Geburtenzahlen 2015 bis 2024 für BED
Kinderbetreuung ist bedeutend, weil wichtig. Sie macht Freude und viel Arbeit. Vier freie Trägerorganisationen (AWO, DRK, Lebenshilfe und Kinderland Sachsen e.V.) sorgen in sieben Einrichtungen in Brand-Erbisdorf engagiert mit viel Herz, Hand und Sachverstand dafür, dass es den Kindern in den Krippen, Kindergärten sowie Horten richtig gut geht. Dafür gebührender Dank!
Kinderbetreuung ist brisant wenn sie fehlt oder wegfallen soll. Letzteres sorgt für Unmut und Protest aus aktuellem Anlass: Kita „Kinderland“ schließt zum Jahresende 2025. Dieses Ansinnen besteht seitens der Verwaltung und es konnte Einvernehmen mit der Geschäftsleitung der AWO erzielt werden. Ende Januar informierte ich darüber die betroffenen Eltern und parallel dazu den Stadtrat. Alle waren überrascht; es war, ist und bleibt emotional.
Unter welchen Umständen kam es zu dieser Überlegung?
1. Rückläufige Geburtenzahlen in den letzten zehn Jahren auch in BED. Gab es 2015 noch 88 Geburten, so waren es im letzten Jahr 2024 ganze 38 (siehe Diagramm). Dieser Abwärtstrend geht zwar nicht ewig; er wird hoffentlich bald abflachen, was die Kinderzahlen sodann auf niedrigem Niveau stabilisieren wird.
2. Die Kosten zur Kinderbetreuung teilen sich das Land Sachsen, die Stadt und die Eltern. Beim jeweiligen Träger verbleibt ein angemessener Eigenanteil gemäß § 16 des Sächsischen Kindertagesstättengesetzes. Keineswegs vorwurfsvoll, sondern rein feststellend: die Kosten steigen nicht allein wegen der Inflation, sondern auch durch geringere Auslastung, steigende Löhne und höhere Sachkosten sowie per höherem Betreuungsschlüssel. Die Stadt Brand-Erbisdorf hat enorme Kosten für die Kinderbetreuung zu decken, muss diese künftig abwägen und möglichst dauerhaft stabilisieren. Wir können und wollen uns keine fast nur halb belegten Häuser leisten! Immerhin zahlte BED in 2024 insgesamt stattliche 2,1 Mio. EUR für die Kinderbetreuung, was die Träger auch wirklich verdient haben. Allein, dass sich unser Freistaat noch immer nicht zum „Kita-Moratorium Sachsen“ positioniert hat, wie er den künftigen Herausforderungen im Kita-Bereich begegnen kann oder will, sorgt auf kommunaler Ebene eben leider nicht für (Planungs-)Sicherheit.
3. Die Kita-Auslastung verändert sich hierzulande im Grunde monatlich. Von Jahr zu Jahr jedoch nimmt sie – einhergehend mit den Geburtenzahlen – dauerhaft ab. Zwischen den Einrichtungen bestehen unterschiedliche Auslastungsgrade bezogen auf die jeweilige Betriebserlaubnis. Beim „Hort am Haasenweg“ und den „Langenauer Spatzen“ belegen 281 Kinder die insgesamt verfügbaren 295 Plätze (ca. 95 % Auslastung). Fast zu zwei Dritteln (64 %) ist die Kita „Mischka“ ausgelastet, die für über 200 Kinder ausgelegt ist. Bei den weiteren vier Kitas „Buratino“, „Kinderland“, „Sonnenglanz“ sowie „Sonnenland“ liegt die Auslastung nur zwischen 53 und 57 %, gemittelt also bei 55 %. Diese Angaben spiegeln den Stand per 31.12.2024 wider. Erfahrungsgemäß wird es nun auch Ende August zum Schuljahresbeginn 2025/25 wieder einen erheblichen „Ruck nach unten“ geben!
4. Mit mehr als 850 Kita-Betreuungsplätzen hält Brand-Erbisdorf ein deutliches Überangebot vor - bei gleichzeitig weniger Geburten sowie weit weniger Platzanfragen aus umliegenden Gemeinden als früher. Das absehbar gesetzlich verbriefte Recht auf einen Kitaplatz erfüllen wir auch in Zukunft umfassend; die Betreuung aller Kinder wird im Stadtgebiet gewährleistet. Wird also nunmehr die Kita „Kinderland“ geschlossen, so verteilen sich bereits rein rechnerisch die dort aktuell betreuten rd. 50 Kinder (hoffentlich!) problemlos auf Einrichtungen bei uns in BED, da zumindest drei davon - abgesehen vom pädagogischen Konzept - rein örtlich recht nah dran liegen. Von den Trägern der anderen Einrichtungen gibt es mittlerweile Unterstützungsangebote. Trotzdem wären bei uns noch gut 150 Plätze frei, willkommen. Wiederum spielt der Auslastungsgrad bei anstehenden Entscheidungen zur künftigen Haushaltplanung bis 2030 eine starke Rolle, damit die Finanzkraft unserer Bergstadt nicht auf Dauer gefährdet wird.
Warum nun soll ausgerechnet die Kita „Kinderland“ schließen?! Neben der niedrigen Auslastung ist es speziell deren Lage inmitten des Külzgebietes. Hinzu kommt die Existenz einer Kindertagesstätte in unmittelbarer Nachbarschaft (rd. 300 m Luftlinie), deren Kapazität bedeutend für die Stadt bzw. das Wohngebiet ist. Die „Mischka“ als große Einrichtung „vom Markt zu nehmen“ wäre siedlungspolitisch wie wirtschaftlich betrachtet schlicht fahrlässiger Unsinn.
Da unser Külzgebiet durch gezielte Stadtentwicklung aufgewertet werden soll und muss, sucht die Stadt dort eine geeignete Immobilie (möglichst im eigenen Eigentum). Insofern bietet es sich an, das gute alte Kinderland-Objekt bald einer wirklich neuen Bedeutung für alle Generationen zur Verfügung zu stellen. Demnach wäre die Schaffung eines zentralen soziokulturellen Treffpunkts/Quartiersmanagement („Külztreff“) eine Chance zur sinnvollen Nachnutzung. Wohlgemerkt: die AWO ist bezüglich des Quartiersmanagements ein ausgewiesener Träger und betreibt bereits Quartierstreffpunkte im Freiberger Stadtgebiet Seilerberg und im Flöhaer Stadtgebiet Sattelgut – beliebte Anlaufstellen für Jung und Alt für Hilfe bei Problemen und zum gemütlichen Beisammensein.
Nach Anpassungsarbeiten bzw. Umbau (gern auch unter Nutzung von Fördermitteln des Freistaates Sachsen!) soll also aus diesem Traditions-Objekt Objekt in der Dr.-Wilhelm-Külz-Straße 16a eine Art generationsübergreifendes Begegnungszentrum werden. Das Außengelände ist dafür bestens geeignet. Soziale Arbeit und Betreuung im Familienzentrum ab Herbst 2026 mit Betreuungs- Bildungs-, Kultur- und Veranstaltungsangeboten unterschiedlicher Anbieter und Träger. Es soll zugleich ein Anlaufpunkt für alle hilfsbedürftigen und hilfsbereiten Bürgerinnen und Bürger aller Generationen geschaffen werden. Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig zusammenzukommen und Einsamkeit vorzubeugen. Diesbezüglich hatte sich der Brand-Erbisdorfer Stadtrat bereits 2015 einstimmig dafür ausgesprochen und seither einen „Külztreff“ zum städtebaulichen Programmziel erklärt.
Und ganz ehrlich: dafür war mal bis vor kurzem die alte Edeka-Kaufhalle vorgesehen, doch eine solche Investition (Ende Herbst 2024 rechneten Fachplaner uns über 1,5 Mio. EUR vor!) ist aktuell und künftig absehbar für die Stadt gar nicht zu stemmen. Auch diese späte Erkenntnis bringt Dynamik in die Sache.
Aufgemerkt: noch sind nicht alle Entscheidungen getroffen! Bislang vermittelte ich lediglich dazu offensiv den Standpunkt der Verwaltung und meinen eigenen, was sich zwar erst im letzten Dezember herauskristallisierte und zugleich die sorgenvollen Zukunftsgedanken der AWO-Geschäftsführung „abholte“. Es ist nunmal ein unbequemer und keineswegs leichter Weg, zumal es bereits (wie ich nachträglich erfuhr, leider) seit einiger Zeit gerüchteweise rumort hat. Mir war es wiederum sehr wichtig, dazu persönlich und gemeinsam mit den Trägerverantwortlichen die betroffene Belegschaft auf Augenhöhe zu informieren. Allerdings gelten natürlich klare Zuständigkeiten in unserer Bergstadt: einst am 14. Juli 1993 beschloss die damalige Stadtverordnetenversammlung u. a. die Übergabe des Kindergartens von der kommunalen Trägerschaft in die der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Freiberg/Brand-Erbisdorf e.V. (im Mai 1993 beschloss das Gremium jedoch auch die Schließung der Tageskrippe III am Anton-Günter-Steig 6a). Daher bedarf es in dieser Sache selbstverständlich der Entscheidung des Stadtrates, der die Unternehmung AWO-Kita vor fast 32 Jahren ermöglicht hatte.
In der kommenden Zeit wird dazu im Stadtrat sicherlich intensiv diskutiert. Auch die Tatsache, dass nicht gut ausgelastete Kitas zu steigenden Elternbeiträgen führen. Mein Ziel ist es bis Mitte des Jahres Klarheit in der Angelegenheit zu haben. Klarheit für die Eltern und auch für alle Träger, denn weitere Einrichtungen stehen aktuell nicht zur Schließung an! Auch wenn eine Schließung immer schmerzt – gern gibt die Stadt BED weiterhin ordentlich Geld für ihre Kita-Landschaft aus! Mögen die Kinder auch in Zukunft hier betreut werden. An einem Elternabend im AWO-Kinderland Anfang März werde ich selbst gern teilnehmen. Bis dahin werde ich mich auch zu Fragen positionieren, die über engagierte Eltern an mich herangetragen worden sind, bspw. individuelle Betreuungszeit in der Früh oder auch das Fortbestehen einer „verkleinerten“ Kita im Kinderland?!
Wichtig! Auch wenn jetzt vielleicht Enttäuschung oder gar Unsicherheit überwiegen: die allgemeine (und auch meine persönliche) Dankbarkeit über die Arbeit des AWO-Kollektivs bleibt!
Ich bin mir gewiss, dass die Geschäftsführung des AWO Kreisverbandes Freiberg e.V. in allernächster Zeit die zahlreich notwendigen Schritte zu einer geordneten Lösung für möglichst alle Betroffenen und Beteiligten (Stadtrat, Eltern, Kinder und Personal) diskutieren, finden und gehen wird. Dafür alles Gute!
Veränderung ist stets Fluch und Chance zugleich, auf Ihr Verständnis kann ich nur hoffen. Und das genau tue ich und verbleibe herzlichst als Ihr Oberbürgermeister mit
Glück Auf!