Im Jahr 2025 blickt unsere heutige Grundschule auf ihr 50-jähriges Bestehen am neuen Standort in Dürrröhrsdorf zurück. Grund genug, dass die Grundschule gemeinsam mit dem Kinderhort und dem Moosmutzelreich des ASB Neustadt auf dieses Jubiläum schaut.
Runde Geburtstage oder Jubiläen sind nicht nur ein Grund zum Feiern, sondern veranlassen uns auch, in die Vergangenheit zu schauen, sich an manch schönes Erlebnis zu erinnern oder Rückschau zu halten auf die Probleme der Zeit.
Als letzter Jahrgang der alten POS in Dittersbach, als ehemaliger Lehrer an der „neuen Schule“ und als verantwortlicher Schulträger (Gemeindeverwaltung) habe ich ein ganz besonderes Verhältnis zu dieser Schule.
Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, um mit Ihnen gemeinsam in alten Erinnerungen zu kramen, geschichtliche Hintergründe aufzudecken und die Entwicklung der Schule am neuen Standort fragmentarisch aufzuzeigen.
Beginnen wir mit einem Exkurs in die Geschichte der „Dorfschule“ in Deutschland.
Die Geschichte der Schule in Deutschland ist, wie heute auch, eng mit den gesellschaftlichen, politischen und religiösen Veränderungen verbunden.
Vor allem der Reformator Martin Luther war es, der der Entwicklung des Schulwesens allgemein und insbesondere der Gründung dörflicher Schulen einen besonderen Schub verlieh. Die Zeit um Martin Luther (1483-1546) war geprägt von tiefgreifenden Umwälzungen, die die Bildung erheblich beeinflussten. Als Reformator und „Gründer“ einer neuen Religion forderte er eine Rückkehr zu den biblischen Quellen. Die Übersetzung der Bibel ins Deutsche förderte die Alphabetisierung und das individuelle Lernen. Man wollte die Heilige Schrift nicht nur hören, sondern auch lesen können.
Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg hatte bereits seit 1450 die Möglichkeit gebracht, Schriften und ganze Bücher in größeren Mengen bereitzustellen und zu vertreiben. Das geschriebene Wort begann an Bedeutung zu gewinnen.
Luther betonte in seinen Forderungen die Bedeutung der Bildung für alle, besonders für den Klerus. Er forderte, dass jede Gemeinde eine Schule einrichten sollte, um den Kindern die Grundlagen der Lesekunst und des christlichen Glaubens zu vermitteln. Dies führte zur Gründung der ersten Volksschulen in Deutschland.
Im späten 16. und 17. Jahrhundert wurde die humanistische Bildung zunehmend populär. Schulen konzentrierten sich auf die Vermittlung klassischer Literatur in Deutsch, Griechisch und Latein. Die Bildung wurde dadurch mehr zum Privileg des Adels und der wohlhabenden Bürger.
In der Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert forderte man neue Ideen für Bildung und Erziehung, das heißt eine reformierte kindgerechte Bildung und staatsbürgerliche Erziehung. Reformer wie Pestalozzi oder Herder wollten mit ihren Ideen breiten Bevölkerungsschichten den Zugang zur Allgemeinbildung erweitern.
Nach der Niederlage gegen Napoleon im 19. Jahrhundert erkannte vor allem der preußische Staat die Notwendigkeit der Einführung eines einheitlichen und staatlich kontrollierten Bildungssystem. Mit der Schaffung des sogenannten „Preußischen Schulsystems“ wurde die allgemeine Schulpflicht eingeführt und es entstand ein System von Grundschulen, das alle Kinder einschloss. Dieses Modell fand im gesamten Deutschen Reich Nachahmung und führte zu einem nahezu einheitlichen Schulsystem.
Ein System, das sich unabhängig von den Inhalten, manch einer heute wieder wünscht, betrachtet man den derzeitigen „Flickenteppich“ aus Inhalten und Organisationsformen in den einzelnen Bundesländern. Welch ein Problem, wenn Kinder umziehen oder einfach nur die Schule wechseln. Andererseits gehören Vielfalt und unterschiedliche Angebote zum Geist unserer Zeit.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 wurde die Schule sehr stark ideologisiert und für Propagandazwecke missbraucht.
Nach dem 2. Weltkrieg und der Teilung des Deutschen Staates in Ost- und Westdeutschland entstanden jenseits der Grenze unterschiedliche Bildungssysteme.
Mit der Wiedervereinigung 1990 standen vor allem die Bildungssysteme in Ostdeutschland vor großen Herausforderungen. Der Austausch der Lehrpläne, die Integration von Lehrkräften und Erziehern und die Veränderung der Schulstruktur waren zentrale Themen.
Anfangs dachte man, alles neu erfinden zu müssen, Altbewährtes über den Haufen zu werfen und völlig neu zu starten.
Ich erinnere mich persönlich noch gut an manch abenteuerliche Unterrichtsversuche, die manchmal im täglichen Chaos endeten. Ebenso an die Abschaffung der Arbeitsgemeinschaften, die heute einfach „Ganztagesangebote“ heißen. Was hat man nach der Wende über die Kinderkrippen und Kindergärten gelästert. Ich erinnere mich noch gut an Fotos von Krippenkindern in einer langen Reihe auf dem „Töpfchen“ und dem Kommentar, dass in der DDR selbst das „kleine und große Geschäft“ uniform erledigt werden musste. Heute betrachten viele westdeutsche Kommunen diese Einrichtung als beispielhaft. Mittlerweile hat man anscheinend nun doch bemerkt, dass „nicht alles schlecht war“ im DDR-Bildungssystem, abgesehen von den stark ideologisch geprägten Inhalten und der mangelnden Meinungsfreiheit. Wer in der DDR ein Abitur wollte, musste in der FDJ sein und die Jugendweihe absolvieren. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei.
Selbstverständlich galt es, Inhalte auszutauschen. Allein die Tatsache, dass man Kolleginnen und Kollegen, die Jahrzehnte erfolgreich Kinder und Jugendliche gebildet und erzogen hatten, erklären wollte, wie Bildung geht, führte zu Frust, Verärgerung und einem gewissen Maß an Demütigung.
Es sollte noch fast drei Jahrzehnte vergehen, bis man erkannte, dass auch ostdeutsche Lehrer und Erzieher erfolgreich arbeiten können. Wie in anderen Berufen, so war und ist der Unterschied und die Wertschätzung in Form einer einheitlichen Bezahlung noch immer mangelhaft. Dies ist vor allem der Zuständigkeit der Länder geschuldet, die im Sinne einer gewissen „Kleinstaaterei“ jeweils ihre eigene Bildungspolitik machen.
Doch kehren wir zur Geschichte zurück, aber das erst in der nächsten Ausgabe.