Die Stadtschule / Volksschule
Der diesjährige historische Kalender von Elsterwerda zeigt Fotos zur Schulgeschichte und von den Schulen in Elsterwerda und seinen Ortsteilen. In diesem Monat ist es die Stadtschule, auch Volksschule genannt, die später u.a. die Rudi-Arndt-Schule war und heute Teil des Gymnasiums ist.
Das Gebäude selbst ließ der Herzog von Kurland, der das Schloss von 1776 bis 1796 als Sommerresidenz nutzte, 1781 als Wohnhaus für seine Offizianten (Gerichtsherren, Forstmeister, Floßmeister, Bettmeister, Schlossverwalter u.a.) bauen.
Das Offizienhaus/ Offiziantenhaus kauften die Stadt Elsterwerda und die Gemeinde Krauschütz am 1.Oktober 1849 für 1950 Taler, um es nach einem Ausbau ab 13.September 1850 als Volksschule zu nutzen. Im Jahr 1857 waren 5 Lehrer angestellt, die insgesamt ca. 450 Schüler unterrichtet haben sollen. Wobei zu bedenken ist, dass Klassenstärken von 50 – 60 Schülern normal waren. Unterrichtsfächer waren z.B. Lesen, Schreiben, Rechnen, Katechismus, Bibelerklärung und Gesang. Es gab auch schon Schulferien, so z.B. im Schuljahr 1903/04 Pfingst-, Sommer-, Herbst- und Weihnachtsferien. Laut Schulchronik waren 1909 schon 745 Schüler gemeldet, davon 110 aus Krauschütz mit der Domäne. Es gab auch einen Elternbeirat an der Schule, der z.B. im Schuljahr 1919/20 aus 14 Personen bestand. Es wurden regelmäßig Schulausflüge organisiert, meist in die Sächsische Schweiz, aber auch nach Hirschfeld, Doberlug, Zabeltitz, Meißen, in den Rabenauer Grund und das Erzgebirge. Es gab aber auch regelmäßig Kinderfeste. Die Schülerzahlen waren im Laufe der Jahre gesunken. So waren am 1.05.1931 nur noch 595 Schüler an der Schule, aber am 1.05.1934 schon wieder 654 Schüler. Mit dem Beginn des 2. Weltkrieges 1939 waren auch Auswirkungen auf das Schulsystem zu verzeichnen. So steht für das Schuljahr 1941/42 in der Schulchronik, dass Lehrer fehlen, die zum Kriegsdienst eingezogen wurden und weitere Lehrer als Vertretung in anderen Orten eingesetzt waren. Im Schuljahr 1943/44 machten sich Kriegsauswirkungen schon deutlicher bemerkbar. So mussten an der Schule umquartierte Kinder aus den Großstädten Berlin, Leipzig, Dresden und Halle aufgenommen werden und die Schülerzahl stieg bis Ende März 1944 auf über 800! Die oberen Klassen wurden wiederholt zu „kriegswichtigen Arbeiten“ eingesetzt, so zur Erntehilfe, zu Flugblättersuchaktionen und zur Kartoffelkäfersammlung. Anfang Februar 1945 verlegte man eine Feldpostbriefstelle in den Westflügel der Schule. So standen nur sechs Unterrichtsräume im Ostflügel der Schule zur Verfügung und es musste „Kurzunterricht“ für die 21 Klassen durchgeführt werden. Drei Wochen später wurden alle Klassenzimmer der Stadtschule und des Elsterschlosses geräumt, da ein Kriegslazarett einzog. Nach dem ersten Tieffliegerangriff auf die Stadt Elsterwerda am 16.April wurden die Schulen geschlossen.
Im III. und letzten Band der Schulchronik der Stadtschule (1945-1964) sind neben der Schulgeschichte sehr detailliert und ausführlich die letzten Kriegstage in und um Elsterwerda beschrieben. Viele Lehrer sind geflüchtet, einige begingen Selbstmord und die verbliebenen Lehrer wurden, wie andere Bürger auch, zum Bergen und Beerdigen der Toten, zu Aufräumarbeiten, zur Trümmerbeseitigung u.a. eingesetzt. Unterricht fand noch lange nicht statt, da die Stadtschule noch Auffanglager für ehemalige Ostarbeiter war und die provisorischen Schulräume in der Lauchhammerstraße vom provisorischen Arbeitsamt genutzt wurden. Es waren nur noch 5 Lehrer und der Direktor da und Abiturientinnen, die einen Ausbildungskursus erhielten, wurden als Aushilfskräfte eingesetzt. Es gab einen Erlass der sowjetischen Militärverwaltung, dass alle deutschen Schulen am 1.10.1945 ein neues Schuljahr beginnen. So begann das neue Schuljahr an der Stadtschule mit einer Schülerzahl von 743, die in 19 Klassen von 13 Lehrkräften in 13 Klassenzimmern unterrichtet wurden. Es wurde das Fach Gartenbauunterricht eingeführt, da nahe der Schule ein ca. 600 qm großer Schulgarten eingerichtet werden konnte. Im Schuljahr 1946/47 besuchten schon 923 Kinder in 20 Klassen die Schule. Auch wurde ein russischer Sprachunterricht eingeführt und „Auf Anordnung der sowjetischen Militärverwaltung erhielten alle Kinder ein Schulfrühstück in der großen Pause, bestehend aus einem Brötchen und Kaffee“ (das Brötchen gab es ohne Belag und als Getränk sicher Malzkaffee o.ä.). Es gab auch stark gekürzten Unterricht mit geringerer Stundenzahl, Hilfskräfte wurden eingesetzt, neben den Altlehrern unterrichteten auch Neulehrer, an Lehrbüchern mangelte es ebenfalls und zudem mussten die zahlreichen Umsiedlerkinder eingegliedert werden.
Zu Beginn des Schuljahres 1947/48 besteht die Schule Kotschka nicht mehr und die 62 Kotschkaer Schulkinder und das gesamte Schulinventar wurden in die Stadtschule übernommen. So betrug die Schülerzahl nun 999, die von 18 Lehrkräften in 23 Klassen unterrichtet wurden. Im Mai 1948 konnten erstmals alle Schüler*innen vom Zahnarzt untersucht werden. Der Direktor beklagte aber auch noch viel Mangel, wie z.B. fehlende Lehrbücher und Hefte, unzureichende Ober- und Unterbekleidung der Kinder, knappe Ernährung, unzureichende Heizung und Beleuchtung zu Hause und vor allem mangelhafte Fußbekleidung. Das heißt, Schuhe mussten viele Jahre lang getragen werden, waren kaputt und manche Kinder konnten im Herbst/ Winter tageweise nicht in die Schule, da sie keine Schuhe hatten! So ergab eine Statistik aus dem Schulamt vom 26.11.1947, dass „von 1078 Kindern 620 unbrauchbare, 463 reparaturbedürftige und 181 gar keine Schuhe“ hatten. Rektor Müller leitete daraufhin eine „Pantoffelhilfsaktion“ ein: die Stadt stellte Holz zur Verfügung, Stellmachermeister Scheffler schnitt die Hölzer zu, die Feuerwehr gab alte Schläuche, die zerschnitten und zu „Oberleder“ wurden. Durch diese Aktion konnten 400 Paar Holzpantoffeln/ Holzpantinen an Kinder verteilt werden. Das Schuljahr 1948/49 begann mit 1115 Schulkindern in 25 Klassen und mit 20 Lehrkräften. Am 24.11.1948 gab es die erste schulärztliche Untersuchung. Aber das Fehlen einer Schulbücherei wurde bedauert. Mit dem Stand 15.04.1949 waren an der Schule 300 „Junge Pioniere“ und es gab 9 Arbeitsgemeinschaften (AG) zu den Themen Naturwissenschaften, Literatur, Basteln, Musik, Wandern und Tischtennis. Im Jahr 1951 wurde die Stadtschule in „Rudi-Arndt-Schule“ benannt. Im Schuljahr 1951/52 gab es neue Arbeitsgemeinschaften: Chor, Orchester, Spielmannszug, Volkstanz, Foto, Junge Techniker, Schiffsmodellbau, Blockflöte, Gartenbau und Botanik, Malen-Zeichnen-Modellieren und es besuchten 860 Kinder die Schule, die in 28 Klassen in 18 Klassenräumen unterrichtet wurden. Von den 18 Klassenräumen befanden sich 14 in der Schule, 2 in der Oberschule und 2 in einer Baracke der städtischen Wasserwirtschaft (die Walther-Husemann-Schule war an die Transportpolizei abgegeben worden).Im Schuljahr 1954/55 gab es aber auch wieder starken Lehrerverlust durch Verhaftungen, Republikflucht, Krankheit, aber nun neu auch Hortnerinnen und eine Pionierleiterin. Am 24.04.1955 gab es erstmals eine Jugendweihe, 127 Jungen und Mädchen nahmen teil. Die Feierstunde fand im „Haus der Jungen Pioniere“ (dem heutigen Stadthaus) statt. Das Schuljahr endete mit einem Schulfest am 3. Juli 1955, das mit einem Umzug von der Walther-Husemann-Schule zur Rudi-Arndt-Schule begann. Es steht in der Chronik „Eine große Kälte in den Monaten Februar und März 1956 führte zunächst zu einer Kürzung des Unterrichts und schließlich zu einer vorübergehenden Schließung der Schule.“.
Die Jugendweihe in diesem Schuljahr war am 29.04.1956, mit nur 15 Teilnehmern. Aus diesem Anlass fand in der letzten Schulwoche eine „Omnibusfahrt“ der 8. Klasse statt, zu einem Besuch der Gemäldegalerie in Dresden und zur Aufführung der Oper „Der Freischütz“ auf der Felsenbühne Rathen. Der Schülerhort wurde in das Gebäude des ehemaligen Hotels „Rautenkranz“ verlegt, „wo sich auch die Schulküche und der Essenraum befinden“. In der Sommerferienaktion gab es Ferienspiele im Juli und August und ein Schullager in Eisenach. Es gab auch erstmalig an der Schule Englisch-Unterricht, ab der 7.Klasse. Während der Herbstferien halfen 18 Lehrer und 57 Schüler der LPG „Einheit“ bei der Kartoffelernte. Die Jugendweihe fand am Ostermontag, dem 7.04. 1958, wieder im Haus der Jungen Pioniere“ statt, mit 28 Teilnehmern, die das Buch „Weltall, Erde, Mensch“ überreicht bekamen. Im Schuljahr 1958/59 wurde für die 7. und höheren Klassen „UTP“ (=Unterrichtstag in der Produktion) eingeführt, z.B. in der TEWA (Schraubenfabrik) und in den LPG „Einheit“ und „Erich Weinert“. Das Schuljahr 1959/60 begann mit einem neuen Schulgesetz, in dem die „10klassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule für alle Kinder der DDR“ verpflichtend wurde. Es wurden auch für die Freizeit Arbeitsgemeinschaften (AG) angeboten, so die AG Junge Elektroniker, Junge Chemiker, Maschinennähen, Blockflöte, Schach, Turnen/Gymnastik und Leichtathletik für Jungen und Mädchen. Für das Schuljahr 1960/61 vermerkt die Schulchronik, dass die Rudi-Arndt-Schule neben der Walter-Husemann-Schule auch das Gebäude der ehemaligen Berufsschule in der Heinestraße nutzt, der gemeinsame Schülerhort in der Schillerstraße ist und die gemeinsame Schulküche im „Rautenkranz“ genutzt wird. Mit dem 1.09.1960 wurde eine neunte Klasse eingerichtet und in der Schule lernten nun nur noch 361 Mädchen und Jungen. Anlässlich der Festwoche zur 750Jahr-Feier (24.06.-2.07.1961) beteiligte sich die Klasse 9 an der Vorbereitung und Durchführung des Festumzuges. An der Jugendweihe am 22.04.1962 nahmen nun schon alle Schüler der 8.Klasse teil. Zum Ende des Schuljahres 1963/64 scheidet Direktor Titel aus dem Schuldienst und damit enden nun leider die (handschriftlichen) Aufzeichnungen aus den 3 Bänden der Schulchronik der Stadtschule von 1878 bis 1964/65 und wir können zur weiteren Schulgeschichte nur noch auf wenige Aufzeichnungen und Zeitungsartikel im Stadtarchiv zurückgreifen. Da im Kalenderblatt Dezember weitere Fotos der ehemaligen Stadtschule abgebildet sind, wird es im Amtsblatt Dezember eine Fortsetzung der Geschichte dieser Schule geben. Bis dahin erscheinen monatlich noch weitere Artikel zum Schulwesen von Elsterwerda, so im Amtsblatt Juni ein kurzer Text zu Sport und Freizeit der Elsterwerdaer Schüler*innen.