Das Zollhaus im Jahre 2022
Detail der Fassadengestaltung
In den vergangenen Wochen fand ich beim Lesen der Zeitung mehrmals Beiträge zum Großen Winterberg und der dortigen Bergwirtschaft. Dieses Gebäude wurde in den Jahren 1840 bis 1846 nach den Plänen des Landbaumeisters Carl Moritz Haenel (1809 – 1880) errichtet. Bei einem Landbaumeister handelte es sich um den ranghöchsten sächsischen Baubeamten, der das staatliche Hochbauwesen leitete. Moritz Haenel hatte dieses Amt 1844 übertragen bekommen. 1862 wurde er zum Oberlandbaumeister ernannt. Er zählte in der zweiten Hälfte des 19. Jh. zu den einflussreichsten und meistbeschäftigten Architekten in Sachsen. Neben der Errichtung zahlreicher Bildungs-, Verkehrs- und Wohnbauten wirkte er auch bei den Umbauten ungezählter historischer Gebäude. Nach seinen Plänen entstand beispielsweise das Empfangsgebäude des Dresdener Hauptbahnhofs. Ebenfalls unter seiner Leitung wurde auch die Gemäldegalerie am Zwinger fertiggebaut, nachdem Gottfried Semper das Land wegen seiner Teilnahme am Aufstand 1849 verlassen musste.
Bemerkenswert ist, dass Carl Moritz Haenel auch in unserem Ort seine Spuren hinterließ. Es handelt sich dabei um das ehemalige Zollhaus am Bahnhof Schöna (Nr. 104), zu dem er die Fertigung der Bauzeichnungen und auch die Ausführung des Baues übertragen bekam.
Die Inbetriebnahme der Bahnstrecke Dresden – Bodenbach am 6. April des Jahres 1851 und der damit verbundene grenzüberschreitende Verkehr zog die Einrichtung einer Zollstelle in der Nähe der Landesgrenze nach sich. Benötigt wurden dazu Räume zur Dienstausführung, sowie Wohnungen für die Beamten und deren Familien.
Laut den Akten wurden im Sommer 1851 zunächst zwei Varianten favorisiert. Ein Neubau oder der Kauf des Hauses des Fährbesitzers Protze. Das Protz`sche Haus erwies sich jedoch als zu klein. Deshalb erwarb man von der Eisenbahn eine Fläche, die sich nach Abtragung der hier vorhandenen Steinbruchhalde als Baugrund eignete. Als Bausumme waren insgesamt 5000 Taler veranschlagt worden.
Nach der Besetzung des Sudetenlandes im Herbst 1938 verlor die Zollstelle in Schöna ihre Bedeutung und das Gebäude wurde fortan zu Wohnzwecken genutzt. Inzwischen ist das abgelegene und schwer erreichbare, ehemalige Zollgebäude in Schöna seit 30 Jahren unbewohnt.
Vielleicht an dieser Stelle noch weiteres Interessantes aus der Geschichte des denkmalgeschützten Hauses. Als ein Problem für die hier wohnenden Familien der Zollbeamten stellte sich nämlich schon bald der Mangel an Wasser heraus. Sämtliches Brauchwasser musste dem angrenzenden Staudiggraben entnommen werden. Bei stärkerem Regen war das Wasser immer verunreinigt. Man beschloss daher 1860 mit Genehmigung der Forstverwaltung, die ca. 80 Meter oberhalb liegende Quelle zu fassen und das Wasser in einer Rohrleitung zum Gebäude zu leiten. Dieses Vorhaben rief nun aber den Fährbesitzer Protze auf den Plan, weil der sein Wasser ebenfalls aus dem gleichen Graben bezog und nun befürchtete von der Quelle abgeschnitten zu werden. Es folgten langjährige Verhandlungen. Erst im Jahre 1892 veränderte sich die Wassersituation in den Grundstücken um die Bahnstation grundlegend. Mit dem Eigentümer einer Quelle auf dem privaten Grundstück Nr. 102c am Bahnhofsberg, Ernst Erdmann Liebstein, konnte ein Vertrag geschlossen werden, der die Fassung und Ableitung dessen Wassers beinhaltete. Zum Bahnhof entstand eine 541 Meter lange Rohrleitung.
Inzwischen ist das abgelegene und schwer erreichbare, ehemalige Zollgebäude in Schöna seit 30 Jahren unbewohnt.
Nach dieser Abschweifung noch einmal zurück zum Landbaumeister Carl Moritz Haenel, auf den ein weiteres bekanntes Bauwerk in unserer Gegend zurückgeht. Es handelt sich dabei um den 1864 zu Vermessungszwecken errichteten Turm auf dem Hohen Schneeberg, für den er die Baupläne lieferte.