Nach mehreren Rückschnitten und Baumpflegerischen Maßnahmen war der Pilzbefall stärker als der Baum und musste 2022 gefällt werden. Man sagt „Alles hat seine Zeit“. So war am 21.12.2023 bei stürmischem Wetter die Zeit für die Pflanzung einer neuen Luthereiche gekommen. Diese Eiche auf dem Turnplatz an der Alten Schule, der Kirche und dem Pfarramt, einst geistiges Zentrum in der Stadt war, ist ein Platz der den Dahlenern wichtig ist. Ein Platz der Geschichten erzählt, gute und weniger gute Erinnerungen weckt. Mit der neuen Luthereiche richtet sich der Blick nun nach vorn, verbunden mit der Hoffnung das diese turbulente Zeit wieder in geordnete Bahnen zurückfindet.
Andacht zur Pflanzung der Luther-Eiche in Dahlen
21.12.2023, 14 Uhr, Pfr. i.R. J. Grasemann
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Honoratioren, liebe Schwestern und Brüder!
Alles hat seine Zeit. So steht es im Buch des Predigers. Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit, pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit. Prediger 3,2
Das gilt auch für Bäume, wenn auch der älteste Baum der Welt „Methuselah“ in Kalifornien mit seinen 4.847 Jahren eine Ausnahme zu sein scheint. Als Kolumbus landete, war er schon über 4300 Jahre alt! So weit hat es die Luthereiche von Dahlen nicht geschafft. Am 18. Februar 1846, zum 300. Todestag von Martin Luther gepflanzt, musste sie jüngst mit 176 Jahren altersschwach weichen. Es war bestimmt ein schmerzhafter Abschied für alle, die ihn haben wachsen und grünen sehen.
Aber nun, drei Tage vor Heilig Abend, ist für die Dahlener schon Bescherung mit einem neuen Baum: Einer Eiche aus Bayern. Ein Kirchenlied ermuntert uns zum Bäume pflanzen: Komm, bau ein Haus, das uns beschützt. Pflanz einen Baum, der Schatten wirft und beschreibe den Himmel, der uns blüht …
Bäume waren zu allen Zeiten lebenswichtig, heute mehr als je, um CO² zu binden und Sauerstoff zu produzieren, kostbare Erde festzuhalten.
Unter Bäumen finden Menschen Schatten. Ihr Holz ist durch keinen Kunststoff ersetzbar. Unter Bäumen wurde Recht gesprochen, so wie unter der Gerichtslinde auf dem Friedhof in Collm. Unter Bäumen ließen sich Menschen bestatten – so unter der 700-800 Jahre alten Grabeiche im thüringischen Nöbdenitz.
Sollte es ein grünes Bekenntnis sein, als der bayrische Regierungschef jüngst einen Baum umarmte?
Unter den Bäumen – abgesehen von den Tannenbäumen – stehen Eichen auf der Beliebtheitsliste der Deutschen ganz oben. Eichenlaub fand sich auf Mark – und DM-Münzen, täglich haben wir es auf den Euro-Cent-Stücken in der Hand! Mit Recht wird die Eiche geehrt: Bis zu 1000 verschiedene Arten Insekten lassen sich in den Kronen einer Eiche finden! Legendär hart und widerstandsfähig ist ihr Holz!
Bäume sind nicht ohne ihre Früchte zu denken. Jeder kennt die Geschichte von Adam und Eva und der verführerischen Frucht – und den Folgen des Ungehorsams. Beim Propheten Jeremia findet sich eine wunderbare Verheißung für Menschen, die in Gott wurzeln:
Gesegnet ist der Mann, der sich auf den HERRN verlässt und dessen Zuversicht der HERR ist. Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hin streckt. Denn obgleich die Hitze kommt, fürchtet er sich doch nicht, sondern seine Blätter bleiben grün; und er sorgt sich nicht, wenn ein dürres Jahr kommt, sondern bringt ohne Aufhören Früchte. Jeremia 17,7+8
Wer möchte nicht wie ein solcher Baum sein, genug Wasser für sein Leben finden. Wer möchte nicht wie ein Baum die Wurzeln in beide Richtungen ausstrecken und so die Kraft der Erde und die Kraft des Himmels aufnehmen können?
Diese Eiche, die heute hier einen neuen Lebensraum bekommt, kann für ein solches Leben Symbol sein – für ein Leben, das nach Gott fragt, nach seinem Willen und seinen Geboten. Ganz im Sinne von Martin Luther, der tief wie kaum ein anderer in der Bibel grub, um zu den Quellen zu finden und religiöses Leben und Menschen aus der Erstarrung zu befreien. Wer Gott vertraut darf hoffen, dass er auch dürre Zeiten und Stürme aushält und sein Leben nicht verwelkt, sondern gute Früchte bringt.
Aber auch für nichtreligiöse Menschen darf diese Baumpflanzung ein Symbol der Hoffnung sein. Wir tun heute etwas in der Hoffnung auf Zukunft.
Wir pflanzen einen Baum in der Hoffnung, dass sich unser Bemühen um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung lohnt und Klimakonferenzen nicht sinnlos sind. Diese neue Luther-Eiche darf Ausdruck der Hoffnung sein, dass auch unsere Kinder und Enkel eine lebenswerte Welt vorfinden und weiter gestalten können. Und dass es Sinn macht, auch kleine Schritte zu gehen.
Einen Baum pflanzen ist riskant – wer weiß schon, was alles passieren wird. Aber einen Baum pflanzen ist auch ein guter und wichtiger Protest gegen den Virus der Resignation. Alle kennen den Spruch vom Apfelbäumchen, das gepflanzt werden soll, auch wenn es nicht gut aussieht für die Welt. Nachgewiesen ist dieses Luther zugeschriebene Wort in schwerer Zeit nach dem 2. Weltkrieg.
Von Mohammed ist ähnliches überliefert: „Selbst wenn der jüngste Tag angebrochen wäre und man trüge einen jungen Schößling in der Hand, so sollte dieser noch gepflanzt werden.“
Schließen möchte ich mit der letzten Strophe aus Paul Gerhardts bekanntem Sommerlied „Geh aus mein Herz“:
Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir werd ein guter Baum, und lass mich Wurzel treiben. Verleihe, dass zu deinem Ruhm ich deines Gartens schöne Blum und Pflanze möge bleiben, und Pflanze möge bleiben.
Amen.
GEBET
Herr unser Gott, Menschen bekennen dich als Schöpfer des Himmels und der Erde.
Wie wunderbar ist diese Welt, wie kostbar ihre Vielfalt, wie erhaben die Bäume am Weg, das Rauschen des Waldes, wie wichtig die Früchte des Feldes und unbeschreiblich der Duft der Rosen.
Wir sehen aber auch, wie sehr Natur und Menschheit leiden.
Die Hoffnung auf bessere Zeiten und Umkehr hat es immer schwerer.
Aber wie pflanzen heute einen Baum, weil wir „hoffnungsstur“ sein wollen, nicht aufgeben wollen zu hoffen und zu beten und das nötige zu tun für die Zukunft unserer Welt und unserer Kinder.
Lass diesen kleinen Baum gut anwachsen, Jahr für Jahr kräftiger werden und eines Tages Schatten geben für Vögel und Insekten, große und kleine Menschen, für alle Menschen guten Willens.
Lass diesen Baum nie Kriegszeiten erleben und bewahre ihn vor Zerstörung – als Zeichen der Hoffnung hier auf diesem Platz in dieser Stadt.
Dir, Gott, Schöpfer, sei Ehre in Ewigkeit. Amen.
Spendenaufruf für die Dahlener Luthereiche
Der Ersatz auf dem Turnplatz in der Kirchstraße ist gepflanzt. Für die Finanzierung des Baumes möchten wir hiermit nochmals zu einer Spendenaktion aufrufen.
Wir bitten um Überweisung auf folgendes Konto:
Sparkasse Leipzig
| IBAN: | De51 8605 5592 1520 0043 26 |
| BIC: | WELADE8LXXX |
| Kennwort: | Luthereiche |
Außerdem wurde eine limitierte Auflage an Baumscheiben aus der alten Luthereiche hergestellt, welche käuflich für 2,00 €/Stück erworben werden können. Der Erlös fließt in die Spendenaktion ein.