Baugesetz gemäß §§ 154, 155 vor, dass private Nutznießer den jeweils ermittelten Sanierungsbetrag an die Kommune zahlen. Schließlich ist die Stadt an der Finanzierung der letztlich eingesetzten fast zehn Mio. Euro maßgeblich im öffentlichen Interesse aller hier Lebenden mittels ordentlicher Stadtplanung beteiligt gewesen. Jene damals einsetzende und bis heute durchgreifende merkantile Wertsteigerung der in positiver Weise betroffenen Grundstücke begegnet dem ansonsten ebenfalls nachvollziehbaren Verfall (gerade auch des Preises) ohne Sanierung, selbst wenn diese mittlerweile 30, 20 oder nur 10 Jahre zurückliegt. Fazit: die Wertsteigerung mittels Stadtkernsanierungsförderung paust sich über Jahr(zehnt)e durch.

Dankbar erinnere ich an die per Baugesetz möglichen und bislang freiwillig erfolgten Zahlungen „rabattierter“ vorzeitiger Beträge von über 100 Eigentümerschaften bei uns im Stadtkern (das war auch nicht leicht!). So geschah jene Zahlung jeweils mit einem Pauschalsatz in Höhe von 2,80 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2012. Das Sanierungsverfahren wurde letztlich 2020 abgeschlossen, damit kommt die Zeit der finanziellen Begleichung! Jetzt Anfang Januar ergingen also 215 Anhörungsschreiben an all jene Grundstückseigentümer/innen im Stadtkern BED, deren Ablösebeträge noch ausstehen. Fast 60 Reaktionen gab es – von durchaus Verständnis bis hin zur kategorischen Ablehnung. Der Bogen umspannte die persönlich durchaus recht teuren Aufwendungen fürs jeweils eigene Haus (aber nunmal doch in fremdfinanzierter Umgebung!) bis zum Vorwurf gegenüber mir als OB, für den aktuell diskutierten Niedergang der mittelständigen Wirtschaft verantwortlich zu sein.

Dem frustvollen Ärger am System dieser Betragserhebung generell können wir als Kommunalbehörde auf niedrigster Ebene jedoch nicht abhelfen und haben deshalb auf derartige Einlassungen nicht gesondert reagiert. Mein Artikel möge diesbezüglich bitte an alle jene Beschwerdeführer/innen somit hinreichende Ansage und Erklärung sein. Verwaltungsseitig brachten wir jedoch viel Zeit für (er)klärende Gespräche und die Berücksichtigung inhaltlich-sachlicher Argumente auf. Danke für die Gespräche samt Einsicht(en).

Insofern ergingen schließlich Mitte Februar 2024 sämtliche Zahlungs-Bescheide zur Erhebung noch offener Sanierungsbeträge – getragen auch von meinem Gedanken der geduldigen und hartnäckigen Abarbeitung/Bewältigung dieser recht unbequemen Pflichtaufgabe Ihrer Stadtverwaltung. Härtefälle werden bei Bedarf gern nach individueller Absprache, u. a. per erträglicher Ratenvereinbarung, miteinander gelöst, keine Bange!

Herzliches Glück auf!

Dr. Martin Antonow
Oberbürgermeister