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Kreisanzeiger für den Landkreis Elbe-Elster
Ausgabe 9/2025
Aus der Kreisverwaltung
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Erinnern, mahnen, wachhalten

Susann Kirst nahm als Vertreterin des Landkreises an der Gedenkveranstaltung teil. Hier bei der Kranzniederlegung auf dem Kriegsgefangenenfriedhof in Neuburxdorf. Foto: Pressestelle Kreisverwaltung/Tilo Wanka

35. Mahn- und Gedenktreffen in Neuburxdorf - Landkreis Elbe-Elster gedenkt gemeinsam mit Initiativgruppe Lager Mühlberg e. V. der Opfer von Kriegsgefangenschaft und Speziallager

Mit dem Glockengeläut auf dem Kriegsgefangenenfriedhof in Neuburxdorf wurde am Samstag, dem 6. September 2025, das XXXV. Mahn- und Gedenktreffen der Initiativgruppe Lager Mühlberg e. V. eröffnet. Seit 35 Jahren kommen Angehörige, Zeitzeugen, Vertreter von Kommunen, Stiftungen und Opferverbänden zusammen, um an die Opfer des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Stalag IV B und des späteren sowjetischen Speziallagers Nr. 1 zu erinnern.

Die Veranstaltung begann mit einer Ansprache von Pfarrer Fred René Herrmann auf dem Friedhof Neuburxdorf. Er erinnerte daran, wie unermesslich viel Leid Kriege verursachen: „Wer hier steht, kann ahnen, welche sinnlose Zerstörung und welches menschliche Elend Krieg bringt. Unser Gedenken ist Mahnung und Auftrag zugleich, alles für den Frieden zu tun.“

Im Anschluss versammelten sich zahlreiche Gäste am Hochkreuz, der zentralen Gedenkstätte, wo Dr. Nancy Aris, seit 2021 Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die zentrale Gedenkrede hielt. In eindringlichen Worten appellierte sie für Frieden und Demokratie und erinnerte an persönliche Schicksale aus dem Lageralltag, die von Hunger, Dunkelheit, Brutalität und Aussichtslosigkeit zeugen.

Als Vertreterin des Landrates nahm Susann Kirst an der Veranstaltung teil und legte im Namen des Landkreises an beiden Gedenkorten Kränze nieder. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Verbandsgemeinde, der Städte Mühlberg und Bad Liebenwerda sowie von Stiftungen und Opferverbänden beteiligten sich an der Zeremonie und brachten mit Kranz- und Blumenniederlegungen ihre Verbundenheit zum Ausdruck.

Besonders bewegend war die Anwesenheit des heute 97-jährigen Roland Steinbach, einer der letzten Überlebenden des sowjetischen Speziallagers. Er gehört zu den wenigen Zeitzeugen, die noch aus eigener Erfahrung berichten können, und unterstrich damit die Dringlichkeit des Erinnerns. „Ich stehe heute hier nicht nur für mich, sondern für alle, die damals keine Stimme mehr hatten“, sagte der 97-Jährige leise im persönlichen Gespräch. „Möge niemand mehr erleben müssen, was wir durchmachen mussten.“

„Das Erinnern ist heute wichtiger denn je - nicht nur, weil Zeitzeugen immer weniger werden, sondern auch weil wir in Europa wieder Krieg erleben“, sagte Pfarrer Matthias Taatz, Vorsitzender der Initiativgruppe Lager Mühlberg e. V., der auch in diesem Jahr gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen das Treffen organisierte. „Wir wollen mit diesem Gedenken ein Zeichen für Frieden und Demokratie setzen.“

Den Abschluss der Gedenkveranstaltung bildete ein ökumenischer Gottesdienst in der Klosterkirche Mühlberg mit Predigten von Mühlbergs Pfarrerin Sabrina Pieper und Pater Alois Andelfinger von der Clarentinergemeinschaft Kloster Mühlberg.

Das Stalag IV B war eines der größten Kriegsgefangenenlager des nationalsozialistischen Deutschlands. Zwischen 1939 und 1945 waren hier über 300.000 Kriegsgefangene aus mehr als 40 Nationen interniert, mindestens 3.000 von ihnen - vor allem sowjetische Soldaten - starben durch Krankheit und katastrophale Haftbedingungen. Von 1945 bis 1948 nutzte das sowjetische Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten (NKWD) das Gelände als Speziallager Nr. 1. Rund 21.800 Menschen wurden hier inhaftiert, mindestens 6.700 überlebten die Haft nicht. (tiwa)