Titel Logo
Amtsblatt Stadt Dessau-Roßlau
Ausgabe 12/2025
Seite 2 - Kolumne
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe
-

Kolumne

Liebe Leserinnen und Leser,

der Dezember ist der Monat der Besinnung und Festlichkeit. Gleichzeitig ist bis zum Ende des Jahres noch viel zu tun. Die letzte Stadtratssitzung ist für den 10. Dezember geplant. Der wichtigste Tagesordnungspunkt ist die Beschlussfassung zum Haushalt 2026. Bereits mit dem Haushalt 2025 hat der Stadtrat mir einen Auftrag erteilt und zwar: „Übertragung Anhaltische Gemäldegalerie, Georgengarten und historischer Friedhof an das Land“. Mit dem Wort Land ist die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz gemeint. Die Kulturstiftung ist eine Landesstiftung und wird vom Land und vom Bund finanziert. Sie hat ihren Sitz im Schloss Kühnau und ist zuständig für das UNESCO Weltkulturerbe Dessau-Wörlitz.

Der Auftrag zur Übertragung wurde mir vom Stadtrat erteilt, weil die Stadt damit erheblich finanziell entlastet werden würde. Bisher kümmert sich die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz bereits um die Schlösser in Wörlitz, Oranienbaum, Mosigkau und das Schloss Kühnau. Schloss und Park Georgium mit der Anhaltischen Gemäldegalerie würden dazukommen.

Ich habe im Laufe des Jahres mit dem Land Gespräche geführt und es wurde signalisiert, dass grundsätzlich Bereitschaft und Interesse besteht, das Schloss Georgium mit der Anhaltischen Gemäldegalerie und Garten- und Parkanlagen wie den Georgengarten, Kühnauer Park und Historischen Friedhof in die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz zu übernehmen. Das Land sieht darin den Vorteil, dass Pflege, Bewahrung, Erforschung und Vermittlung des Weltkulturerbes Dessau-Wörlitz bei der Kulturstiftung in einer Hand liegen würden und einheitliche Standards zur Anwendung kommen können. Die Stadt ist Mitglied im Kuratorium der Stiftung und kann darüber weiterhin Einfluss nehmen.

Zur Anhaltischen Gemäldegalerie gehört naturgemäß auch eine Gemäldesammlung, die für die Arbeit der Galerie unabdingbar ist. Daher wird vom Land eine Übertragung der Gemäldegalerie an die Kulturstiftung nur dann für sinnvoll erachtet, wenn auch Gemälde übertragen werden. Es geht nicht darum, sämtliche Kunst und Kulturgüter der Stadt an die Stiftung zu übertragen, sondern solche, die einen Bezug zum Dessau-Wörlitzer Gartenreich haben und denkmalgeschützt sind. Diese Position des Landes ist nachvollziehbar, denn es ist schlüssig, dass die zum Weltkulturerbe Dessau-Wörlitzer Gartenreich gehörenden Gemälde auch von der Kulturstiftung verwaltet, gepflegt, erforscht und in der Anhaltischen Gemäldegalerie gezeigt werden.

Im Stadtrat bestand in der Vergangenheit keine Mehrheit für eine Eigentumsübertragung der Gemälde an die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, da diese von erheblichem Wert sind. Stattdessen wurde eine Dauerleihgabe bevorzugt. Auch diese Position ist nachvollziehbar. Sie hat aber für die tägliche Arbeit der Anhaltischen Gemäldegalerie Nachteile, da zum Beispiel unterschiedliche Denkmalbehörden zuständig blieben oder der in der Museumslandschaft übliche Leihverkehr aufwändiger ist. Die Zuständigkeit für das Welterbe würde auch weiterhin in mehreren Händen liegen und nicht dort, wo die UNESCO die Zuständigkeit verortet, bei der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz.

Um dennoch in der Sache weiterzukommen, habe ich mit dem Land eine Option besprochen, die einen Kompromiss darstellen kann: Die Stadt stiftet die Kulturgüter zu, unter der Bedingung, dass bei einer Auflösung der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz das Eigentum zurück an die Stadt fällt. Veräußern darf die Stiftung die Kulturgüter natürlich auch nicht, da es dem Zweck der Zustiftung widerspricht. Auf diesem Weg erhält die Stiftung das Eigentum. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass bei einer Auflösung der Stiftung alles zurück an die Stadt geht.

Somit habe ich für den Stadtrat eine Beschlussvorlage eingereicht, die Klarheit bringen soll. Stimmt der Stadtrat dem Vorschlag zu, so kann ich mit dem Land weiter über eine Übertragung verhandeln und weitere Beschlüsse vorbereiten, andernfalls nicht. Die Konsequenz wäre, dass die Stadt mittelfristig weitere 10 Millionen EUR an anderer Stelle im Haushalt einsparen muss.

Ich möchte an dieser Stelle einige Fragen und Antworten formulieren, die für die Diskussion für und gegen eine Eigentumsübertragung relevant sein können.

Um wie viel würde die Stadt finanziell entlastet werden?

Der finanzielle Aufwand für den Unterhalt und Betrieb der Anhaltischen Gemäldegalerie sowie die Pflege der Garten- und Parkanlagen des Welterbes beträgt derzeit grob geschätzt etwa 2 Mio. EUR pro Jahr. Da die Stadt eine mittelfristige Haushaltsplanung für 5 Jahre aufstellt, ergibt sich allein für diesen Zeitraum eine finanzielle Entlastung der Stadt von etwa 10 Millionen EUR.

Zur Offenheit gehört auch: wünschenswert wären schon heute mehr finanzielle Mittel für Vermittlung, Erforschung, Pflege und Unterhalt, da die Kulturgüter ein UNESCO Weltkulturerbe sind. Deshalb plant die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz für den Fall einer Zustiftung höhere Ausgaben als die Stadt ein. Der Standard würde sich erhöhen. Das Land hat sich über den Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, dies zu finanzieren.

Sind in den finanziellen Aufwendungen alle Kosten enthalten?

Nicht enthalten in den jährlichen Kosten sind größere Investitionen wie zum Beispiel der Bau eines Depotgebäudes. Diese Investitionen erhöhen über Abschreibungen und Betriebskosten den finanziellen Aufwand. Derzeit lagern Teile der Sammlungen in Mietdepots. Da weder mit der Galerie noch mit den Parkanlagen große Einnahmen erzielt werden, erhöht sich die finanzielle Belastung mit jeder Tarif- und Kostensteigerung weiter.

Wie hoch ist der Gesamtwert des Vermögens, das übertragen werden soll?

Diese Frage kann erst dann endgültig beantwortet werden, wenn das finale Verhandlungsergebnis mit dem Land vorliegt. Das endgültige Ergebnis wird dem Stadtrat nochmal zur Beschlussfassung vorgelegt.

Die Eröffnungsbilanz der Stadt gibt eine Orientierung. Darin sind folgende Werte festgehalten:

Kunst und Kulturgüter Anhaltische Gemäldegalerie:  —  58.3 Mio. EUR

Grund- und Boden Park- und Grünanlagen:  —  13.6 Mio. EUR

Festwert Aufwuchs:  —  7.6 Mio. EUR

Grund- und Boden Kulturgebäude:  —  0.8 Mio. EUR

Kulturgebäude:  —  15.2 Mio. EUR

Die oben aufgeführten Positionen enthalten mehr als die zur Zustiftung vorgesehen Vermögensgegenstände. Die Stadt hat auch seit Erstellen der Eröffnungsbilanz erheblich in städtische Anlagen des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs investiert, so zum Beispiel in die Sanierung des Schlosses Georgium und Blumengartenhauses, Einrichtung und Umfeldgestaltung der Anhaltischen Gemäldegalerie und Sanierung des Erdmannsdorfportals am Historischen Friedhof. Hierfür kamen neben Eigenmitteln der Stadt auch Fördermittel in Millionenhöhe von Land und Bund zum Einsatz.

Der Wert der Zustiftung liegt grob geschätzt vermutlich bei etwa 10 Prozent der Bilanzsumme der Stadt. Darin enthalten sind die Fördermittel. Die Bilanzsumme beträgt ca. 1 Mrd. EUR.

Ist es gerechtfertigt, das Vermögen und insbesondere die Gemälde zu übertragen, nur um den finanziellen Aufwand für die Stadt zu reduzieren?

Mit der Zustiftung an die Kulturstiftung überträgt die Stadt zwar Vermögen an die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. Sie überträgt es aber unter der Bedingung, dass das Vermögen an die Stadt zurückfällt, wenn die Stiftung aufgelöst wird. Damit ist sichergestellt, dass die Stadt das Vermögen im äußersten Fall zurückerhält. Die Stadt hätte mit der Zustiftung keine Kosten für Betrieb, Unterhalt und Investitionen mehr. Gleichzeitig bleiben die Parkanlagen und das Schloss Georgium mit der Anhaltischen Gemäldegalerie weiterhin für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich. Dieses Modell wird bereits in Wörlitz, Oranienbaum oder Mosigkau praktiziert und hat sich bewährt.

Hauptziel der Übertragung ist die Sicherung des umfangreichen Kulturangebots in Dessau-Roßlau. Da die Einwohnerzahl sinkt, ist es sinnvoll, die Finanzierung auf breitere Schultern zu stellen und eine Zustiftung vertretbar.

Das Argument, dass sich die Bonität der Stadt verschlechtert, wenn sie die Kulturgüter überträgt, ist übrigens nicht schlüssig. Die Stadt darf Vermögen grundsätzlich nicht für Kredite verpfänden. Das ist meiner Auffassung nach auch richtig.

Hat die Kulturstiftung denn überhaupt genug finanzielle Mittel, um die Aufgabe zu übernehmen?

Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz wird für die Erfüllung der Aufgaben zusätzliches Geld vom Land benötigen und erhalten. Der Koalitionsvertrag hat dafür die politischen Voraussetzungen geschaffen. Bei der Übertragung wird darauf geachtet.

Wieso verhandelt die Stadt nicht auch gleich über die Finanzierung des Anhaltischen Theaters mit dem Land? Auch das Theater gehört zum Erbe Anhalts.

Das Land hat über den Koalitionsvertrag nur ein Mandat für die Übernahme des UNESCO Welterbes Dessau-Wörlitz. Voraussetzung ist, dass die Zuständigkeit für den städtischen Anteil am Welterbe auf die Landesstiftung übergeht.

Eine höhere finanzielle Beteiligung des Landes an der Theater- und Orchesterfinanzierung wird die Stadt weiter einfordern. Sie kann aber nur separat verhandelt werden. Politisch muss darauf geachtet werden, dass eine neue Landesregierung den finanziellen Spielraum vom Landtag erhält. Das Land steht in der Verantwortung das Erbe Anhalts finanziell zu fördern. Anhalt ist konstituierender Bestandteil des Landes Sachsen-Anhalt.

Die Stadt plant eine BUGA, will aber den finanziellen Aufwand beim Gartenreich nicht mehr tragen. Ist das nicht widersprüchlich?

Die BUGA findet im Jahr 2035 auf vorhandenen Flächen im Stadtgebiet statt und ist ein Stadtentwicklungsvorhaben. Dieser Ansatz wurde aus Gründen der Nachhaltigkeit gewählt. Die Übertragung des UNESCO Weltkulturerbes an die Landesstiftung entlastet die Stadt dauerhaft finanziell und dient der Sicherung eines breiten Kulturangebots, indem die Finanzierung auf breitere Schultern gelegt wird.

 — 

Liebe Leserinnen und Leser,

ich wünsche Ihnen in der anstehenden Advents- und Weihnachtszeit frohe und besinnliche Stunden im Kreise lieber Menschen. Kommen Sie gut ins neue Jahr 2026.

 — 

Herzliche Grüße

 — 

Ihr
Robert Reck