Eine Zylinder-Jazz-Trompete des Meisters Frieder Löbner in Bautzen
Unser Ort verfügt mit dem Posaunenchor Dittersbach über einen der zahlenmäßig größten und musikalisch erfolgreichsten Chöre Sachsens. Posaunenchor ist irreführend, denn hier spielen Trompeten, Hörner, Posaunen und Tuben miteinander. Aber haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, wie eigentlich so ein Blasinstrument „funktioniert“? Und wieso es relativ lange dauert, bis unsere Anfänger die erste Melodie spielen können? Auf dem Klavier zum Beispiel kann man doch schon nach 5 Minuten den „Flohwalzer“ spielen …
Derjenige, der denkt, man müsste nur Luft in so ein Instrument blasen und eine bestimmte Taste (wir sagen Ventil) drücken, wird beim praktischen Versuch enttäuscht. DAS funktioniert nicht! Eigentlich ist ja eine Trompete nur ein langes (gebogenes) Rohr, sozusagen ein Gartenschlauch. Haben Sie schon mal versucht, durch Blasen in einen Gartenschlauch einen Ton zu erzeugen? Ich versichere, das geht, aber nur, wenn man die Lippen anspannt (wie, wenn man ein Härchen von der Lippe wegblasen will) und die Lippen eine Vibration ausführen. Das gelingt noch besser, wenn man ein sog. „Mundstück“ verwendet. Das grenzt die Lippen etwas ein und erleichtert es, die Lippen in Schwingungen zu bringen. Jetzt lassen wir mal den Gartenschlauch weg und blasen nur in das Mundstück. Wenn wir jetzt schon etwas geübter sind, können wir das Summen von Bienen nachahmen, denn wir können die Frequenzen des Tones, also die Tonhöhe ändern, indem wir, wie beim Pfeifen, die Strömungsgeschwindigkeit der Luft ändern - hoch runter, hoch runter! Wenn wir wollen, können wir so allein auf dem Mundstück eine Melodie spielen, ohne dass wir dafür die Trompete benötigen. Aber: Es klingt kläglich! Was macht denn nun die meist aus Messing bestehende Trompete? Auf alle Fälle verstärkt und verschönert sie den Ton! Aber „schön“ ist das Ergebnis erst mal nicht.
Irgendwie hat Blasmusik mit Schallwellen zu tun. Ich erinnere mich an die Frage meines Professors Schöpf in der Prüfung der Grundlagen der Physik: „Warum kann man eigentlich um die Ecke hören und nicht um die Ecke sehen?“ Glücklicherweise fiel mir die richtige Antwort ein: „Weil Schallwellen und die Ecke in der gleichen Größenordnung liegen, nämlich im Bereich von Metern!“ Ist das wirklich so?
Eine Welle können wir uns vorstellen, im Idealfall ist es eine sog. Sinus-Kurve: Die sog. Wellenlänge steht mit der Frequenz im Zusammenhang Wellenlänge = Schallgeschwindigkeit / Frequenz. Die Schallgeschwindigkeit kennen wir aus unserer Erfahrung, wenn wir berechnen, wie weit ein Gewitter von uns entfernt ist. Sekunden zwischen Blitz und Donner geteilt durch (etwa) drei ist die Entfernung in km! Die Schallgeschwindigkeit ist nämlich 343 m/s.
Und wie groß ist die Frequenz von Tönen, die wir in der Musik wahrnehmen? Im Posaunenchor spielen wir vorrangig mit Instrumenten in B-Stimmung, d.h. beim (richtigen) Hineinblasen ertönt ein (tiefes) B3 mit einer Frequenz von 233 Hz, was einer Wellenlänge von 143 cm entspricht.
Meister Frieder Löbner in Bautzen, der meine Trompete gebaut hat, hat mir verraten, wie lang das Rohr einer Trompete ist, nämlich 1300 mm. Dazu kommt noch das Mundstück. Wenn wir ein B3 spielen, haben wir also ziemlich genau eine Wellenlänge im Rohr. Und das ist das zweite Geheimnis.
Die Länge des Rohres muss zur Wellenlänge passen! Nur dann „klingt“ die Trompete, ansonsten macht sie nur Geräusch. Etwas vereinfacht gesagt: Wohlklang entsteht nur, wenn eine halbe, eine ganze, anderthalb, zwei usw. Wellenlängen in das Rohr passen. Das führt dazu, dass man ohne Zuhilfenahme der Ventile nur die sog. Naturtöne spielen kann, nämlich B3, F4, B4, D5, F5 usw.
Der Bläser erzeugt also mit seinen Lippen eine bestimmte Frequenz und die Länge des Trompetenrohres muss so angepasst werden, dass die Länge des Rohres zur Frequenz bzw. Wellenlänge passt. Das ist die Aufgabe der Ventile. Sie verlängern das Rohr. Richtig klar wird das bei der Posaune. Dort sieht man deutlich, wie das Rohr durch Herausschieben des sog. Zuges verlängert wird.
Erst wenn das alles (vielleicht auch unbewusst) im Kopf, den Lippen und Fingern des Bläsers einer Trompete angekommen ist wird er eine Melodie spielen können. So einfach ist das!;=))
Das Gesagte sollte Sie aber nicht davon abhalten, ihr Kind, Enkelkind oder gar selbst Mitglied in dieser duften Truppe Posaunenchor werden zu lassen. Die Freude über den Erfolg wird in jedem Falle größer sein, als beim „Flohwalzer“ auf dem Klavier.