„Schauspieler sind Geschichtenerzähler“, hieß es am Freitag, den 9. Juni 2023 bei einer Veranstaltung der Oberschule Klaus Riedel, die außerhalb der Klassenräume, im Stadthaus Bernstadt, durchgeführt wurde. Etwa 50 Schüler der beiden achten Klassen und deren Lehrkräfte waren eingeladen, sich auf eine Lesung aus dem Werk „Das andere Leben“ von Solly Ganor einzulassen.
„Wir haben alle das Potential in uns, Menschen weh zu tun“, so Schauspieler Johann Jaster in seiner Einleitung. Und gerade heute sei das Problem, wenn auch unter anderen Umständen, wieder aktuell. Denn wieder gäbe es das Problem der „Entmenschlichung“, in der Auseinandersetzung mit anderen Meinungen, mit anderen Persönlichkeiten oder in der politischen Diskussion auch in unserer Demokratie. Die sei sicher nicht perfekt, aber es lohne sich, sich mit und für die Demokratie einzusetzen. Es gelte, eine Wertschätzung für die Freiheit zu entwickeln und nicht einem schnellen Reflex zu folgen, der „nun mal etwas ganz anderes“ wolle.
Dies war auch der Hintergrund der Lesung, die Jaster dann im Schein eines Flutlichtscheinwerfers eindrucksvoll vortrug, von Musik des deutsch-amerikanischen Komponisten Henning Lohner untermalt. Es ist die Geschichte eines 13-jährigen jüdischen Jugendlichen im Deutschland des III. Reiches. Eine Geschichte, in der die „Dobermänner und die SS regierten“ und in der „der Tod keinen Schrecken mehr“ für den Jungen besaß. Schweigend und betroffen, weil eine individuelle Geschichte mehr sagt, als alle statistischen Zahlen, die es um die Gefangenenlager gibt, hörten die Jugendlichen von Tod und Schmerzen, vom Umgang und von der Vorsicht im Lager: „Wir hatten geglaubt, am Boden des Entsetzens angekommen zu sein, jedoch darunter gab es noch viel entsetzlicheres“ erzählte Jaster in der nach fünfzig Jahren Schweigens aufgeschriebenen Geschichte. Und vom Gefühl der wehrlosen Einsamkeit: „All die Mutigeren, Besseren und Vernünftigeren waren fort, nur ich lebte“. Die Aussage war begleitet von einer einsamen Figur, die vom Beamer schattenhaft an die Wand geworfen wurde. Aber schließlich gab es doch die Befreiung durch die Allierten in letzter Minute, und der gejagte Junge war wieder in einer „Welt, in der man Türen öffen“ konnte und er blickte wieder in das ungewohnte, „gleißend, helle Licht der Freiheit“.
Das Geheimnis unseres notwendigen Engagements heute heiße Mitarbeit an der Demokratie und nicht, wie oft zu beobachten, „es soll mir besser gehen, auf Kosten anderer“. Man muss wollen, dass es anderen besser geht. Es müsse wieder gelten: „Auch, wenn ich dich ablehne, so lasse ich dir deine Menschlichkeit“. Es ist ein moralischer Kompass, der gefragt sei, auch heute wieder.
Sätze und Aussagen, die ihre Wirkung nicht verfehlten und Schüler ebenso wie die begleitenden Lehrer nachdenklich machten. Gerade deshalb war es ein äußerst gelungenes Projekt.