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Wesenitztaler Landbote – Amtliches Mitteilungsblatt der Gemeinde Dürrröhrsdorf-Dittersbach
Ausgabe 3/2024
Wissenswertes und Unterhaltsames
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Ist das Müll

Müll oder Kunst?

Sicher haben Sie alle schon mal versucht, einen Hund oder einen Hasen als Schattenspiel an die Wand zu werfen. Die ganz einfachen Figuren mit einer Hand, die klappen meist recht schnell und recht gut. Sobald aber die zweite Hand benötigt wird, wie z.B. für Hirsch oder Einhorn wurde die Sache komplizierter und manch einer ist über die Einhandvarianten nicht hinausgekommen.

Andererseits kennen wir alle den Spruch „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Wir meinen damit meist einzelne Objekte, deren Sinn uns nicht so recht erschließt, deren Gestaltung uns nicht 100%ig überzeugt. Beim Müll aber sind wir uns einig: Dieses Nebenprodukt unserer Wegwerfgesellschaft MUSS weg. Oder doch nicht? Kann man Müll und Schattenspiel so kombinieren, dass daraus Kunst wird?

Tim Noble (geb. 1966) und Sue Webster (geb 1967) sind in London lebende Künstler, deren Arbeit dreidimensionale Zusammenstellungen von Objekten mit Licht, Schatten und Humor kombiniert. Was auf den ersten Blick wie ein Haufen Müll aussieht, entstanden vielleicht auf einer wilden Party, entpuppt es sich bei richtiger Beleuchtung als eine präzise Konstruktion, die ein klares, figuratives Schattenbild wirft. Und so kehrt sich die obige Frage um: „Ist das Müll und muss das weg?“

Eigentlich wirkt der Haufen Müll, als hätten ihn die Ludolfs in ihrer Werkstatt zusammengekehrt. Auf der Wand dahinter entsteht jedoch im Schattenbild ein technisch perfektes Werk mit scharfen Schattenrissen: Ein Paar sitzt vollkommen entspannt Rücken an Rücken, in den Händen ein Glas Wein bzw. eine Zigarette. Plötzlich bekommt der Müllhaufden eine romantische Note. Die beiden Künstler sollen ein Jahr lang allen privaten Müll gesammelt haben und danach dieses Schattenselbstporträt geschaffen haben. Es trägt den Titel „Dirty White Trash (with Gulls)“, also „Dreckiger weißer Abschaum (mit Möwen)“ und stammt aus dem Jahr 1998. Der Titel ist wohl auch ein Wortspiel, denn als „white trash“ bezeichnen gutsituierte Menschen in den USA die weiße Unterschicht. Und so erschließt das Kunstwerk uns neben der Kritik an unserem verschwenderischen Lebensstil eine weitere.Bedeutung: dass es nämlich auf den Betrachtungswinkel ankommt, wie man „trash“ sieht und bewertet.

Bernd Heinrich