In der Historie der „Schönen Höhe“ spielt der Monat September eine besondere Rolle: Am 19. September 1830 schreibt Goethe den Brief, den Quandt als „Reliquie“ bezeichnet und den er bei der Grundsteinlegung der Schönen Höhe am 12. September 1831 einmauern lässt. Am 12. September 1833 wird der Turm eingeweiht. In dem Brief erkundigt sich Goethe nach den Auswirkungen der Unruhen am 9. September in Dresden auf die Familie und die Besitzungen der Quandts. Quandt antwortet am 26.September 1830 und schildert die Ereignisse aus seiner Sicht:
Hochzuverehrender Herr Staats Minister, sehr verehrter Herr Geheimer Rath.
Eure Excellenz haben durch Hoch Dero wohlwollende Besorgnisse, welche Dieselben äußern, mich auf das dankbarste verpflichtet, Ihnen Nachricht zu geben, wie die unruhigen Tage für mich verflossen sind[...]
Die Ereignisse, welche die Behörden so unvorbereitet überraschten, waren doch nicht so unerwartet, denn es ging unter dem Volke die dunkle Sage, dass am ersten Neustädter Jahrmarktstage, ein Aufruhr entstehen würde.
Meine Frau, welche von ihren Domestiken davon gehört hatte, brachte mir diese Nachricht nach Dittersbach, wo ich des schönen Herbstes mich erfreuend, in tiefer Ruhe lebte.
Ich begleitete jedoch an demselben Tage meine Frau nach der Stadt zurück und bemerkte bei meiner Ankunft um 9 Uhr, eine ungewöhnliche Bewegung auf den Straßen.
Die ersten Ausbrüche hatten sich bei dem Concert im großen Garten geäußert, wo mehrere junge Leute von den Musikern den Marseiller Marsch verlangt und dann mit Gesang und Freiheitsgeschrei nach der Stadt gezogen waren. Neugierige und Unzufriedene, hauptsächlich aber brotlose Müßiggänger, hatten den Auflauf vermehrt, der sich nach dem Rathause und dem Polizeigebäude wälzte, wovon letzteres zerstört und aus ersterem ein Teil der Akten auf dem Markte verbrannt wurden.
In Neustadt, wo ich wohne, blieb es ziemlich ruhig und ich sah von meinem Hause aus den roten Feuerschein von den brennenden Papieren über Altstadt und hörte das wilde Geschrei in der Feme.
Die Soldaten, welche den strengsten Befehl erhalten hatten, ihre Waffen nicht zu brauchen, waren genötigt worden, sich aus der Stadt zu entfernen und so war für diesen Augenblick gar keine äußre Kraft da, welche dem Aufruhr Grenzen setzen konnte, und dies ist gewiss ein furchtbarer Moment.
Merkwürdig ist es daher doch, dass diese Ausbrüche sich so weit beschränkten, nur das Polizeigebäude mit allem, was darin enthalten war und einen Theil unwichtigerer Akten des Rathauses zu zerstören. Die Vormundschaftspapiere, Depositen, so wie die Wohnungen selbst sehr wenig beliebter Personen, blieben verschont und wurden nicht, wie es in Leipzig der Fall gewesen war, zerstört.
Den Freytag dauerte dieser anarchische Zustand bis Nachmittag fort. Als ich an diesem stürmischen Vormittag nach Altstadt fuhr, um einige Geschäfte zu besorgen und einem kranken Freunde, den Prof: Wach aus Berlin, beizustehen, fand ich die Straßen noch sehr mit Menschen gefüllt und sah, wie man noch immer das Polizeigebäude zerstörte. Ich kann nicht sagen, dass mir auf diesem Wege, das geringste unangenehme geschehen wäre, obwohl es nicht ganz vorsichtig sein mochte, in einer solchen Zeit sich in einer Equipage blicken zu lassen.
Wie weit jedoch die Ausbrüche der Leidenschaft noch gegangen wären, wenn man nicht in der Bewaffnung der Einwohner selbst ein Mittel zur Wiederherstellung der Ordnung und eine Bürgschaft für Sicherheit gesucht und gefunden hätte, lässt sich wohl nicht berechnen.
Die Schlimmen wurden dadurch paralysiert und die Masse der Gutgesinnten verschlang und amalgamierte gleichsam die Aufrührerischen, in einen neuen geordneten Körper und die Unentschiedenen fanden einen Punkt, dem sie sich anschließen konnten.
Diese Maßregel der Bewaffnung führte allerdings die Notwendigkeit herbei, den Beschwerden der Einwohner Gehör zu geben und die Ereignisse so ungewöhnlicher Art bestimmten den wahrhaft liebevollen König, sich einen jungen und rüstigen Beistand, in der Person des Prinzen Friedrich zu wählen.
Es ist nur sehr zu wünschen, dass die Forderungen des Volks, aus einem klaren Bewusstsein dessen; was allgemein wahrhaft heilsam ist, hervor und nicht wie mir scheint zum Theil von einseitigen Ansichten und Berücksichtigungen des Vorteils einzelner Korporationen, Innungen und Gemeinden ausgehe.
Man begreift kaum, wie in so kurzer Zeit so viel sich ereignen und wie alles so kommen konnte.
[…]
Auf das tiefste betrübt es mich, dass der König Anton das büßt, was sein Vorgänger verschuldet hat, den das Volk abergläubisch verehrte und der eine lange Regierung vorübergehen ließ, ohne die physischen und geistigen Kräfte des Volks durch Beschäftigung zu bilden und zum Wohl des Ganzen zu entfalten. Mangel an Beschäftigung, ist das große Übel, woran wir litten, und woraus Verarmung, Müßiggang und teils ein dumpfer Unmut, teils eine frömmelnde Schlaffheit entstand.
[…]
Eurer Excellenz danke ich nochmals ganz ergebenst für Ihre Anteilnahme und ersuche alle meine Gönner und Freunde zu beruhigen, dass ich nichts im Sturm der Ereignisse gelitten und auch wohl nichts zu fürchten habe, der ich mit größter Verehrung verharre Ausbrüchen der Unruhen in ein gutes, aber festes Vernehmen mit diesen Leuten gesetzt habe, hoffe ich, wird es auch ruhig um mich her bleiben.
Dresden
Den 26.Septr 1830
Ew Excellenz
aller ergebenster Diener v Quandt.