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Pließnitzkurier – Amtsblatt und Informationen der Stadt Bernstadt a. d. Eigen
Ausgabe 10/2023
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Liebe Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bernstadt

das landes- und bundespolitische Handeln hat zeitweilen direkten Einfluss auf das Leben vor Ort. Die eine oder andere Entscheidung wird sofort und unmittelbar spürbar. Andere Entscheidungen führen erst sehr viel später zu einem spürbaren Effekt. Im Großen und Ganzen hängen die meisten Entscheidungen mit finanziellen Mitteln zusammen. In den letzten Tagen und Wochen beschäftigte viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister eine Entscheidung des sächsischen Finanzministeriums. Hierbei ging es nur mittelbar um die Städte und Gemeinden im Landkreis Görlitz. Es ging um den Landkreis Görlitz selbst und dessen Doppelhaushalt für die 2023/2024. Eine Entscheidung ließ jedoch sehr lang auf sich warten. Bis Mitte Oktober gab es keine Information, ob der Landkreis Bedarfszuweisungen erhalten würde oder nicht. Bis dahin stieg der Kassenkredit auf ca. 90 Mio. € und somit war das Limit nahezu vollumfänglich ausgeschöpft. Dann kam das Signal, dass eine Bedarfszuweisung über 40 Mio. € vorgesehen ist. Mit diesem Schritt wird nun die neue Kreisumlage i.H.v. 36 % festgesetzt werden. Was im Vergleich zur jetzigen haushaltslosen Zeit Mehreinnahmen von rund 30 Mio. € bedeutet. Somit entsteht im Saldo noch immer eine Finanzlücke von ca. 15 - 20 Mio. € (Informationsstand 16.10.). Die kommunalen Körperschaften (Landkreise, Städte und Gemeinden) erfüllen zu einem nicht unwesentlichen Teil Pflichtaufgaben, welche mit oder ohne Weisung von Landes- bzw. Bundesebene übertragen werden. Hier müsste man also annehmen, dass diese auskömmlich, also aufgabengerecht ausfinanziert sind. Dies ist jedoch nicht der Fall. Beim Landkreis Görlitz betrifft dies im Wesentlichen die Sozialleistungen. Diese werden sich seit 2017 von rund 40 Mio. € bis ins Jahr 2024 auf über 80 Mio. € mehr als verdoppelt haben. Hier muss nachgesteuert werden und dies maßgeblich von gesetzgebender Seite. Die Städte und Gemeinden betrifft ein solcher Sachverhalt beispielsweise beim Ausgleich der KiTa-Gebühren. Hier soll eigentlich eine Drittelung der Kosten zwischen Eltern, Kommune und Freistaat erfolgen. Den Löwenanteil tragen jedoch zumeist die Städte und Gemeinden sowie die Eltern. Eine dynamisierte Anteilsfinanzierung durch den Freistaat bleibt aus oder kommt äußerst zeitverzögert. In unserer Stadt hat sich der Stadtrat zu einer moderaten Erhöhung im Bereich der Krippen-Gebühren entschieden. Dies mit der Voraussicht, dass bei steigenden Betriebskosten Anpassungen in den Folgejahren weiterhin erforderlich sein werden. Diese Entwicklung ist für eine familienfreundliche Perspektive nicht förderlich.

Die Finanzbeziehung zwischen den Landkreisen und den Städten und Gemeinden ist im Wesentlichen durch die Kreisumlage geprägt. Seit 2010 ist der Landkreis Görlitz unter den Landkreisen im Freistaat Sachen führend mit einer Höhe der Kreisumlage von 28 %. Innerhalb der letzten 13 Jahre stieg diese um 8 %-Punkte auf nun 36 %. Ein unrühmlicher Spitzenwert. Hierbei ist zu beachten, dass auch die Einnahmenseite der Städte und Gemeinden rückläufig ist. So sieht sich mindestens ein Viertel der Kommunen im Landkreis Görlitz mit der Erstellung und Durchführung eines Haushaltssicherungskonzeptes konfrontiert. Dies bedeutet, dass Einnahmen und Ausgaben intensiv geprüft werden. Nicht zuletzt bedeutet dies schlussendlich, dass einerseits Hebesätze und Gebühren angehoben werden müssen und andererseits Leistungen eingeschränkt werden. Diese Einschränkungen betreffen dann den Bereich der Freiwilligen Aufgaben, also alles was das Leben in einer Kommune angenehm macht – Sport, Kultur, Freizeitvergnügen und ähnliches.

Ein Grundsatz darf bei dieser Darstellung jedoch nicht fehlen. Bei der Finanzverteilung von Bundesebene auf die Länder gehört der Freistaat Sachsen zu den Nehmer-Ländern, Bundesländer wie beispielsweise Bayern oder Baden-Württemberg zu den Geberländern. Dies hängt mit der Wirtschaftsstruktur in der Bundesrepublik zusammen.

Was kann getan werden, um die Umstände vor Ort positiv zu verändern? In einer Mehrgenerationenaufgabe müssen Wirtschaftsstandorte im Osten und Norden der Bundesrepublik gestärkt werden. Im Finanzausgleich zwischen Freistaat und Kommunen muss endlich eine aufgabengerechte Finanzausstattung realisiert werden. Denn auch bei rückläufigen Bevölkerungszahlen bleiben die Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge bestehen. Gerade dieser Punkt wird seit vielen Jahren vom Spitzenverband der sächsischen Städte und Gemeinden, dem Sächsischen Städte und Gemeindetag (SSG), gefordert. Jedoch konnte sich diese Forderung bislang gegenüber der Landespolitik und den Ministerien nicht behaupten.

Die Verteilkämpfe sind hart umkämpft und hierbei ist es wichtig, dass die Pflichtaufgaben auskömmlich finanziert werden und auch jede Stadt oder Gemeinde finanzielle Mittel für freiwillige Aufgaben bereithalten kann. Denn das sind die gestaltenden Aufgaben, die dem Stadt- oder Gemeinderat einen sinnstiftenden Zweck zuteilwerden lässt. Die umsichtige Mittelverwendung muss und wird in den Gremien verantwortungsvoll ausdiskutiert und findet ihren Ausschlag in einer Mehrheitsentscheidung.

Ihr Bürgermeister
Markus Weise