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Wesenitztaler Landbote – Amtliches Mitteilungsblatt der Gemeinde Dürrröhrsdorf-Dittersbach
Ausgabe 8/2023
Wissenswertes und Unterhaltsames
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Eine Krankenkasse in Dittersbach

In meinen Unterlagen findet sich eine Schrift mit dem Titel „Übereinkunftspunkte der Krankenunterstützungsgesellschaft zu Dittersbach“ vom 11. Dezember 1851. Das ist also eine Art Krankenkasse der Quandt`schen Zeit.

§1 erklärt den Zweck der Gesellschaft:

„Gegenseitige Unterstützung in Krankheitsfällen und bei körperlichen Beschädigungen, welche nicht durch Schlägereien oder üble Unternehmungen entstanden sind.“

§2 regelt die „Erlangung der Mitgliederschaft und deren Verlust“:

a) Zunächst beschränkt sich zwar diese Gesellschaft auf Personen, welche wesentlich in den Dörfern wohnen, die nach Dittersbach eingepfarrt sind… b) Wer die Mitgliedschaft erlangen will, muß zur Zeit seines Beitritts arbeitsfähig sein c) Jedes Mitglied ist verbunden, jeden Monat einen Neugroschen regelmäßig zu entrichten. D) Bei Eintritt hat jedes neue Mitglied vier Neugroschen Eintrittsgeld zu entrichten und dann seine regelmäßige Beisteuer vom nächsten Monat an zu zahlen.“

Für uns heute ergibt sich die Frage, welchen Wert ein sog. „Neugroschen“ um 1851 besaß. Wie so oft hilft WIKIPEDIA, wo es heißt: Der Wochenverdienst betrug damals 2 Taler und 7 Neugroschen. Da 1 Taler 30 Neugroschen hatte, verdiente man also ca. 67 Neugroschen wöchentlich bzw. 287 Neugroschen monatlich. Der Mitgliedsbeitrag betrug also ca. 1/300 des Monatsverdienstes. Bei einem Einkommen von 2500€ heute wären das 8-9 €.

Zum Vergleich: Eine halbe Kanne Butter (ca. 0,5 kg) kostete damals 10 Neugroschen. Der monatlich zu zahlende Mitgliedsbeitrag entsprach also dem Wert von 40-50 g Butter.

§5 erläutert „Was bei Ertheilung von Unterstützungen zu beobachten ist“:

a) Jedes Mitglied erhält, wenn es erkrankt, wöchentlich 20 NGr. Sollte die Krankheit länger als 20 Wochen dauern, so hört die Unterstützung auf. Hat also Jemand die Unterstützung innerhalb dieser 20 Wochen genossen, so hat er erst nach Verlauf von sechs Wochen das Recht, wiederum Ansprüche an die Kasse machen zu dürfen.“ Die Unterstützung betrug also ca. 1/3 des Arbeitslohnes.

Für den Fall, dass jemand eine Krankheit vortäuscht, erklärt §2, Abs. f):

“Sollte wider Erwarten ein oder das andere Mitglied sich beikomen lassen, Krankheit blos vorzugeben und hierauf Krankenunterstützung erhoben zu haben, so soll dasselbe nach nachweislich gemachten Ungebührnis, als völlig vom Vereine geschieden und aller Ansprüche an die Vereinskasse für verlustig erachtet werden.“

Das „Comite der Gesellschaft“ bestand aus 12 Mitgliedern, das waren im Einzelnen:

Gutsbesitzer Häse

Pastor M. Putzer (Vorsteher des Vereins)

Von Quandt auf Dittersbach usw.

Gustav von Quandt, Sekretär

Maurermeister Trepte

Schullehrer Zeibe

Seiten Röhrsdorfs:

Gutsbesitzer August Michel

Gutsbesitzer Müller

Gutsbesitzer Erbrichter Scheumann

Gutsbesitzer Ufer

Hausbesitzer Gottfried Ufer

Gutsbesitzer Gemeinde-Vorstand Vetter

Das Dokument klärt weiterhin Fragen der Unterstützung von Wöchnerinnen nach der Niederkunft, Krankheit auf Reisen, Tod von Mitgliedern und den Nachweis der Krankheit durch den Gemeindevorstand bzw. einen Arzt.

Unterzeichnet ist das Dokument „Im Namen der Gesellschaft: M. Friedrich Moritz Putzer, P. Vorsteher.“

Bernd Heinrich