Ab 1906 war Christian Ludwig Jugel Pfarrer in Nepperwitz und führte die Chronik fort.
1909 kam es im Januar infolge plötzlicher Schneeschmelze zu einem gewaltigen Eisgang auf der Mulde und zu einem Hochwasser, das beinahe die Höhe des Hochwassers vom Sommer 1897 erreichte. Wenn nicht die Muldendämme bei Eintritt des Hochwassers noch fest gefroren gewesen wären, hätte es leicht zu einer Katastrophe werden können. Aber auch, obwohl die Dämme die Fluten abhielten, war der Schaden, den dieses Hochwasser gebracht, ein gewaltiger. Die Obstbäume auf den Wurzener Wiesen werden wohl, solange sie stehen, die Narben zeigen von den Wunden, die ihnen die Eisschollen beigebracht. Vor allem aber hat dieses Hochwasser die Wiesen so verschlammt, daß ein paar Jahre kein Gras darauf gewachsen. Allerdings hatte es auch etwas Gutes mitgebracht, eine gewaltige Menge Fische, die beim Rücktritt des Wassers in den Vertiefungen der Wiesen sitzen geblieben waren und von der Bevölkerung einfach mit dem Harken herausgeholt wurden. Es hat Tümpel gegeben, aus denen man bald einen Zentner Fische herausgeholt hat.
In der Nacht vom Gründonnerstag zum Karfreitag brannte die Scheune des Karnahlschen Gutes in Deuben, welches Herrn Fabrikbesitzer Eugen Hülsmann in Altenbach gehört, ab; wohl wieder Brandstiftung durch böswillige Hand, denn in dieser Scheune hatte der Gemeindevorstand Krause, nachdem seine Scheune abgebrannt, mancherlei untergebracht.
Im Herbst 1909 erhält Deuben und im August 1910 Nepperwitz elektrisch Licht von der Elektrizitätsversorgung Wurzen-Land.
Im Februar 1911 brannte die Scheune des Gutsbesitzers und Standesbeamten Gustav Röhmer in Deuben ab. Nach einer Fußspur im Schnee zu urteilen, hat böswillige Brandstiftung vorgelegen. Des Täters ist man nicht habhaft geworden.
Das Jahr 1911 war, wie schon gesagt, ein sehr trockenes Jahr. Der größte Teil der Brunnen mußte infolge des Rückgangs des Grundwassers tiefer gemacht werden. Die Flur hat sehr unter Trockenheit gelitten. Wohl war die Körnerernte, die das Getreide brachte, eine gute, aber das Stroh war kurz. Vor allen Dingen war aber nur sehr wenig Futter auf den Wiesen gewachsen, so daß wegen der Futternot ein Teil des Viehs, Rinder und Schweine, abgeschlachtet werden mußte. Da die Dürre ganz Europa heimgesucht, machte sich solches auch in einer allgemeinen Steigerung der Preise bemerkbar.
Die Trockenheit und der niedrige Wasserstand der Mulde kamen dem Erbauer der Grubnitzer Muldenbrücke sehr zu gute. Der Bau der Brücke wurde im Frühjahr 1911 begonnen. Vollendet ist die Brücke im Sommer 1912. Sie ist durch die Firma Drenkhahn u. Sudhop aus Braunschweig, welche das Jahr vorher die Canitzer Brücke gebaut, erbaut worden. Sie hat 51.750 M gekostet. Diesen Betrag haben die Grubnitzer Bauern aufzubringen im Verhältnis ihres Grundbesitzes jenseits der Mulde. Bis zur Erbauung der Brücke bediente man sich zum Übersetzen über die Mulde einer Fähre.
Der 12. Mai 1912 brachte eine furchtbare Katastrophe weniger für unsere Parochie als wie für benachbarte Dörfer. Der 12. Mai, ein Sonntag, war ein äußerst heißer Tag. Es herrschten während des ganzen Nachmittags drückende Schwüle und völlige Windstille. Am Horizont türmten sich allmählich dunkle Wolken. Gegen 6 Uhr kam das erste, ein leichtes Gewitter. Dem folgten immer wieder neue Gewitter, bis gegen 11 Uhr ein fürchterlicher Sturm losbrach, der Mauern und Fenster eindrücken wollte. Er dauerte nur drei Minuten in dieser furchtbaren Stärke. Es war eine Windhose gewesen. Furchtbar waren die Verwüstungen, die in dieser kurzen Zeit angerichtet waren. Die Dächer hatten fast alle gelitten. Bäume hatte es entwurzelt. Der Verkehr nach Püchau war am nächsten Morgen für Geschirre unmöglich. Die stärksten Eichen im Püchauer Wald hatte der Sturm wie Streichhölzer gebrochen. Sie lagen kreuz und quer über den Weg. Das Püchauer Schloß war ein Bild des Jammers. Auf der Seite, von welcher der Sturm gekommen war, kein Fenster mehr ganz. Die Zinnen des Turmes, zentnerschwere Sandsteinblöcke, waren vom Sturm heruntergeworfen. Durch das Dach sah der Himmel hindurch. Es sah aus, als ob eine furchtbare Schlacht geschlagen worden wäre. Scheunen, die in dem Weg der Windhose gelegen, waren einfach umgelegt. Noch schlimmer hatte der Sturm in Sehlis gehaust. Auch jenseits der Mulde, Nischwitz und Hohburg, waren in Mitleidenschaft gezogen. Die Katastrophe war so groß, daß der König kam, um sich das Werk der Verwüstung anzusehen. Grubnitz war nur wenig, Deuben noch weniger vom Sturm heimgesucht worden. Wunderbar war und Gottes Güte zu danken, daß bei diesem grausigen Unwetter nicht ein Mensch verunglückt ist. Für die Kalamitosen ist gesammelt worden. Auch sind diese sonst unterstützt worden.
Am Tage der Wiederkehr der Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober wurde abends an 19.30 bis 20.30 Uhr mit sämtlichen Glocken geläutet. Am Horizont leuchten Höhenfeuer auf. Der Militärverein Bennewitz und Umgegend hält am 19. Oktober in der Kirche zu Deuben Kirchenparade. Am Abend wird vom Parochialverein für Gemeindekrankenpflege eine patriotische Feier veranstaltet. Am Kirmestag wird am Teich vor dem Gasthofe im Anschluß an den Gottesdienst zum Gedächtnis an die große Zeit vor 100 Jahren unter allgemeiner Beteiligung der Gemeinde die Pflanzung einer Jahrhunderteiche vorgenommen. In Grubnitz wird einige Wochen später zu demselben Zweck eine Linde gepflanzt und in Deuben am 1. Advent unter Beteiligung aller nationalgesinnten Vereine des Ortes sowie Wurzener Turnvereine und einer Abordnung des Wurzener Offizierkorps vom Turnverein zu Deuben die Pflanzung von 13 Jahrhunderteichen verbunden mit der Weihe eines von Herrn Fabrikbesitzer Eugen Hülsmann in Altenbach zur Verfügung gestellten Turnplatzes vorgenommen. Die Eichen erhielten die Namen der Helden der großen Zeit vor 100 Jahren.
Am 1. Januar 1914 richtet der Parochialverein für Gemeindekrankenpflege eine Gemeindekrankenpflege ein. Der Verein zählt über 175 Mitglieder. Die erste Krankenpflegerin ist Fräulein Emma Gödecke in Deuben. Sie ist im Diakonissenhause zu Leipzig als Landpflegerin ausgebildet. Am 8. Februar 1914 nimmt Pfarrer Jugel schweren Herzens Abschied von seinen ihm lieb gewordenen Gemeinden, um nach Weißbach-Zschopautal als Pfarrer zu gehen.
Quelle: Pfarrarchiv Nepperwitz