Es war ein Sonntag, als sich die Sportfreunde Horst Korla, Joachim Gocht, Hemut Krüger, Otto Bäsche, Erhard Gollnack und Ernst Kühn am 13. Januar 1963 in der Gaststätte „Reuter“ zusammenfanden, um das Kneipenbillardspiel nach sächsischen Vorbild als Billardsport zu organisieren und gründeten eine Sektion Billardkegeln im Tschernitzer Betriebsportverein „Chemie“.
Sonntagskindern sagt man nach, dass sie viel Glück im Leben haben werden. Und heute kann man sagen, das hatten die Tschernitzer Billardkegler von den Anfangsjahren bis zur Gegenwart. Wir alle, die jetzt der Abteilung Billard angehören, sind froh darüber, dass wir in Tschernitz immer Bürgermeister und Gemeindevertreter hatten und haben, die sich für den gesamten Sport in Tschernitz und letztendlich auch für unser Billardkegeln, mit ganzer Kraft einsetzen und vieles ermöglichen. Natürlich funktioniert eine Abteilung, mit stellenweise bis zu 7 Mannschaften im Spielbetrieb nicht von alleine. Ein großes Dankeschön an die ehemaligen Abteilungsleiter Horst Korla und Joachim Neumann sowie aktuell Lutz Gocht, die mit ihren Leitungsmitgliedern großartige Arbeit leisteten und unzähligen Stunden für unser schönes Hobby, dem Billardkegeln, aufbrachten und immer noch aufbringen.
Aber zurück zur Geschichte. Am 27. Januar 1963 fand dann das erste Freundschaftsspiel in Wolfshain gegen die dortige Sportgemeinschaft statt und wurde auch gleich gewonnen. Das Ergebnis lautete 456 : 381, gespielt wurde 6 x 50 Stoß. Das Material war damals noch nicht ganz so gut wie heute, erzählte mir jedenfalls mein Vater „Atti“, wie sollte er mir auch sonst sein erstes offizielles Ergebnis von 58 Holz erklären. Von 1963 bis 2005 erfasste Horst Korla alle Ereignisse. Kein Ergebnis, keine Veranstaltung und keine Ehrung wurde so vergessen, alles chronologisch festgehalten. Joachim Neumann, Wilfried Springer und Georg Nachtmann führten die Erfassung weiter und digitalisierten sie. Aktuell kümmern sich Christoph Thomas und Mirko Kirschner um die Fortsetzung dieser „Wahnsinnsarbeit“, vielen Dank.
Bereits im Gründungsjahr 1963 kamen 10 Sportfreunde dazu (unter ihnen auch Günter Hlawatschke), so konnte die Saison 1963/64 bereits mit 2 Tschernitzer Teams starten.
Der erste Wettkampfraum war der Vorraum zum Saal der Gaststätte „Reuter“ und die „Wirtin“ Hanne Reuter sorgte immer dafür, dass sich die Billardspieler wohlfühlten. Auf Grund enormer Leistungssteigerungen, schaffte unsere damalige 1. Mannschaft bereits 1965 den Aufstieg in die DDR-Liga, der zweithöchsten Spielklasse der DDR. Bis heute spielte und spielt unsere 1. Mannschaft immer in einer der zwei höchsten Spielklassen des Verbandes, und das wird hoffentlich noch lange so bleiben.
Schon 1966 wurde die Wettkampfstätte, für mittlerweile 3 Mannschaften, zu klein. Die Planungen für den Bau einer eigenen Spielstätte (in der Nähe der heutigen Kaufhalle) begannen. Nach 14 Monaten Bauzeit war das Schmuckstück fertig. Es wurden damals 4700 freiwillige Aufbaustunden geleistet und alle waren mächtig stolz als am 12. August 1967 die Einweihungsfeier stattfinden konnte. Durch die nun wesentlich besseren Bedingungen stiegen die Mitgliederzahlen weiter und eine 4. Mannschaft wurde ins Rennen geschickt.
Unser erster Spitzenspieler war Gerhard Gärtner. Bis zur Saison 1969/70 bestimmte er das Niveau im damaligen Bezirk Cottbus. 1969 schaffte er sogar die Teilnahme an der DDR-Meisterschaft. Dafür war immerhin ein GD von 260 Points notwendig. Damals erreichten nur 15 Sportler diesen Wert. In den beiden darauffolgenden Saisons hieß unser „Bester“ Baldur Rautschke, er wurde in der Saison 1972/73 von Reinhard Gürbig abgelöst, der bis zu seinem Vereinswechsel im Jahr 2003 die Position der „Nummer 1“ nicht mehr abgab. Reinhard war unser erster DDR-Meister im Nachwuchs (1973, Junioren) und bei den Herren (1978).
Danach folgte die Ära von Christoph Thomas, die nur von Georg Nachtmann in der Saison 2005/06 unterbrochen wurde. Georg spielt übrigens seit 1973 in der 1. Mannschaft, die er auch jahrzehntelang als Kapitän führte. Aktuell muss sich „Chrissi“ aber der Gegenwehr von Paul Drobig und dem inzwischen zurückgekehrten Reinhard Gürbig stellen.
1998 hatten wir inzwischen 6 Mannschaften im Spielbetrieb und wieder gab es Platzprobleme. Der Wunsch nach einer größeren Spielstätte kam auf. Es entstand die Idee, die alte Sporthalle am Sportplatz in ein Billardzentrum umzuwandeln. Über den „Goldenen Plan Ost“ mit Zuwendungen vom Bund, dem Land, der Kommune und sehr vielen Eigenleistungen der Billardspieler wurde dieses Vorhaben realisiert. Am 17.12.1999 war die Einweihungsfeier für den „Besten und Schönsten Billardkegelraum Deutschlands“, glauben wir jedenfalls.
Tolle Bedingungen und eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit sind der Grundstein für eine ständige Weiterentwicklung und so gab es viele schöne Erfolge auf allen Ebenen. Tschernitzer Sportlerinnen und Sportler konnten in unser 60-jährigen Geschichte bis heute 42 DDR- bzw. Deutsche Meistertitel erringen, dazu kommen 67 Titel bei Bezirks-, Regional- und Landesmeisterschaften sowie 134 Titel auf Kreisebene.
Die Liste der „Erfolgreichsten“ unseres Vereins führt eine Dame an. Auch aus dem eigenen Nachwuchs hervorgegangen, konnte unsere Maika Schuster-Daniel 15 Deutsche Meistertitel erringen. Christoph Thomas und Paul Drobig brachten es auf je 6 Titel bei Deutschen Meisterschaften. Reinhard Gürbig schaffte in Summe 4 Titel auf höchster Ebene.
Auf Mannschaftsebene konnten wir vor allem im Pokalwettbewerb große Erfolge feiern. Es begann 1972. Unsere damalige 2. Mannschaft wurde Bezirkspokalsieger, es folgten 7 Kreispokalsiege der 3. Mannschaft und 4 Landespokalsiege durch unsere 1. Mannschaft. Die Krönung erlebte unsere 1. Mannschaft dann im Jahr 2008 in Bad Wildungen mit dem Gewinn der Deutschen Pokal-Mannschaftsmeisterschaft.
Aber es geht nicht immer nur um Spitzenleistungen. Wer nur Spaß haben will und Unterhaltung sucht, ist in unserem Verein auch gern gesehen.
Damit so ein Verein funktioniert, braucht es auch „Typen“, die vorneweg marschieren und andere mitziehen.
Zwei von ihnen sind heute noch unter uns. Joachim Gocht, Gründungsmitglied und von allen nur „Atti“ genannt, hat bereits 1072 Mannschaftseinsätze hinter sich und startete bei 46 Einzelmeisterschaften für unseren Verein. Er war 46 Jahre Kassenwart und kümmerte sich als Materialchef um die Beschaffenheit der Billards und der Queues.
Der andere „Typ“ Günter Hlawatschke steht inzwischen bei 1131 Einsätzen und 26 Starts bei Einzelmeisterschaften. Günter war 38 Jahre Spielführer der 2. Mannschaft und einer unserer besten Nachwuchstrainer die wir je hatten! Danke an unsere beiden „OLDIES“, die sich so sehr in den vergangenen 60 Jahren für unseren Verein eingesetzt haben.
Aktuell haben wir 30 Sportler und 3 Sportlerinnen im Wettkampfbetrieb. 3 Nachwuchsspieler erlernen das Billard-ABC unter der Anleitung von Maika und Christoph.
Schön wäre es, wenn wir noch weitere Interessierte für unseren Sport gewinnen könnten. Ob Alt oder Jung, Mädchen oder Junge, Mann oder Frau oder Divers, wir freuen uns über jeden, der zu uns kommt. Und wer einmal mit der „Droge Billardkegeln“ infiziert ist, kommt davon sowieso nicht mehr los. Dass das so ist, beweisen die zurückliegenden 6 Jahrzehnte Tschernitzer Billardgeschichte und dass dies so bleibt, liegt in den Händen von Allen die gerne Billard spielen und dem Tschernitzer Vereinssport weiter wohlgesonnen sind.