Das Frühstück hatte heute lange gedauert. Nachdem der Tisch abgeräumt war, schupste ich Gisbert an: „Komm! Wir wollen dir doch in der Stadt einen neuen Anzug kaufen!“ Gisbert maulte zwar ein Weilchen, stand aber doch auf.
Weit sind wir jedoch nicht gekommen. Schon an der nächsten Ecke kam uns Frau Böck entgegen. „Hallo!“, rief sie, „ich habe gerade kompostierbare Kunststofftüten für unsere Biotonne gekauft!“
Sie hatte den Satz kaum ausgesprochen, da sauste Gisberts Zeigefinger wahrscheinlich mit Überschallgeschwindigkeit in die Höhe und er wurde wie immer in solchen Situationen laut: „Frau Böck! Laut unserer Abfallsatzung dürfen nur Bioabfälle ohne Fremdstoffe, wie Kunststofftüten, in die Biotonne eingefüllt werden!“
Frau Böck wollte widersprechen: „Aber …“
Gisberts Oberlehrerstimme blieb unerbittlich: „Kompostierbare Biobeutel aus biologisch abbaubaren Werkstoffen werden auf Basis von Stärke hergestellt. Das bedeutet, dass sie zu ca. 50 Prozent aus Stärke, aber auch zu 50 Prozent aus Erdöl bestehen. Sie enthalten Kunststoffkügelchen, die in ein Maisstärkegerüst eingebunden sind. Bei der Kompostierung zerfällt das Gerüst, die kleinen Kunststoffteilchen jedoch bleiben im Kompost erhalten und verunreinigen ihn. In einer Kompostieranlage haben die Beutel zwar ausreichend Zeit, sich weitgehend zu zersetzen, jedoch niemals vollständig. Wir haben in unserer Stadt jedoch eine Vergärungsanlage, so dass die Zeit zum Zersetzen nicht reicht.“
Gisbert machte eine Pause, aber nur kurz: „Alle Tüten verschmutzen und sind von normalen Plastiktüten nicht mehr unterscheidbar. Deshalb müssen immer alle aussortiert werden. Außerdem besteht für Sie das Risiko, dass die Biotonne aufgrund der Verwendung kompostierbarer Kunststoffbeutel nicht geleert wird.“
Frau Böck schlich mit hängenden Schultern von dannen. Gisbert rief ihr noch hinterher: „Papiertüten sind die weitaus bessere Alternative! Sagen Sie das ihrem Gatten!“
So wie er das Wort „Gatten“ aussprach, lief es mir kalt über die Schultern.
„Agnes, er hätte früher bei mir besser in der Schule aufpassen müssen“, maulte Gisbert nach einer Pause. „Aber, Gisbert“, entgegnete ich, „damals gab es ja noch gar keinen Kunststoff!“
„Egal“, winkte Gisbert ab. „Ich habe mich jetzt so aufgeregt, dass ich mich erst einmal zu Hause ausruhen muss!“
Wie soll Gisbert da zu einem Hochzeitsanzug kommen?