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Amtsblatt der Gemeinde Bennewitz
Ausgabe 8/2023
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Gaststätte Leulitz

Gasthof Leulitz um 1937 (Sammlung S. Leine)

Erlaubnisschein 1899

Annonce vom 28. August 1892

In einer Klagesache von 1679/80 finden sich die ersten Hinweise auf eine Schänke in Leulitz. Der damalige Schankwirt, Georg Benedix, wandte sich dabei gemeinsam mit dem Altenbacher Schankwirt, Hans Görnitz, gegen die Besitzerin des Rittergutes Leulitz, Elisabeth von Rabiel geb. von Miltitz. Nachdem sie um 1668 auf ihrem Gut ein Brauhaus hatte errichten lassen, wollte sie nun die beiden Schankwirte zwingen, ihr Bier ausschließlich von dort zu beziehen. In der eingereichten Klageschrift verwiesen die beiden Schankwirte darauf, dass das Leulitzer Bier „elend und gering“ sei und keiner es trinken könne und wolle. So seien sie gezwungen, ihr Bier aus anderen Orten zu holen. Der Leulitzer Schankwirt führte einen durch Hans von Schönfeld mit seinem Vorfahren, Balthasar Schindler, 1541 abgeschlossenen Kaufvertrag an, der das Recht einräumte, von jedem beliebigen Ort Bier zu holen. Im Dreißigjährigen Krieg hatte die Schänke wüst gelegen, da die minderjährigen Erben des Schankwirtes diese nicht bewirtschaften konnten.

Vermutlich zu Beginn des 18. Jahrhunderts ging das Schankgut an die Familie Wiedemann über. Für 1740 ist überliefert, dass Johann Georg Wiedemann sich von seinem Vater Georg 400 Gulden lieh und dafür sein Schankgut verpfändete. 1755 verkaufte er es an seinen gleichnamigen Sohn für 900 Gulden. Im Kaufvertrag sind große Teile des Inventars aufgelistet. Dazu gehörten: 2 Pferde, 2 Wagen, 5 Kühe, 2 Stück Geltevieh [= Färse], 50 Scheffel Hafer, Branntweinzeug mit eingemauertem Kessel u. v. a. m. Als Auszugsleistungen erhielten die Eltern jährlich: 8 Scheffel Korn, ½ Scheffel Weizen, 1 Scheffel Gerste, 1 Scheffel Hafer, ¼ des Obstes, 24 Kannen Butter, 4 Schock Käse, 3 Schock Eier, 2 Metzen Salz, 2 Kannen Öl, 2 Haufen Holz, 1 gemästetes Schwein und die benötigten Rüben und Krautköpfe. Zudem erhielten sie wöchentlich zwei Kannen Milch.

1792 ging das Schankgut für 800 Gulden wiederum an den gleichnamigen Sohn. Er setzte 1807 seinen jüngsten Sohn Gottfried als Erben des Schankgutes ein. Er war jedoch erst neun Jahre alt, weshalb seine Mutter das Erbe verwaltete. Das Hypothekenbuch von 1843 hielt fest, welche Abgaben vom Schankgut zu zahlen waren. Danach erhielt der Pfarrer einen Scheffel Korn und einen Scheffel Hafer, der Schullehrer zwei Neugroschen und fünf Pfennige Martinsgeld sowie 1 5/8 Metze Korn. Nach dem Brandkataster von 1853 war das Wohngebäude des Gutes 85 Jahre alt, das Brennereigebäude sogar 100 Jahre. Zum Gut gehörten noch ein Schweinestall, ein Bienengebäude, eine Scheune, ein Pferde- und ein Kuhstall. 1860 wurde in dem Gut mit der Brandkatasternummer 11 ein Auszugswohngebäude mit Pferdestall und darüber befindlichem Tanzsaal errichtet. Bei dem großen Brand in Leulitz im Jahr 1866, bei dem zahlreiche Bauerngüter komplett vernichtet wurden, hatte das Schankgut noch Glück, da nur zwei Nebengebäude abbrannten.

1872 verunglückte der Gasthofbesitzer. Er war seitdem krank und konnte die Schankwirtschaft nicht weiterführen. So pachtete Friedrich Tauchnitz 1879 die Schänke und erhielt auf seinen Antrag hin die Konzession für die Gast- und Schankwirtschaft einschließlich des Branntweinschenkens und des Haltens von Tanzmusik. 1889 folgte Gottfried Koch, der die Schänke von der nunmehrigen Witwe Wiedemann pachtete.

Der 35-jährige Hermann Heinze war ab 1894 Pächter. Bevor er seine Konzession erhielt, wurde geprüft, ob der Wagenplatz und die Übernachtungsmöglichkeiten den Vorschriften entsprachen. Der Bericht erwähnte die Existenz einer großen geräumigen hellen Kammer auf dem Nebengebäude, die für Übernachtungen, z. B. für Handwerksburschen, mit zwei Betten ausgestattet war. Bettlern wurde im leeren Stall ein Lager auf Stroh bereitet. Reinhold Bomback, der von Beruf Töpfer war, pachtete die Schänke ab 1899.

1907 beantragte Emil Schmidt die Konzession für eine zweite Schankstätte. Ein Bedürfnis wurde aber weder von der Gemeinde noch von der Rittergutsherrschaft gesehen. Richard Wiedemann legte dagegen Widerspruch ein und mutmaßte, dass nur eine Verkehrsstätte für Sozialdemokraten geschaffen werden solle. Der Rittergutspächter wurde noch deutlicher, die neue Schankwirtschaft „würde voraussichtlich hauptsächlich von halbwüchsigen Burschen aufgesucht und eine Brutstätte der Sozialdemokratie werden“. Der zuständige Gendarm entgegnete, dass Schmidt bis dahin immer königstreu gewesen sei. Er verwies zugleich darauf, dass der existierende Gasthof nicht mehr den polizeilichen Anforderungen entspräche und besonders die Bedürfnisanstalten mangelhaft seien. Im Ergebnis der Prüfung lehnte die Amtshauptmannschaft das Gesuch wegen mangelnden Bedürfnisses ab.

Im Adressbuch von 1909 wird Karl Winkler als Gasthofspächter in Leulitz angeführt, 1913 Max Teich. 1926 war Ernst Ethner Gasthofsbesitzer. Eine Geschäftsanzeige von 1930 bezeichnete den Gasthof Leulitz als schönsten in Waldgegend gelegenen Ausflugsort mit staubfreien, schattigen Lindengärten, herrlichem Badeteich und Konzert- und Ballsaal. Die gute bürgerliche Küche wurde wie auch die Riebeck-Biere gepriesen. Vereinen, Gesellschaften und Klubs empfahl ma, die Räumlichkeiten zur Abhaltung von Festlichkeiten zu nutzen. Da Friedrich Ernst Ethner früh starb, musste seine Witwe Flora Marie Ethner das Gasthaus mit den Söhnen Max und Kurt sowie der Tochter Elisabeth weiterführen. Nach der Erinnerung einer Enkelin kamen viele Gäste aus der Leipziger Gegend mit der Kutsche zur Erholung, die auch im Gasthaus einkehrten. Jeden Samstag gab es Tanzveranstaltungen. Nach dem Tode von F. M. Ethner um 1940 wurde das Gasthaus verkauft.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Walter Hobusch Besitzer der Gaststätte. Als er dann als Buchhalter in der LPG anfing, verpachtete er sie an Horst Jahn. Später wurde die Gaststätte zum Dorfkonsum umfunktioniert und die Konsumgenossenschaft war Eigentümer.

Die LVZ vom 31. Oktober 1957 vermeldete die Wiedereröffnung des Leulitzer Gasthofes. Anzeigen der nächsten Monate wiesen auf vielfältige Veranstaltungen dort hin: Bockbierrummel mit Tanz, Pfannkuchenschmaus bei Unterhaltungsmusik, Faschingsrummel, Tanzabend mit dem Leipziger „Hessels Schrammel-Trio“ u. a. Letzter bekannter Eigentümer der Gaststätte war Familie Müller aus Taucha, die die Absicht hatte, den Gaststättenbetrieb wieder zu beleben. Seit 2011/2012 gehört das Grundstück der Familie Stein (Estrich-Stein GmbH).

Quellen: Hauptstaatsarchiv Dresden, Staatsarchiv Leipzig, Sammlung S. Leine, Angaben von B. Müller

Volker Jäger