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Bergstadtecho Brand-Erbisdorf
Ausgabe 7/2023
Leitartikel
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Aus Sicht des OB

Heimat bleibt immer Heimat. Aber auch Urlaub - wohlverdient, weil hart erarbeitet - fühlt sich meist gern heimisch an. In diesem Sommer gilt es aufs Neue spezielle Reisemomente für sich und andere zu finden, nach der Pandemiepause gar unbegrenzt zu sein.

Die üblichen Fragen sind: Was gibt es woanders zu sehen/zu erleben? Spielt das Wetter mit? Wie werden Service, Unterkunft und Verpflegung sein? Brauche ich ein Auto, Taxi, Bus oder die (Berg-)Bahn? Bin ich grundlegend frei in meinem Tun im eigens gewählten Urlaub?!

Persönlich ist es für mich immer Stress im Reise-Vorfeld, weil ja alles noch irgendwie schnell geschafft sein soll und bei Wiederankunft sich sooo… viel angesammelt hat! Zugleich erlebe ich solche Phasen des Urlaubs oder des Unterwegs-Seins mit Demut und Dankbarkeit in der Erinnerung seit meiner Jugend als bisherige Zeitreise:

Der Alpenraum zwischen Dolomiten und Zillertal: erst sanftmütige, dann steile Anstiege auf Berghöhen von zwei- bis dreitausend Höhenmeter. Ob nun in Österreich oder Südtirol haben Burgen und Schlösser ihren Platz seit Jahrhunderten. Alles pulsiert mit der Landwirtschaft, der Wirtschaft und den Leuten, die es bis heute auf sich nehmen dort zu leben; Hut ab!

Das Alte Ägypten ist geprägt vom ewigen Nilstrom und der stoischen Ruhe dortiger Anwohner. Felder bestellen und Ernte einbringen, Handel treiben und Feste zelebrieren, Pyramiden und Tempelstätten sanieren. Mit kleiner Kreuzfahrt durchlebte ich intensiv diesen bunten Teil des nördlichen Afrikas.

Das Arktische Eis (Grönland, Island und Jakutien) beherrscht das Nordpolarmeer. Der Aufbruch russischer Flüsse im Juni sowie die raue Laptevsee im Sommer sind spektakulär. Für die mitteleuropäische Wahrnehmung zwar ganz still, doch für mein Gemüt recht bewegend wegen dortiger Lebensenergie - trotz der tristen kalten Welt aus Weiß und Grau.

Die Halbinsel des Balkan reicht u. a. von Kroation und Serbien über Rumänien und Bulgarien bis zur westlichen Türkei. Griechische Tempel und römische Bäder sind genial konstruiert. Des Öfteren war ich dort und konnte nur staunen wie herzlich die Menschen dort sind und wie wenig sie dafür brauchen; gehen wir in uns!

In Deutschland bin ich privat oder berufsbedingt wohl am meisten unterwegs: Harz, Thüringen, Vogtland, Erzgebirge, Spreewald, Mecklenburg, Ostsee (speziell im Südostzipfel Rügens und nah bei Störtebeker), auch Eifel, Fränkische und Sächsische Schweiz. Überall ist deutsche Gastlichkeit mit Herz erlebbar. Damit das künftig bleibt, muss man ganz einfach immer mal wieder hin. Auch das ferne Saarland bietet charmant deftige Hausmannskost und viele Brücken nach Frankreich.

Die Mongolei ist entfesselte Landschaft, die sandig und bergig und frei genug ist, um nicht immer genau zu wissen wohin der Weg eigentlich geht. Als Überraschung sangen wir inmitten von Jurten der nördlichen Wüste Gobi unser erzgebirgisches „Steigerlied“; überwältigend.

Länder gen Osteuropa wie Tschechien, Slowakei und Ungarn boten uns herrliche Willkommenskultur, früher in Abhängigkeit mitgeführter Währung. Seit geraumer Weile entwickelt sich dort manches besser und schneller als bei uns (im „verkopften“ bundesdeutschen Planungs- und Bewilligungsland!). Polen hingegen – dynamisch, modern aufgestellt und unternehmerisch frisch – entdeckte ich selbst erst vor sechs Jahren und verlor umgehend all meine bisher angestauten Vorurteile, Respekt diesen Landstrichen ohne Wiedervereinigung…

Das einstige Russische Reich reichte (allein in seiner westlichen und südlichen Hälfte) über Moskau und St. Petersburg in die Ebenen zahlloser Zwiebeltürme orthodoxer Kirchen und dichter Birkenwälder entlang herrlicher Flüsse bis hinter Kiew. Letztlich forderte uns der Kaukasus mit dem Doppelgipfel des Elbrus (5.642 m) heraus, da dies (auch in Bergsteigerkreisen) als höchster Berg Europas gilt, gigantisch!

Ganz Skandinavien wirkt auf mich einerseits stets aufgeräumt, andererseits natürlich wild und voller Abenteuer. Berge und Meer, Fjorde und Schären, Bäche und Mücken(!), Flüsse und Seen zwischen Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland, einfach genial voll frischer Luft und zugleich atemberaubend. Beeindruckend auch, wie die Menschen mit der Dunkelheit übers Jahr zurecht kommen.

Die Exkursionen nach Übersee in Amerika waren kurz, aber intensiv: San Francisco, Denver, Death Valley, Colorado und San Diego boten herrliche Nationalparks, mitunter spezielle Leute, doch meist oberflächliche Ansichten. Das erlebte ich in den 1990ern, ob es wohl heute noch so ist?!

Ja, Heimat bleibt immer Heimat.

Doch auch Reisen ist immer ein Zugewinn! Ich persönlich behalte die bereisten Landschaften und dortige Begegnungen im Herzen. Und freue mich derer alle Zeit wieder.

In diesem Jahr ging es Anfang Juli erstmals nach Holland, zuvor durch das tiefenentspannte Münsterland entlang von Fachwerk und Klinker, Kanälen, Seen und Schlössern über Feld und Flur: Kirchturmspitzen schwankten dort wie Bojen über dem Meer aus Getreide und Mais… Es war schön und sicher – gerade mit dem Fahrrad; das Gute liegt so nah.

Allen, die sich in dieser Saison aufmachen, wünsche ich eine gute Reise!

Allen, die gern auch zuhause bleiben, wünsche ich ebenso eine glückliche Zeit.

Also allseits einen schönen Sommer 2023!

Oberbürgermeister Dr. Martin Antonow