Die heutige Welt steht vor der drängenden Herausforderung, den Klimawandel zu bekämpfen und die Umweltbelastung zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund spielt der Leichtbau eine entscheidende Rolle. Denn durch die Massereduktion bei Flugzeugen, PKW, LKW, Zügen sowie bei anderen mobilen Anwendungen lässt sich nicht nur die Umweltbelastung verringern, sondern auch die Energieeffizienz steigern und Ressourcen schonen. Carbonfasern kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, um extrem leichte und dennoch robuste Bauteile herzustellen, die in vielen Branchen Anwendung finden.
Um den Carbonfasern in vielen Branchen zum noch ausstehenden Durchbruch für eine nachhaltige Zukunft zu verhelfen, hat die Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung (SLK) der Technischen Universität Chemnitz gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsministerium für Regionalentwicklung die Carbon LabFactory Sachsen (CLFS) als interdisziplinäres Landesprojekt initiiert – einen europaweit einzigartigen Wissenschaftsstandort für nachhaltige Carbonfaserforschung im Pilotlinienmaßstab. Die Carbon LabFactory Sachsen wird als neue Außenstelle der TU Chemnitz die Grundlagen für bahnbrechende Leichtbauinnovationen legen.
Am Mittwoch, den 13.03.2024 fiel mit der Übergabe des Zuwendungsbescheides der Startschuss des Leuchtturmprojekts für die Investitionen in Anlagen und Geräte. Ein Budget von mehr als 32 Millionen Euro, bereitgestellt vom Sächsischen Ministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWKT) in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Ministerium für Regionalentwicklung (SMR), ebnet den Weg für den Aufbau einer umfassenden Forschungsinfrastruktur für die Carbon LabFactory Sachsen. „Wir brauchen neue Ideen und Technologien, um in der Zukunft bestehen zu können. So war es immer und so ist es auch jetzt. Auf den Innovations- und Erfindergeist der Sachsen war dabei immer Verlass. Die Carbon LabFactory Lausitz in Boxberg wird Sachsen zu einem der führenden Standorte der Carbonfaser-Forschung machen und damit bei der Schaffung zukunftsweisender Arbeitsplätze in der Region helfen. Die Investitionen von Bund und Freistaat in die Carbon LabFactory Sachsen sind dafür ein wichtiger Schritt“, sagte der für Strukturwandel zuständige Sächsische Staatsminister für Regionalentwicklung Thomas Schmidt. Mit den Worten: "Ich möchte dem Freistaat Sachsen herzlich für die Unterstützung und die sehr gute Zusammenarbeit danken. Gemeinsam gestalten wir mit der Carbon LabFactory die Leichtbauzukunft und unterstützen so wesentlich den technologischen Fortschritt im weltweiten Klimaschutz." dankte auch Prof. Lothar Kroll, Leiter der Professur, insbesondere StM Thomas Schmidt für sein außerordentliches Engagement den Strukturwandel in Sachsen voranzubringen.
Die Finanzierung eröffnet nicht nur besondere Chancen für Grundlagenforschung zu Carbonfasern im industrienahen Maßstab, sondern auch für die Entwicklung einer ganzheitlichen Wertschöpfungskette von der Faser über technische Textilien bis hin zu Hochleistungsbauteilen. Zusätzlich erhält das Sächsische Immobilien- und Baumanagement (SIB) weitere Zuweisungen in Höhe von etwa 30 Millionen Euro für die Planung und den Bau des Forschungszentrums für „grüne“ Carbonfasern. Nach dem im engen Schulterschluss mit der Zentrale des SIB in Dresden bereits gemeinsam die Qualifizierte Bedarfsanmeldung sehr zielstrebig ausgearbeitet wurde, werden nun die konkreten Planungen mit der örtlich zuständigen SIB NL Bautzen aufgenommen. Dazu läuft aktuell der Ausschreibungsprozess zur Planerbindung. Parallel erfolgt im Rahmen des Projekts „InnoCarbEnergy“, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen der Förderrichtlinie zur Stärkung der Transformationsdynamik und Aufbruch in den Revieren und an den Kohlekraftwerkstandorten (STARK), seit 2022 der Aufbau eines Forscherteams, mit weiteren ca. 6 Mio. €. „Ich danke insbesondere dem gesamten SLK-Team, den Kollegen aus der Universitätsverwaltung, allen beteiligten aus den sächsischen Ministerien und dem SIB, den Vertretern der Gemeinde Boxberg/Oberlausitz sowie den vielen weiteren Akteuren, die uns auf dem bisherigen Weg zur erfolgreichen Umsetzung der Carbon LabFactory Sachsen mit ihrer Expertise, hochmotiviert und tatkräftig unterstützt haben.“, fasst Dr. Mario Naumann, Wissenschaftlicher Leiter der Carbon LabFactory Sachsen, das bisher Erreichte zusammen.
Das Herzstück der Carbon LabFactory Sachsen, die sog. Black Line Pilotanlage, wird den Wissenschaftlern erlauben, Grundlagenforschung zu Carbonfasern im Umfang von etwa 25 Tonnen pro Jahr durchzuführen. Darüber hinaus werden Materialkombinationen, zweidimensionale technische Textilien, thermoplastische Tapes und Profile im Pilotlinienmaßstab erforschet. Ein weiterer Fertigungskomplex, der verschiedene Kunststoffverarbeitungsverfahren automatisiert verknüpft, wird ebenso der Forschung an Faser-Kunststoff-Verbundbauteilen dienen. Diese gesamte industrienahe Fertigungskette stellt gleichzeitig ein Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu den weltweit etablierten Pilotanlagen in USA und Australien dar.
Mit der Carbon LabFactory Sachsen wird ferner das Ziel verfolgt, eine Vorreiterrolle in der Erforschung und Entwicklung nachhaltiger Carbonfasern einzunehmen, die auf nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energien basieren. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf der Herstellung von Fasern, Halbzeugen und Bauteilen, sondern auch auf dem „maßschneidern“ der Eigenschaften, die den Anforderungen verschiedener Branchen gerecht werden. Diese Bemühungen sind nicht nur darauf ausgerichtet, die Umweltauswirkungen zu reduzieren, sondern auch die Material- und Prozesskosten zu senken, um nachhaltige Lösungen wirtschaftlich attraktiv zu gestalten. Die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung in Brandenburg wird die Wertschöpfungskette vom Molekül bis zum Bauteil erweitern.
Die Carbon LabFactory Sachsen, die Ende 2026 mit einem Team von rund 25 Wissenschaftlern und Technikern die Forschungsarbeiten am Kraftwerksstandort in Boxberg/O. L aufnehmen wird, soll nicht nur als ein wissenschaftliches Zentrum dienen, sondern auch als Impulsgeber für die regionale Wirtschaft. In enger Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Lausitz sollen innovative Leichtbaulösungen entwickelt werden, um zukunftsweisende Arbeitsplätze zu schaffen und den Wohlstand in der Region zu sichern.
"Die Carbon LabFactory Sachsen ist ein wichtiger Schritt für die Bewältigung des Strukturwandels und der Auswirkungen des Braunkohleausstiegs", betont Professor Lothar Kroll, Leiter der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung an der TU Chemnitz. "Sie wird sowohl die Forschung vorantreiben als auch einen entscheidenden Beitrag zur klimagerechten Zukunft der Lausitz und des gesamten Landes leisten."
Die Carbon LabFactory wird in der stark vom Kohleausstieg betroffenen Gemeinde Boxberg/Oberlausitz im Gewerbegebiet Kringelsdorf entstehen. Die Übertragung des Gemeindegrundstücks an den Freistaat Sachsen ist bereits in die Wege geleitet. Der massive Ausbau erneuerbarer Energien, einschließlich zugehöriger Speicherlösungen und Investitionen in die Herstellung von Wasserstoff durch die LEAG am Kraftwerksstandort in Boxberg, stellt einen bedeutenden Standortfaktor für die energieintensiven Prozesse der CLFS dar. Gemeinsam mit der LEAG sind daher in einer ersten Phase Konzepte für die Nutzung der erneuerbaren Energien innerhalb der Carbon LabFactory Sachsen, zu erarbeiten, was maßgeblich zur Erreichung des Ziels „grüner“ Carbonfasern beiträgt.
Für weitere Informationen und Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Mario Naumann, Wissenschaftlicher Leiter der Carbon LabFactory Sachsen, Telefon 0371 531-38758, E-Mail mario.naumann@mb.tu-chemnitz.de
Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung (SLK)
Die Professur SLK der Technischen Universität Chemnitz widmet sich der Erforschung und Entwicklung von Leichtbaustrukturen und fortschrittlichen Kunststoffverarbeitungstechnologien. Das Team arbeitet eng mit Industriepartnern zusammen und leistet wichtige Beiträge zur Optimierung von Werkstoffen und Fertigungsprozessen für den Leichtbau in verschiedenen Branchen.