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Amtsblatt der Stadt Bad Schmiedeberg
Ausgabe 6/2023
Aus den Ortschaften
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Als im Oktober 1990 die Wiedervereinigung Deutschlands vollzogen wurde, wurde der Kurbetrieb in Pretzsch eingestellt. Auf Initiative des letzten Geschäftsführers des Eisenmoorbades Pretzsch, Rolf Morgenstern, entstand aus der ehemaligen Kureinrichtung das Parkhotel. Am 19.10.1990 um 19.00 Uhr fand im Kulturhaus Pretzsch die Öffentliche Gründungsveranstaltung des Kur-, Fremdenverkehrs- und Heimatvereins Pretzsch Elbe statt. Vorsitzender wurde Rolf Morgenstern, Schriftführerin Anneliese Löwe und Kassiererin Brigitte Luderer.

Der Ausschuss verkündete: „Ab 1991 wird Pretzsch keine Kurgäste von den Versicherungsträgern bekommen. Wie uns von der Bezirksverwaltungsbehörde mitgeteilt wurde, bietet Pretzsch nicht die Voraussetzung, um Kuren durchzuführen. Kritisiert wurden die ungenügende Indikationsbreite, das Nichtvorhandensein eines Bettenhauses und ein ungenügendes Kurmilieu. Um diese Voraussetzungen zu erfüllen, benötigt unsere Stadt zwei bis drei Jahre. Ob Pretzsch wieder ein Kurort wird, hängt wesentlich von der Kraft unseres Stadtparlamentes ab. Des Weiteren können unsere Bürger einen großen Teil dazu beitragen, indem Ordnung und Sauberkeit in unserer Stadt Einzug hält. Pflanzschalen auf den Gehwegen, Blumenkästen in den Fenstern zur Straßenseite, dies würde ein großer Schritt in die richtige Richtung sein.“

Eine Moorbadgeschichte von Dorothea Frey 1956 (einer Pretzscherin) 3. Teil

Jung und frisch stand sie vor ihrem Ehemann, der keinen Blick von der übersprudelnden kleinen Frau in dem weiten duftigen Sommerkleid wenden konnte, da es ihm war, als würde sie ihm das erste Mal so reizvoll erscheinen. Voller Stolz stellte er sie seinen vielen neuen Bekannten vor, nicht ohne die bewundernden Blicke der Männer und die etwas neidvollen der Frauen und Mädchen zu bemerken. Ingeborg hatte erblassend dem Wiedersehen beigewohnt und hätte sich am liebsten davongeschlichen; doch die vielen auf sie gerichteten heimlichen, eine Szene erwartenden Blicke ließen sie Haltung bewahren, und mit einem krampfhaften Lächeln reichte auch sie der jungen Frau die Hand zum Gruß. Als sie dann zu dritt durch den schön angelegten Kurpark mit seinen alten Bäumen gingen, drückte er heimlich Ingeborgs Hand, die sich kalt, wie leblos anfasste. Einen kurzen Augenblick sah er ihr in die Augen, in welchen auch der Schleier verhaltener Tränen das Leid der entsagenden Liebe nicht zu verdecken vermochte, und Eugen hätte sonst etwas dafür gegeben, wenn er all das Geschehene hätte rückgängig machen können. Das Mienenspiel der beiden war der jungen Frau nicht entgangen, die mit ihrem hellen Sinn die Situation sofort erkannte. Die aufsteigende Erregung verbarg sie, indem sie nervös am Gürtel ihres Seidenkleides fingerte. Blitzschnell kreisten die Gedanken in dem Köpfchen mit der reizenden Lockenfrisur. Ihrem Temperament nach wäre sie am liebsten aufgefahren, um ihrem Ärger Luft zu machen. Aber, hatte ihr der Arzt nicht geraten, jede innerliche Aufregung zu vermeiden oder zu unterdrücken? Übelkeit befiel sie plötzlich und matt hing sie am Arm des Mannes, der sie sofort besorgt umfasste, um sie nach einer kurzen Verabschiedung von Ingeborg auf sein Zimmer zu bringen. Allmählich wich dort die Ermattung von ihr und das bleiche Gesicht überzog sich wieder mit einer zartrosa Farbe, über das ein glückliches Lächeln huschte, da sie die ängstliche Sorge ihres Mannes sah. Als sie sich aufrichtend beide Arme um seinen Hals legte, flüsterte sie ihm leise etwas ins Ohr und vor unaussprechlicher Freude küsste er immer und immer wieder ihre roten Lippen. Beide bauten sich dann die schönsten Luftschlösser, in welchem bald so ein kleines zappelndes Wesen die Hauptrolle spielen und als lebendiges Bindeglied ihre Ehe noch inniger verschmelzen würde. In dieser Stunde vergaßen sie die Welt um sich und auch das einsame Mädchen Ingeborg, das an die Beständigkeit einer Moorbadliebe geglaubt hatte.

Ilona Schönfelder,
Heimatmuseum Pretzsch