Vor dem Haus Johannisstraße 4 wurde am 8. August ein Stolperstein für Erich Köckert verlegt, im Rahmen einer Projektwoche der Klasse 9b der Ganztagsschule Zoberberg – Gemeinschaftsschule. Mit einer Spende und Putzpatenschaft unterstützen die Schülerinnen und Schüler das Erinnerungsprojekt der Werkstatt Gedenkkultur im Kiez e.V.
Das Haus wurde 1904/05 erbaut durch Schlossermeister Carl Köckert (1839 – 1906) im Jugendstil, auf dem großen Hintergelände waren die geräumigen Werkstätten seiner Schlosserei. Die Balkone sind mit schmiedeeisernen Gittern aus dieser Werkstatt geschmückt. 1906 wurde die Werkstatt in den Süden der Stadt verlegt. Unter dem Sohn Carl Köckerts, dem Kunstschmiedemeister Max Köckert, nahm der Betrieb 1910 die Fabrikation von Gittermasten, später die von Stahlhoch- und Brückenbauten auf und entwickelte sich zu einer bekannten Spezialfirma. Die Fabrik wurde in die neue Werksanlage in der Industriestraße in Dessau-Süd verlegt, wo sich das Nachfolge-Unternehmen noch heute befindet, jetzt Teil der Roßlauer Schiffswerft GmbH & Co. KG.
Erich Köckert ist der Enkel Carl Köckerts. Er trat 1936 als Teilhaber in die Firma ein. Im gleichen Jahr heiratete er Elfriede, geb. Riemer; das Ehepaar hatte zwei Kinder. Die Familie wohnte zunächst in Köckerts Elternhaus in der Johannisstraße 4, zog dann in die Villa in der Haideburger Straße 5 in Dessau-Süd.
Erich Köckert war Gegner des Nationalsozialismus. Er weigerte sich, Mitglied der NSDAP zu werden, kritisierte den Nationalsozialismus auch öffentlich, sammelte regimekritische Informationen und korrespondierte mit Gleichgesinnten. Jahrelang stand er unter Beobachtung, wurde schließlich am 20. August 1943 in seinem Betrieb verhaftet und in das Dessauer Gerichtsgefängnis eingeliefert.
Der „Volksgerichtshof“ in Berlin verurteilte Erich Köckert am 26. Oktober 1943 zum Tode, wegen „Vorbereitung zum Hochverrat und Defätismus“. Am 22. November 1943 wurde Erich Köckert im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet. Die in Dessau erscheinende Anhaltische Landeszeitung berichtete am 28. Dezember 1943, dass das Urteil vollstreckt sei, und diffamierte Köckert als „williges Werkzeug der feindlichen Hetzpropaganda“ und Gegner des „Siegeswillens der Heimatfront“.
Die Werkstatt Gedenkkultur im Kiez e.V. vermittelt auf der Website gedenkkultur-dessau-rosslau.de umfangreiche Informationen zu den inzwischen 113 Stolpersteinen in Dessau-Roßlau und zur Stadtgeschichte.