Grandhotel Pupp – hier traf Quandt Johann Wolfgang von Goethe
Als ich 1984 zusammen mit dem im Februar dieses Jahres verstorbenen, damaligen Kustos der Gemäldegalerie Neue Meister Prof. Dr. Hans-Joachim Neidhardt und seiner Mitarbeiterin Karin Perßen begann, eine Broschüre zum 200. Geburtstag von Johann Gottlob von Quandt zu erarbeiten, griffen wir natürlich auf vorhandenes Quellenmaterial zurück. Natürlich übernahmen wir dabei auch die von Quandt selbst in einem Artikel in der Zeitschrift „Europa – Chronik der gebildeten Welt“ genannte Jahreszahl 1808 für das Zusammentreffen mit Goethe in Karlsbad.
Es war die Leipziger Kunsthistorikerin Susanne Heiland, die mich auf den Fehler in Quandts Artikel aufmerksam machte, dass nämlich das Treffen erst im Sommer 1810 stattfand, denn der Ball zu Ehren der preußischen Prinzen Heinrich und August fand am 8. Juli 1810 statt. Hier traf Goethe auch Marianne von Eybenberg, die er seit 1795 kannte. Bis zu seiner Abfahrt nach Teplitz war er täglich mit ihr zusammen. Es folgt die Schilderung Quandts zum Treffen in o.g. Artikel.
(…) Im Jahre 1808 [sic!], als ich meinen schon damals fast erblindeten Vater nach Carlsbad begleitete, war Goethe dort. Es bot sich mir keine Gelegenheit, ihn zu sprechen, denn er lebte sehr zurückgezogen, daß man ihn nicht einmal am Brunnen zu sehen bekam. Ich hatte bemerkt, daß Goethe des Abends zu den Sprudel ging, weil um diese Zeit sich keine Gäste daselbst einfanden.
Keine Bedenklichkeiten konnten die Sehnsucht, mich ihm zu nahen, stillen, ich folgte seinen Schritten und sprach ihn an. Ich sprach es aus, wie seine Dichtungen mir mein eigenes Herz aufgeschlossen, mich erfüllt hätten und ich in meinem Innern nur von und durch ihn lebe.
Goethe hörte meine Worte wohlwollend an, erkundigte sich nach dem Zwecke meines Aufenthaltes in Carlsbad, frug nach meinem Namen und Verhältnissen und schien damit befriedigt. Um die freie Zeit gehaltvoll auszufüllen, da ich den Brunnen nicht als Patient gebrauchte, rieth mir Goethe, mich mit Geognosie (im 19. Jhd. für Geologie – B.H.) zu beschäftigen, wozu die Carlsbader Gegend reichhaltigen Stoff darbietet. Goethes Tätigkeit war damals selbst auf geognostische Forschungen eifrig gerichtet, und so verbreitete er sich ausführlich über diese Gegenstände. Ich kann wohl sagen, ich hörte ihm mit Entzücken zu, ja ich sah die Erdrinde sich durch Niederschläge von kochendem Wasser bilden und wie die Dämpfe die Gebirge sprengen, woraus Täler du Klüfte entstanden. Während dieses Vortrags hatte Goethe etwa zwei Becher gemächlich geleert und machte sodann eine Bewegung mit dem Haupte, was ich als Verabschiedung nahm und mich empfahl (…). Mit welcher Seligkeit die Erfüllung des sehnlichsten Wunsches mein Herz durchdrang, in einer Zeit, „da ich selbst im Werden war“, fühle ich jetzt nicht schwächer als damals.
Es vergingen mehrere Tage, ohne Goethe zu sehen. Bald darauf reiste der Kronprinz von Preußen und sein Bruder durch Carlsbad, wo sie eine Nacht verweilten. Die Badegäste veranstalteten auf Subscription, den hohen Gästen zu Ehren, eine Fete im sächsischen Saal und mein Vater überließ es mir, seine Stelle dabei zu vertreten. (Das war am 8. Juli 1810! – B.H.) Das Fest war eigentlich nichts als eine Cour und da keine Damen dabei waren, sehr wenig erfreulich. Die hohen Herrschaften standen am Ende des Saales, in ihrer Nähe die vornehmsten Badegäste und wir anderen garnirten die Wände. Ich blieb bescheiden unweit des Eingangs. Unter den Personen in der Nähe der Prinzen war Goethe. Als er meiner ansichtig wurde, schritt er durch den weiten Raum. Der uns trennte, auf mich zu., sagte, daß es ihm angenehm sei, mich hier zu sehen und da ich wohl wünschen würde, die Namen der ausgezeichneten Personen dieser Versammlung zu erfahren, so wolle er sie mir nennen. Als dies geschehen war, begab sich Goethe an seinen Platz zurück und ich verließ die Gesellschaft überschwenglich glücklich.“
Dieses Treffen des damals 23 Jahre jungen Quandt mit dem 61jährigen Dichterfürsten, der gerade seinen Faust vollendet hatte, war Ausgangspunkt von Quandts tiefer Goetheverehrung und führte letztendlich zum Bau von „Schönhöhe“