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Amtsblatt Stadt Dessau-Roßlau
Ausgabe 11/2024
Serie „Stadtgeflüster“
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Heute: Agnes, Gisbert und ein Waschbär - oder Tierliebe der invasiven Arten?

„Hast du schon gesehen, Agnes?", fragt Gisbert beim Hereinkommen in die Gartenlaube. „Da drüben im hohlen Baumstamm liegt ein Waschbär." Agnes schaut vom Kaffeetisch auf und dann zum Fenster. „Oje, der ist ja abgemagert… Den können wir da nicht liegen lassen", meint sie besorgt. „Aber was machen wir dann mit ihm?", fragt Gisbert nachdenklich. „Erstmal hole ich etwas Wasser und Katzenfutter." Agnes macht sich am Wasserhahn zu schaffen. „Du, Gisbert, frag doch so lange vielleicht einfach unseren lieben Sparten-Nachbarn Heinrich. Der kennt sich doch sicherlich mit Wildtieren aus."

Während Agnes in der Laube mit Schüsseln klimpert, geht Gisbert zum Nachbarszaun. „Ein verletzter Waschbär?", fragt Heinrich verdutzt. Gisbert nickt. „Da fragt am besten erstmal bei unserem Ordnungsamt nach, ob es einen zuständigen Jäger für dieses ungenutzte Grundstück da gibt." „Danke Heinrich, so machen wir das."

Kaum hat sich Gisbert vom Nachbarn verabschiedet, geht er geradewegs zum Fernsprecher. „Agnes!", ruft er nach ein paar kurzen Gesprächen, „der Herr vom Ordnungsamt hat mir den Kontakt vom zuständigen Jäger Plünne gegeben. Da habe ich gleich angerufen und Herrn Plünne auch erreicht. Er meinte, er habe kein Interesse an dem Waschbären und würde ihn uns überlassen."

„Und nun?", entgegnet ihm Agnes. „Wie geht es mit dem Bären weiter?" „Das ist eine gute Frage, Liebes… Futter und Wasser hat er erstmal. Aber langfristig reicht das wohl nicht." Nachdenklich zieht Gisbert die Stirn graus. „Wollen wir deinen Freund Jochen fragen, ob er Ahnung von Waschbären hat? Immerhin zieht er auch Igel und Eichhörnchen auf." „Das ist eine gute Idee, Gisbert. Ich rufe ihn gleich an."

Kurz nachdem Agnes in Richtung Fernsprecher verschwunden ist, hört Gisbert sie schon mit Jochen schwatzen. „Oh, ein verletzter Waschbär…", meint dieser verwundert. „Dafür solltet ihr mal mit der Naturschutzbehörde reden. Immerhin kommen die putzigen Bärchen aus Amerika und machen uns hier ganz schön Ärger. Die gelten bestimmt als invasive Art und dürfen nicht einfach so aufgenommen oder gehalten werden."

Gesagt, getan. Am nächsten Tag bringt ein Telefonat mit der Naturschutzbehörde Aufschluss:

Waschbären gelten tatsächlich als invasive Art und dürfen nur unter bestimmten Bedingungen gehalten werden: ausbruchssicher, gechipt und kastriert. Auch ist die Haltung zu dokumentieren und Zu- und Abgänge sind festzuhalten.

Werden diese Rahmenbedingungen eingehalten, gibt es sogar einen netten Brief von der Behörde. Ob Gisbert und Agnes nun stolze Waschbären-Eltern werden wollen?