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Amtsblatt der Stadt Falkenstein/Harz
Ausgabe 12/2023
Aus den Ortsteilen der Stadt Falkenstein/Harz
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100 Jahre Glockenweihe in Endorf

© Beate Koch

Zum 14. Oktober 2023 luden Pfarrer Schmidt und die Dorfgemeinschaft Endorf e. V. zu einer Gedenkveranstaltung in die Endorfer St. Niklas Kirche ein. Anlass war die Weihe der Kirchenglocke am Reformationstag vor 100 Jahren. Dazu wurde die Kirche von den Sportfrauen und anderen fleißigen Helfern der Dorfgemeinschaft aufwendig gesäubert und innen und außen liebevoll geschmückt. Fast genau einhundert Jahre ist es her, dass Endorf wieder eine große Kirchenglocke besitzt.

Aber, werden einige denken, die Kirche ist doch schon viel, viel älter. Die Gemeinde hat bereits ihre Tausendjahrfeier schon lange hinter sich und die St. Niklas Kirche besteht doch auch schon viel länger. Deshalb ein paar Anmerkungen. Die uns bekannte Geschichte der Turmglocken geht bis zum Dreißigjährigen Krieg zurück. Also in die Zeit von 1618 bis 1648. Auch die Einwohner Endorfs wurden bestialisch misshandelt und gepeinigt. Viele Bürger verließen ihre Wohnstätte und wanderten aus. Die leerstehenden Häuser wurden geplündert und man machte auch um Gotteshäuser keine Bogen. Endorfer Bürgern gelang es noch, ihre Glocken auf dem Arnstein zu verstecken. Sie wurden 1650 wieder nach Endorf zurückgebracht. Hier endet die Aufzeichnung und ich mache einen Sprung bis 1914, also in das Inferno des 1. Weltkrieges. Damals läuteten in der St. Niklas Kirche drei Glocken, die in Halberstadt gegossen worden waren.

Deutschland versuchte seine hoffnungslose militärische und wirtschaftliche Unterlegenheit durch das Einschmelzen von etwa 65000 Kirchenglocken zu verbessern. Auch zwei der drei Kirchenglocken in Endorf wurden am 02.07.1917 und am 20.08.1917 abgenommen, noch an Ort und Stelle zertrümmert und später in Granaten verwandelt. Nur noch die kleinste Glocke rief die Gemeinde bei Freud und Leid zusammen. Fünf Jahre nach Ende des 1. Weltkrieges, also 1923, entbrannte im Endorfer Gemeinderat eine hitzige Debatte, um den Guß einer neuen Glocke. Letztlich sollte dies auch angeschafft werden.

Das war aber leichter gesagt als realisierbar. Denn Deutschland befand sich in der Höchstphase einer Inflation. Eine feste Preiskalkulation war überhaupt nicht möglich. Bezahlungen mit Milliarden und Billionen wertloser Papiergeldscheine, wurde praktisch nicht möglich. Endorf hatte aber bereits wieder eine florierende Landwirtschaft und so wurde für die Begleichung der Glockenrechnung statt wertlosem Papier, eine Bezahlung mit 58 Zentnern Roggenkörnern akzeptiert. Die Bezahlung der Monteure für die Glockenaufstellung, wurde mit 112 Goldmark, also mit der alten Währung der Kaiserzeit, beglichen.

Immerhin gelangte eine 1.14 m hohe Stahlglocke mit einem Gewicht von 803 Kg erfolgreich an ihre neue Wirkungsstätte. Fleißige Endorfer Frauen und Männer verhalfen der eisernen Jubilarin zu einem festlichen Auftritt. Wer Mut hatte und noch eine entsprechende Kondition mitbrachte, durfte durch den Kirchturm auch hinauf zu der Jubilarin klettern und sie persönlich streicheln.

Die „100-jährige Glockenweihe“ war sehr gut besucht. Viele Gäste kamen auch aus umliegenden Gemeinden, um mit uns Einheimischen diesen Tag zu feiern.

Aus der Kreisstadt Halberstadt waren die „Cathedral Pipes“ angereist und erfreuten uns nicht nur mit ihrer Dudelsackmusik, sondern auch mit ihren tollen schottischen Uniformen.

Die Liedertafel von 1845 e. V. erfreute uns mit guten Gesangsdarbietungen unter der Leitung der absolut engagierten Chorleiterin Marina Röse.

Und dann noch einmal ein Hoch auf das wunderbare Kaffee und Kuchenangebot, von unseren lieben Frauen herbeigezaubert.

Neben der Kirche wurde auch noch gegrillt und wer nicht mehr stehen konnte, durfte auf einer handwerklich gut gemachten Holzbank, die das Ehepaar Beate und Thomas Koch zu dem festlichen Anlass gesponsert hatte, Platz nehmen.

Danke nochmals an alle Aktiven.

Wie sagte doch Pfarrer Schmidt? Wir lassen die Kirche im Dorf.

Dr. Konrad Richter