Lene Voigt
Dieser Spruch von Lene Voigt passt sehr gut zum bewegten Leben und den Schicksalsschlägen einer der bekanntesten sächsischen Mundartdichterinnen.
Liest man ihre Werke voller Witz und Ironie, voller Menschenkenntnis und einer genauen Beobachtungsgabe, dann ahnt man nicht, wie wechselhaft und tragisch die Lebensgeschichte der Lene Voigt war.
Als Helene Alma Wagner wurde sie am 2. Mai 1891 in Leipzig geboren. Der Vater war Schriftsetzer und die Mutter Haushälterin. Nach dem Besuch der Volksschule erhielt sie auf Wunsch der Mutter eine Ausbildung zur Kindergärtnerin.
Mehr als ihre Ausbildung interessierte sie jedoch das Schriftstellerische. Schon im Alter von 15 Jahren hatte sie gedichtet und wurde sogar gedruckt. Vom Schrifttum angezogen, widmete sie sich fortan dem Buchhandel, den sie von Grund auf erlernte.
Eine erste Ehe scheiterte, sie wurde 1920 geschieden. Der Tod ihres geliebten 5-jährigen Sohnes im Jahre 1924 gehörte zu den schwersten Schicksalsschlägen. Eine „offenen Beziehung“ zu einem verheirateten Mann, der im Jahr 1929 verstarb, schadete ihrem Ansehen in der damaligen bürgerlichen Gesellschaft.
Kurz nach ihrer Scheidung arbeitet Lene Voigt als freie Schriftstellerin. In den 20er- und 30er-Jahren entstand ein Großteil ihrer Beiträge für Zeitungen und Zeitschriften. Sie konnte damit ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten änderten sich die Bedingungen wesentlich für die Schriftstellerin. Ihre Texte und Werke in Mundart seien nicht „sächsisch“ sondern „jiddisch“ und zerstören die deutsche Sprachkultur.
Wörtlich hieß es zur damaligen Zeit: „Die Voigt hat die schönsten Dichtungen der Weltliteratur durch gesuchte komische Situationen und Sprachschluderei in die Minderwertigkeit und Lächerlichkeit hinab gezerrt. Das ist bewusste Zersetzung hoher Kulturgüter ...“
Verlage musste auf Anweisung von oben Lene Voigts Buchbestände einstampfen. Für Lene Voigt bedeutete dies nicht nur einen wirtschaftlichen Niedergang, sondern dazu kamen gesundheitliche, in erster Linie psychische Probleme, die fortan ihr Leben beeinflussten und einschränkten. Nach ihrer Entlassung aus einer Nervenklinik in Schleswig waren Flensburg, Hamburg, München und Berlin ihre weiteren Lebens-zwischenstationen. 1940 zieht sie wieder in ihre Geburtsstadt Leipzig.
Nach Kriegsende arbeitete Lene Voigt beim Rat des Kreises Leipzig.
Nahezu mittellos, bewohnt sie ein kleines möbliertes Zimmer.
Als Schriftstellerin unter den Nazis verboten, gerieten auch ihre Werke immer mehr in allgemeine Vergessenheit. Im damals geteilten Deutschland erschienen im westlichen Teil in den 1950er-Jahren lediglich die zweibändigen „Säk`schen Glassiger“ und die „Säk`schen Balladen“ in 2 Auflagen.
Im Sommer 1946 musste sie erneut ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Es erfolgte eine Einweisung in die Psychiatrie des Bezirkskrankenhauses Leipzig-Dösen. Hier schrieb sie an ihren „Klassikern“ und Gedichten, die sie an Mitarbeiter des Krankenhauses als „sächsischen Kleinkram“ verschenkte. Die Arbeit am Schriftstellerischem war für sie zugleich eine Art Therapie. Eine Einnahmequelle war diese Tätigkeit nicht, denn ihre Beiträge wurden nicht veröffentlicht, sondern wanderten nur von Hand zu Hand.
In der Psychiatrie blieb sie auf eigenen Wunsch bis zu ihrem Tod im Juli 1962.
Erst in den 1980er-Jahren erinnerte man sich auch in Ostdeutschland wieder an Lene Voigt.
Vor allem die Kabarettisten Bernd-Lutz Lange, Gunter Böhnke oder Tom Pauls brachten Voigt`s Werke zur Freude und Erheiterung des Publikums auf die Bühne.
Als 2002 der Leipziger Kabarettist Jürgen Hart („Sing mei Sachse sing“) verstarb, war es dessen Wunsch in der Nähe des Grabes von Lene Voigt auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt zu werden. Eine sehr persönliche Würdigung der Verdienste Lene Voigts.
Heute ist uns Lene Voigt mit ihrem Dialekt, mit ihren Gedichten, Reimen und „geschichtsträchtigen Balladen wieder allgegenwärtig. Wer will, findet zum Beispiel im Buch „Mir Sachsen“ (erschienen in der Connewitzer Verlagsbuchhandlung) oder in den „Säk`schen Balladen“ (Wunderlich Taschenbuch) herrliche Beispiele ihre Schaffens.
Eine Kostprobe gefällig?