das war mal eine Geburtstagsparty! Andererseits kann man ja auch nicht alle Tage der 300. Geburtstag einer „Königin“ feiern. Am Samstag, dem 19.08., ging‘s pünktlich 19:00 Uhr los und es war schon stockdunkel, als sich die die letzten Gäste verabschiedeten. Zur Nacht der „Offenen Kirchen“ waren immerhin ca. 30 Gäste erschienen - und das trotz zahlreicher Schulanfangs- und anderer Feiern.
Und ich denke, es hat keiner bereut, mit uns den Orgelgeburtstag zu feiern. Tristan Eissing von der Hochschule für Kirchenmusik, der unsere Orgel schon seit einigen Jahren kennt, hatte sich in den letzten Wochen sehr intensiv auf den Abend vorbereitet. Dafür möchte ich ihm, auch im Namen aller Gäste, noch einmal herzlich danken. Es sollte ja bewusst kein klassisches Orgelkonzert geboten werden, sondern es ging uns darum, die Orgel in all ihren Schattierungen zu zeigen und über ihren „dramatischen Lebensweg“ zu berichten. Auf der Orgelempore konnten die Besucher erfahren, wie es den Orgelbauern gelungen ist, die unterschiedlichsten Musikinstrumente in einem einzigen Instrument abzubilden. Tristan Eissing stellte einige charakteristische Register der Orgel vor und erklärte ihren Einsatz und ihr Zusammenspiel.
Nach einem Glas kühlen Sommerweins ging es an die „Praxis“. Beginnend mit einem der ältesten erhaltenen mittelalterlichen Orgelstücke zeigte der Organist, wie sich der Musikgeschmack und die Aufführungspraxis in den folgenden Jahrhunderten veränderte. Über Renaissance und Barock ging es bis zur Romantik. Für mich war die größte Überraschung ein Stück des französischen Komponisten Cèsar Franck im „symphonischen Stil“ des 19. Jh., als die Orgel in Frankreich immer mehr „zum Orchester wurde“.
Ich dachte bisher immer, dass diese Kompositionen nur auf monumentalen Instrumenten und Konzertorgeln zu spielen sind. Auch das allwissende Internet warnt: „
„Auf nicht-französischen Orgeln sind oft nur mehr oder weniger überzeugende Annäherungen an den symphonischen Klangstil zu erreichen. Wer auf diese Musik nicht ganz verzichten will, muss sorgfältig prüfen, welche Werke auf der jeweiligen Orgel angemessen darzustellen sind.“
Und Tristan Eissing hat sorgfältig geprüft und intensiv geübt. Es war richtig klasse, was er und seine Partnerin aus unserer Orgel herausholten. Danke!
Nach einer kurzen Pause ging es dann nicht weniger überraschend weiter: mit „Rolling home“ und einer Shanty-Runde. Auch diese Musik hat auf unserer Orgel überzeugend geklungen. Ebenso die folgenden Western- und Filmmelodien. Die oscar-gekrönten Filmmusik zu „Der mit dem Wolf tanzt“ erfüllte perfekt den Kirchenraum und erinnerte an die Zeit der großen Wurlitzer- Orgeln in den ehemaligen Kinopalästen. Zum Ende gab es noch eine Orgelbearbeitung von „Am Fenster“ - ganz ohne Geige- und die unverwüstliche „Jugendliebe“.
Der herzliche Beifall war mehr als verdient und auch hier nochmals schönen Dank für einen besonderen Orgelabend.
Unserer 300-jährigen Königin wünschen wir für die nächsten Jahrzehnte – und vielleicht Jahrhunderte – engagierte Organisten, die auch vor Neuem nicht zurückschrecken und viele Orgelfreunde, die mit ihrer Arbeit und ihren finanziellen Zuwendungen dafür sorgen, dass sich auch künftige Generationen an ihr erfreuen können.