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Amtsblatt der Stadt Bad Schandau und der Gemeinden
Ausgabe 3/2025
Stadt Bad Schandau
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650 Jahre Krippen (1379-2029) Der „Krippener Hof“ - Teil 1

Blick auf Krippen (1953)

Blick auf den Hof von Ostrau aus

Kartografiertes Gebäudeensemble auf der Schwemmlandterrasse mit der ursprünglichen Straße entlang des Elbtalhanges hinter dem Gehöft

Der „Krippener Hof“ - Teil 1

Ein Grund zum Innehalten, zum Erinnern, zum Nachdenken, zum Vorausschauen und vor allem zum Feiern.

Krippens Ersterwähnung wiederholt sich im Jubiläumsjahr 2029 zum 650. Mal. In der böhmischen Verpfändungsurkunde vom 28. April 1379 taucht Krippen erstmalig als „Krippein“ auf. Erst damit beginnt die mit Fakten abgesicherte Geschichtsschreibung des Ortes.

Was ist aus der Zeit vor 1379 bekannt?

Das Wenige an Informationen konzentriert sich sich in diesem Beitrag auf die zwei ortsprägenden Anwesen, den „Krippener Hof“ (Hönelhof) und das Krippener „Erbgericht“.

Welche Rolle spielten diese Anwesen in der Zeit der Ortsgründung bzw. in der frühen Ortsentwicklung? Eine schwierige, aber auch spannende Spurensuche mit mehr Fragen als Antworten …

Krippen soll seinen Ursprung in einer slawischen Ansiedlung (Fischerweiler) haben, denn bereits 1150 wird im Elbtal zwischen Schmilka und Prossen slawischer Landausbau nachgewiesen. Im hohen Mittelalter, in der Zeit zwischen 1130 und 1220, erlebten auch die dünn besiedelten, unwirtlichen und unwegsamen Waldgebiete dieser Gegend die landschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und vor allem die ökonomischen Veränderungen in jener Zeit. Die Territorialkämpfe zwischen Böhmen und der Mark Meißen waren eingebettet in das geschichtliche Großereignis der bäuerlichen Kolonisation (vgl. MAAZ, 2017: 31).

Bei der Expansion in die Ostmarken wirkten mehrere Gründe und Anlässe zusammen, wie das Streben des Feudaladels nach Macht und Einfluss, nach Besitz über Dörfer mit ihren Erträgen von Naturalien und Zinsen und die Verlockung für die Neuansiedler, freie Bauern zu werden (vgl. MAAZ, 2017: 33).

Die Forschung belegt für diese Zeit in den Gebieten westlich der Saale einen Bevölkerungsüberschuss, der hauptsächlich Franken und Thüringer veranlasste, in das dünn besiedelte Gebiet einzuwandern. Die Landnahme verlief hier weitgehend friedlich, weil das unwirtliche Land erst aufwendig urbar gemacht werden musste (vgl. MAAZ, 2017: 33ff.). In diesem zeitlich gestreckten Prozess konnten sich die Bevölkerungsgruppen im Alltagsleben annähern, angleichen und voneinander lernen.

Der „Krippener Hof“

Die Besiedelung war im wesentlichen in dieser Gegend um 1200 abgeschlossen. Zu dieser Zeit soll der Deutschritterorden auch am Krippenbach ein neues Dorf gegründet haben (vgl. MAAZ, 2017: 94). Der namhafte Historiker Alfred Meiche stellte bereits 1927 in seinen Nachforschungen die Frage, ob die Gründung Krippens durch den Orden mit der Gründung des„Hofes“ identisch ist. Der Forscher nahm dabei an, dass Krippen als städtische Gründung des Deutschritterordens (vom Stützpunkt Königstein aus?) angedacht wurde (vgl. MEICHE, 1991: 151). Adlige Besitzer sind in der späteren Hofchronik bekanntlich längere Zeit nachzuweisen. War dieses Anwesen tatsächlich der Grundstein Krippens? Denkbar wäre das ... Der schriftliche Beweis fehlt. Aus ortskundiger Sicht sollen die wenigen und auch unsicheren Anhaltspunkte gedanklich gestützt werden.

Der „Hönelberg“, eine erhöhte Geländeterrasse am Ausgang des Kripppentales entstand aus den vielen jahrtausendealten Anschwemmungen, vor allem des Krippenbaches, mit Geröll, Sand und Lehm, verursacht durch nacheiszeitliche Erosionsvorgänge. Dadurch eignete er sich als idealer Platz zum Ansiedeln. Der Orden, als der mögliche Gründer des Dorfes, hatte den strategischen Wert dieses Geländeabschnittes erkannt und für sich beansprucht. Standortfördernd für den „Hof“ waren die sichere Lage vor dem Elbehochwasser, der umfassende Überblick über das Geschehen im langgestreckten Elbtal, das fast ebene Bauland, das reichlich vorhandene Trinkwasser, das sich anschließende Gelände für landwirtschaftliche Nutzung sowie die nahe Elbe. Der Fluss war damals bereits die wichtigste Verkehrsader des Warenaustauschs zwischen Nord und Süd mit einem Naturhafen im Schatten des Schwemmfächers der Krippenbachmündung.

Für uns ist es heute schwer vorstellbar, wie ein solcher Stützpunkt des Ordens aussah, der militärische, missionierende und wirtschaftliche Aufgaben bei weitgehender Selbstversorgung zu erfüllen hatte. War dieser ausgesuchte Platz ein bäuerliches Gehöft, ein Herrensitz, ein befestigtes Anwesen oder eine Mischung von allem?

Einen vagen Hinweis dafür liefert die mittelalterliche Chronik des Pirnischen Mönches Johann Lindner. Dort wird die nicht lokalisierbare Burg „Werda“ (slawisch = Wiese) im Elbtal flussaufwärts von Pirna genannt. Könnte damit der „Krippener Hof“ gemeint sein (vgl. RUMP, 2012: 41)?

Das gesamte Herrschaftsgebiet der Deutschritter im Einzugsbereich des Krippenbaches und der Biela ging nach Abschluss der Besiedelung in böhmischen Besitz über. Durch diese Erweiterung wurde 1234 das Burggrafenamt von Tetschen (Decin) auf die Burg Königstein verlegt. Spätestens ab hier gehörte nachweislich das Krippener Gebiet zur böhmischen Krone (vgl. MAAZ, 2017: 99). Der „Krippener Hof“ als Einzelobjekt wird erstmalig 1474 urkundlich als „gutchyn“ erwähnt.

Die zwei Bildausschnitte zeigen den „Hof“ um 1800.

Die Feuerzerstörung des „Krippener Hofes“ und dessen völlig umgestalteter Wiederaufbau nach 1850, der Bau der Eisenbahn 1850/51 und die neue Straßenführung veränderten grundsätzlich das dortige Ortsbild. Mögliche bauliche Spuren aus früheren Zeiten gingen verloren.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass mit dem „Krippener Hof“ die Ortsgründung um 1200 begann. Sicherlich wären in diesem dörflichen Machtzentrum die Funktionen eines Lokators bzw. eines Erbrichters für die weitere Dorfentwicklung ausübbar gewesen. Die damaligen Besitzverhältnisse und die Zuständigkeiten sind nicht bekannt. Möglicherweise hätte auf den Bau des eigenständigen Erbgerichtes an der gegenüberliegenden Talseite verzichtet werden können.

Literaturnachweise

Maaz, Christian: Die Sächsisch- Böhmische Schweiz ihre Besiedelung und ihre Entwicklung bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts, Privatdruck, Dresden, 2017.

Meiche, Alfred: Historisch-Topographische Beschreibung der Amtshauptmannschaft Pirna, Dresden, 1927 (Reprint 1991).

Rump, Werner: Die Sächsische Schweiz von A - Z, Druckzentrale Copyland Dresden, 2012.

Bildnachweise

Englick, Melanie: Blick auf Krippen vom Wolfsgraben aus, in der Natur in Öl gemalt, 1953, Privatbesitz.

Richter, Ludwig: Blick von der Ostrau(er) Scheibe, Stich, 1823, Bildausschnitt.

Meilenblatt, vor 1800.

Broschüre, 625 Jahre Krippen, Wappen und Marktplatz.

An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Dr. Rolf Böhm für die hilfreichen historischen Landkarten von Krippen bedanken.

Gerd Englick