Junger Edelkrebs
Stürzabach am 10.03.2016
Der Stürzabach war ursprünglich für sein klares sauberes Wasser bekannt. Das Wasser war so klar, dass früher die Wäschereien in der Umgebung ihre Wäsche auf den Bachauen am Stürzabach mit dem Bachwasser geblichen haben. Sogar aus Dresden kamen Wäscher bis raus zu uns.
Heute gibt es in Dürrröhrsdof so gut wie keine Bachauen mehr, da man Häuser darauf gebaut hat. Auch unser Haus steht auf solch einer ehemaligen Bachaue.
Im Ortsteil Stürza gibt es aber noch viele Bachauen, wo sich die dörflichen Strukturen weitgehend erhalten haben.
Es gab auch viele Fischarten im Bach, unter anderem Bachforellen und den seltenen Deutschen Edelkrebs, der bis zu 20 cm vom Kopf bis zum Schwanzende groß werden kann. Von meiner Großmutter weiß ich, dass es früher sehr viele Krebse im Bach gab. Mit Reusen hat der Urgroßvater die Krebse gefangen. Am Bach hatten die Bauern damals auch Holzkästen, für das Hältern von Fischen und Krebsen. Im Spreewald kann man heute noch vereinzelt diese Holzkästen sehen. Ein Festessen war es dann am Sonntag, wenn es zu Mittag Krebse aus dem Bach gab. Die Krebse wurden in einen großen Topf mit kochendem Wasser lebend rein geschmissen und verfärbten sich sofort feuerrot. Daher kommt wahrscheinlich auch die Redewendung; „Du siehst ja krebsrot aus“.
Auch mein Vater hat in der schlechten Zeit nach dem Krieg noch Krebse und Fische aus dem Bach gegessen. Er hat mir auch, als ich ein kleiner Junge war, noch Stellen im Bach gezeigt, wo es noch Krebse gab. Das sollte ich aber geheim halten. Zum Heimatkundeunterricht in der Schule habe ich aber mal einen Krebs zum Anschauen mitgenommen.
Bis Anfang der 70er Jahre wurden zu DDR-Zeiten einmal im Jahr die großen Forellen elektrisch abgefischt und an Interhotels verkauft. Für uns Kinder war das immer ein großes Erlebnis. Die Wasserqualität verschlechterte sich jedoch durch Einleitung von Abwässern immer mehr. In Dürröhrsdorf abwärts der ehemaligen Fleischproduktion war das Wasser im Bach so schlecht, dass keine Tiere mehr darin leben konnten.
Erst nach 1990 erholte sich die Wasserqualität langsam und es siedelten sich wieder Fische im Bach an. Krebse wurden aber nicht mehr gesichtet.
2003 war ein sehr trockenes Jahr und der Stürzabach komplett ausgetrocknet. Durch Zufall entdeckte mein Sohn im ausgetrockneten Bachbett einen großen Krebs. Wir sammelten dann noch über 40 Krebse ein und hielten sie in einem großen Wasserbehälter am Leben. Auch andere Tierfreunde retteten so noch Krebse vor dem Vertrocknen.
Da ich mir nicht sicher war, um was für eine Krebsart es sich handelt, informierte ich Herrn Richter von der damaligen Stufa Radebeul. Nach Begutachtung durch das Umweltamt stellte sich heraus, dass es Deutsche Edelkrebse sind. Durch Wasserverschmutzung und die Krebspest ist diese Krebsart in Deutschland fast ausgestorben und es gibt nur noch wenige Flüsse, wo diese Krebsart heute noch vorkommt. Wahrscheinlich konnten die Krebse oberhalb von Dürrröhrsdorf, wo das Wasser sauberer war, überleben. Als der Stürzabach wieder Wasser führte, haben wir die Krebse wieder an verschiedenen Stellen ausgesetzt. Die Krebse haben sich danach auch wieder gut vermehrt, was durch Sichtungen anderer Bachanlieger bestätigt wurde.
Am 10.03.2016 gab es in Stürza einen Großbrand in einem Altreifenlager, der durch die Feuerwehr mit Löschschaum bekämpft wurde. Es kamen mehrere 100 Liter Schaumbildmittel zum Einsatz, die mit Wasser durch einen Zumischer zu Löschschaum verwandelt werden. Durch die geografischen Gegebenheiten floss der größte Teil des kontaminierten Wasser-Schaumgemisches über mehrere Stunden in den Stürzabach. In der Ortslage Dürrröhrsdof war dieser, bis zu 10 cm hoher Schaumteppich über sechs Stunden zu beobachten.
Als Folge dieses Großbrandes war der Stürzabach über mehrere Monate biologisch tot. Sämtliche Lebewesen, Fische und leider auch der Deutsche Edelkrebs wurden dadurch ausgerottet. In den zurückliegenden Jahren habe ich mehrmals Nachforschungen am Stürzabach gemacht, aber leider keinen Krebs mehr gesehen.
Ein paar kleinere Fische haben sich über die Wesenitz wieder angesiedelt, jedoch sind die Deutschen Edelkrebse für immer in unserem Stürzabach verschwunden.