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Wesenitztaler Landbote – Amtliches Mitteilungsblatt der Gemeinde Dürrröhrsdorf-Dittersbach
Ausgabe 10/2023
Wissenswertes und Unterhaltsames
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Einiges über Dittersbach im vorigen Jahrhundert

Teil 2

Der Krieg war für Dittersbach trotz aller Nöte aber ohne direkte Kriegshandlungen am 8. Mai 1945 zu Ende. Nach 1945 herrschte große Lebensmittelnot. Viele Städter strömten auf die Dörfer, um ein paar Lebensmittel zu erwerben, mitunter durch wertvolle Gegenleistungen. Mein Vater konnte ein Stück Pfarrfeld pachten, wir hielten eine Ziege, ein Schaf, dazu Kaninchen und vier Hühner.

Das Dittersbacher Rittergut wurde von der Roten Armee übernommen. Ich erinnere mich, dass die Bauern des Umlandes große Mengen Heu ablieferten und neben der Feldscheune an der Wilschdorfer Straße stapelten. Der Leiter des Gutes war „Micha“, ein russischer Offizier. Er war korrekt, auch hatte er eine deutsche Freundin, die bei seinem Abschied aus dem Leben scheiden wollte. Micha ging mit seiner Freundin gern zum Tanz, oftmals nach Wilschdorf. Wir Jugendlichen waren auch dort und Micha erlaubte uns, auf seinem kleinen Guts-LKW mit nachhause zu fahren. Eine Begebenheit ist mir noch im Gedächtnis geblieben: Im Guts-Kuhstall wurden Zwillings-Kälbchen geboren. Zwei Schweizer (Schweizer = mundartlich für Personal in der Rinderhaltung) nahmen eines davon und schlachteten es, es wurde auf dem Dachboden von Karl Friedländer aufbewahrt. Ein Gutsarbeiter meldete dies Micha, der dies an seine Dresdener Dienststelle weiterleitete. Die beiden Schweizer und Karl Friedländer wurden verhaftet und durch ein Militärgericht der Roten Armee verurteilt: Die beiden Schweizer erhielten 16 Jahre Zuchthaus, Karl Friedländer als Mitwisser 12 Jahre. Karl Friedländer erzählte mir: Das Urteil wurde in russischer Sprache in fünf Minuten gesprochen. Karl Friedländer kam nach Buchenwald bei Weimar. Nach Stalins Tod wurde seine Haftzeit verkürzt, das Schicksal der beiden Schweizer blieb ihm unbekannt, nach Dittersbach kamen sie nicht zurück.

1949 wurde das neue Ostdeutschland (Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern) zur DDR = Deutsche Demokratische Republik. Die Sowjetunion diktierte mit der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) das politische Geschehen.

Die Großbetriebe, die für die Kriegsproduktion gearbeitet hatten, wurden in der SBZ (Sowjetische Besatzungszone) nach 1945 sofort enteignet und in Volkseigentum überführt. Vorerst wurden Großbetriebe (in unserer Gegend erinnere ich mich an das Sachsenwerk Radeberg (ROBOTRON) und Kunstseide Pirna sowie auch Eisenbahngleise als Reparationsleistungen für die Sowjetunion demontiert. Das Programm der DDR beinhaltete vollendete Sozialisierung der Wirtschaft, d.h. alle Betriebe wurden volkseigen (VEB). Der Handel wurde allmählich von der Konsumgenossenschaft und der HO (= staatliche Handels-Organisation) übernommen, kleine Läden blieben unter erschwerten Bedingungen Privateigentum.

Die Größe der Handwerksbetriebe beschränkte sich auf 10 Beschäftigte, die Gründung von Produktionsgenossenschaften förderte man.

In der Landwirtschaft gründete man LPG = Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften durch intensive staatliche Aktivitäten, es gab vorerst drei Typen: LPG I (gemeinsame Feldproduktion), LPG II (gemeinsame Viehhaltung), LPG III Gesamtproduktion). Unterstützt wurde diese Umwandlung vorerst durch die MAS (Maschinen-Ausleih-Stationen), später in MTS (Maschinen-Traktoren-Stationen) umbenannt. Für unseren Bereich war die MTS Lohmen zuständig.

Der 17. Juni 1953 hemmte die schnelle Umwandlung, die unmutige Stimmung in der Bevölkerung musste berücksichtigt werden. Die Politik blieb die gleiche, jedoch nach Lenins Leitsatz „Zwei Schritte vorwärts und einen Schritt zurück“. Man ließ sich also mehr Zeit.

In Westdeutschland war der Lebensstandard höher, deshalb verließen viele Bürger die DDR. Das führte schließlich zur Errichtung der Mauer in Berlin („Antifaschistischer Schutzwall“) und stark bewachter Grenze zur BRD. 1990 endete der Staat DDR, er ist nun Teil der Bundesrepublik.

Eberhard Schneider