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Amtsblatt Stadt Dessau-Roßlau
Ausgabe 6/2023
Serie „Stadtgeflüster“
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Serie „Stadtgeflüster“

Glauben Sie nicht alles, was Gisbert so erzählt! Er muss nicht immer schwer arbeiten, wenn es gutes Frühstück gibt. Letzten Sonntag gab es Puddingsuppe, Rührei und Frühstücksspeck zu den Brötchen und eine große Schüssel schwarzes Heidelbeerkompott von Tante Lotte. Danach verschwand Gisbert hinter der Sonntagsbeilage des Busch-Kuriers. Fast eine Stunde hätte man denken können, er sei tot, hätte er nicht von dem vielen Essen ab und zu aufstoßen müssen.

Dann hörte ich Gisbert: „Agnes, ein Wissenschaftler aus San Diego hat nach seinen Forschungen folgende provokante These aufgestellt: Die Leute heben eher den Kot ihrer Hunde auf, als ihre eigenen Zigarettenstummel! Agnes! Stell dir vor, jährlich werden 6,5 Billionen Zigaretten verkauft - 18 Milliarden pro Tag. Zigaretten enthalten üblicherweise Tabak und damit mehr als 4.000 Chemikalien. Während des Rauchens lösen sich Tabak und Papier in Rauch und Asche auf, zurück bleiben Billionen von Zigarettenfiltern, angereichert mit Schwermetallen, Teer, Chrom, Benzol und Arsen. Nur ein Drittel der Filter landet im Müllbehälter, der Rest dekoriert auch in Dessau-Roßlau Straßen, Wohnviertel, Spielplätze und die Natur. Und damit fangen die Probleme erst an. Die „Stummel“, die achtlos in die Umgebung „geschnippt“ werden, haben es in sich, richten Schaden in der Umwelt an. Denke an unzählige Waldbrände, allgemein bekannt und schlimm genug. Studien zeigten auch, dass selbst nach 96 Stunden einweichen in Wasser die Konzentration der gelösten Schadstoffe aus einem Stummel ausreicht, um einen Fisch zu töten. Langzeitstudien belegten, 10 Jahre lang können gefährliche Schadstoffe freigesetzt werden. Aber leider ist das Schnippen von Stummeln auch in unserer Stadt gängige Praxis. Derartiges Verhalten wird auch im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren mit Verwarngeldern von 20 bis 40 € geahndet. Soweit muss es doch nicht kommen, schließlich ist der Taschenaschenbecher längst erfunden! Wir alle sollten gemeinsam Verantwortung für eine saubere und lebenswerte Stadt Dessau-Roßlau übernehmen!“

Während dieser fulminanten Rede war der Zeigefinger von Gisbert in die Höhe gefahren und ihm dabei die Zeitung entfallen. Nun bückte er sich, hob sie auf und konzentrierte sich ohne ein weiteres Wort auf das große Kreuzworträtsel. Bald darauf hörte ich ihn laut schnarchen - bis der „Tatort“ begann.

Es stimmt also nicht, dass ich ihn ausnutze!